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Petra: Die Rote Stadt im Fels

Petra: Die Rote Stadt im Fels

»Do you wanna tea?«, war die erste Frage des Beduinen, nachdem ich auf der Bank im Schatten Platz genommen hatte. Und da saß ich nun, mit einem Glas Tee in der Hand mitten in der Wüste in Little Petra und harrte der Dinge, die da kommen würden. Die nächsten beiden Nächte wollte ich in diesem Beduinen-Camp in einem Zelt verbringen, um unter anderem der legendären Felsenstadt Petra einen Besuch abzustatten: Dem heimlichen 8. Weltwunder!

Mit dem Kanadier Bill und dem Guide Foad brach ich am nächsten Morgen auf, um in die steinige Weltkulturerbestätte im Süden Jordaniens einzutauchen. Nicht nur der stattliche Eintrittspreis von 50 JD (53 Euro), sondern auch die Tatsache, dass ich nicht die geborene Kulturgeschichts-Prinzessin bin, machten mir etwas Sorge, dass sich die Hauptattraktion des Landes für mich möglicherweise als Flop herausstellen könnte.

Meine Bedenken verflogen schlagartig, als wir den sogenannten Siq betraten: Eine atemberaubende, 70 m tiefe Schlucht führte uns über eine Länge 1 ½ km in die antike Stadt, die früher einmal von arabischen Nomadenstämmen bewohnt wurde. Was den Anschein erweckt, als hätten Künstler diesen irren Weg in den Fels geschlagen, wurde früher in Wirklichkeit ganz profan durch flutendes Wasser erzeugt.

Petra Felsenschlucht

Diese steinerne Stadt hatte ein viel größeres Ausmaß, als ich es mir hätte ausmalen können. Um alle Details besichtigen zu können, würde man mehr als einen Tag brauchen. Man kann zwar einige Strecken zum Beispiel auf dem Rücken eines Esels oder Mulis zurücklegen, aber das ist natürlich auch nicht umsonst und kann ganz schön ins Geld gehen. Abgesehen davon ist es für den Esel in der Hitze keine Freude, weshalb es allein deshalb schon nicht zu empfehlen ist.

Petra Wanderung Pferd

Nach ein paar Stunden schweißtreibenden Auf- und Abstiegs erreichte ich dann endlich den entlegenen Felsentempel ad-Deir, in dem sich im Mittelalter Mönche niedergelassen hatten. Die Felsschlucht Siq und dieses 40 m hohe Kloster waren für mich die Highlights der rosaroten Stadt in der Wüste.

Abgesehen davon ist es für uns heute kaum vorstellbar, dass es tatsächlich noch Menschen gibt, die in Höhlen leben. Aus manchen Löchern in den Felsen schaut man daher im Vorbeigehen in die Augen von Ziegen und Hühnern und ab und an sieht man Rauch aus einem Höhlenloch aufsteigen, wo offensichtlich gerade der süße schwarze Tee zubereitet wird.

Petra Felsenstadt

Auf einer chilligen Restaurant-Terrasse, die den Blick auf das eindrucksvolle Kloster freigab, ließ ich mich endlich nieder, trank eine erfrischende Zitronen-Minz-Limonade und wartete auf Bill. Von hier aus würden wir Gott sei Dank nicht den ganzen Weg zurück stiefeln müssen. Unser Guide Foad hatte vorgeschlagen, uns durch ein paar Schluchten zum Auto zu bringen, was uns mehr als eine Stunde Zeit einsparen würde.

Petra Höhle Jordanien

Auf dem Weg zurück erfuhr ich noch eine weitere spannende Geschichte. Ich hatte mich an zwei Souvenirständen in Petra gewundert, dass dort westliche Frauen Waren anboten. Eine davon ist die inzwischen etwa 60-jährige Neuseeländerin Marguerite van Geldermalsen, die hier in den 70er Jahren einen Beduinen heiratete und dann als konverierte Muslima zusammen mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in einer der Höhlen lebte. Sie hat darüber auch ein Buch geschrieben, das »Married to a Bedouin*« heißt. (*Affiliate-Link zu Amazon)

Petra Wege Jordanien

Auf dem Rückweg zum Camp durch den Ort Wadi Musa erzählte Foad, dass allein hier im Ort eine relativ große Anzahl westlicher Frauen lebt, die muslimische Männer bzw. Beduinen geheiratet haben. Ein großes Fragezeichen machte sich über meinem Kopf breit. Für mich wäre es ehrlich gesagt unvorstellbar, zum Islam zu konvertieren und ab diesem Zeitpunkt auf so vieles verzichten zu müssen:

Nicht mehr mit anderen Männern reden dürfen, sich verschleiern müssen, keinen Alkohol mehr zu trinken und so einiges mehr. Ich würde der Sache noch weiter auf den Grund gehen. Immerhin hatte ich schon festgestellt, dass die Jungs hier extrem charmant und aufmerksam sind und zugegebenermaßen zum Teil auch sehr gut aussahen. Aber ob das ausreichen könnte, um als westliche Frau solch ein großes Opfer zu bringen?

Straßen bei Petra Jordanien

Die Landschaft, die hier zum Teil an die des Mondes erinnert, die Stille, das Licht, die sehr netten Menschen, die friedliche Stimmung, das permanente Tee-Trinken, das Sitzen am Lagerfeuer abends, die lokalen Gerichte und nicht zuletzt die Übernachtung in dem Camp haben mich schlichtweg umgehauen!

Mit Osman (Foto) und Atef vom Seven Wonders Bedouin Camp* konnte ich immerhin einige meiner hundert brennenden Fragen zum Thema Islam und der Beziehung zwischen Mann und Frau klären. Irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass hier alle bis spätestens 25 verheiratet sind. Die Realität sah offensichtlich ganz anders aus.

Strom und Wasser gab es zu den Abendstunden. Internet: Fehlanzeige. Ich hätte damit gerechnet, dass mir die elektronische Verbindung zur Außenwelt schon nach kurzer Zeit extrem fehlen würde. Überraschender Weise stellte sich das Gegenteil heraus. Endlich mal nicht ständig aufs Display glotzen und auf Emails, SMS und What’s App-Nachrichten reagieren müssen.

Petra Felsen beleuchtet

Stattdessen genoss ich den Sonnenuntergang hoch oben auf einem der riesigen Felsen und den Anblick der romantischen Lichtchen, die mir jeden Abend vor dem Schließen meiner Camp-Tür nochmals zublinzelten. Bereits vor meiner Abreise am Folgetag nach Wadi Rum war klar: Ich würde definitiv wiederkommen! 

Hinweis: Links mit einem * sind Affiliate-Links.

Zeige Kommentare (24)
    • Lieben Dank! :) Ich hab auch immer gedacht, ich wäre eher ein Dschungel-Kind, aber die Wüste hat auch etwas sehr Reizvolles!

  • Da haben wir uns ja höchstens um ein paar Nächte im 7 Wonders Beduin Camp verpasst?!
    Die Welt ist ein Dorf… ;-)
    Viele Grüße aus Amann!
    Carina

  • hallo ute, bin eher zufällig auf deine seite gestossen, sehr stimmungsvolle bilder…werde weihnachten in petra verbringen,
    freue mich schon sehr…vorher amman und dann getragen werden vom toten meer..gut diesen frischen eindruck von dir bekommen zu haben..starte am 20.12.13 lg ute

    • Hallo liebe Ute,
      sehr gute Entscheidung :) Ich habe leider etwas verpasst, was ich dir ans Herz legen würde: Petra by night! Mit all den kleinen Lichtern ist das der Hammer, denke ich.
      Liebe Grüße und viel Spaß!

  • Hallo Ute, toller Blog und großartige Fotos! Ich bin auf Deine Webseite gestoßen, da ich Infos über Jordanien gesucht habe. Ich schon sehr interessiert Deine Infos uber Wadi Rum gelesen und die beiden dort genannten Agenturen für Touren kontaktiert.
    Wie hast Du deinen Guide für Petra gefunden? Meinst Du es unbedingt nötig, Petra mit guide zu besuchen oder kann man es auch gut auf eigene Faust erkundigen? Bin sehr sehr gespannt auf Deine Erfahrungen.
    Viele Grüße
    Heike

    • Hallo liebe Heike,
      vielen Dank für das tolle Lob! Die beiden Agenturen in Wadi Rum sind super, ihr werdet dort viel Spaß haben.
      Meines Erachtens braucht ihr für Petra selbst keinen speziellen Guide. Tipp: Die erste Strecke bis zur Felsschlucht Siq auf dem Rücken eines geführten Pferdes ist im Eintrittspreis inbegriffen (steht auf der Rückseite des Tickets) und sollte man daher natürlich in Anspruch nehmen. Wenn ihr eine gute Karte von Petra habt, dürfte das völlig ausreichen. Ansonsten gibt es auf dem ganzen Gelände zig Guides, die das Gelände in und auswendig kennen. Von daher kann man damit wahrscheinlich wenig falsch machen.
      Alternativ gibt es noch eine weitere Möglichkeit:
      Man kann sich zu Beginn von einem Guide sozusagen von hinten durch eine Felsschlucht führen lassen (Dauer bis zu 1 Std) und kommt dann am hintersten Teil, dem Kloster, raus. Dann kann man gemütlich alles bis zum Eingang abklappern. Das spart den doppelten Weg. Für einen Guide kann man einfach in der Unterkunft nachfragen.
      Noch ein kleiner Tipp: Wenn ihr im März/April oder im September/Oktober dorthin reist, würde ich die meisten Dinge vorab buchen, da zu diesem Zeitpunkt Hauptreisezeit ist.
      Ich wünsche euch eine ganz tolle Zeit und schöne Erlebnisse in der Wüste :)
      Viele Grüße
      Ute

  • Liebe Ute,
    dir habe ich etwas ganz besonderes zu verdanken. Als ich letztes Jahr deinen Bericht über Jordanien gelesen hatte, wusste ich, da muss ich auch hin. Was dann passiert ist, hätte ich nie gedacht! Ich habe im Seven Wonders Beduin Camp einen Heiratsantrag bekommen ;)
    Gerade läuft ein Gewinnspiel, zum romantischsten Heiratsantrag 2014 und ich bin in die top 20 gekommen. Man kann eine tolle Reise auf die Seychellen gewinnen. Würde mich total über Stimmen freuen.
    http://www.weddix.de/community/2014-deutschlands-romantischster-heiratsantrag/ein-heiratsantrag-in-der-wueste.html
    Danke an alle, die für mich abstimmen. Und danke an dich, Ute, für deine schönen Berichte, die bestimmt nicht nur mich, sondern so viele inspirieren zu reisen!

    • Hi Sarah,
      na das ist ja mal eine tolle Story!!! Ist ein wahnsinnig tolles Gefühl, dass man mit seinem Blog andere Menschen zu etwas bewegen und das so einen Einfluss auf das Leben anderer haben kann. Super! Natürlich habe ich sofort für dich abgestimmt und hoffe, dass es klappt! Drücke ganz fest die Daumen und ich werde so weitermachen wie bisher :)
      Ganz liebe Grüße und toi toi toi!
      Ute

  • I can not read anything of this but the photos are beautiful! I’ve been to the sinai desert, it looks like this! Nice post!

  • Hallom,
    wirklich ein sehr interessanter Artikel. Ganz besonders haben mir die Bilder gefallen. Die vermittelen einen super Eindruck!
    Grüße
    Hannes

  • Wahnsinn was für tolle Fotos,ein Traum eines jeden Fotografen dort Bilder zu machen.Danke für den tollen Artikel ich hab mein nächste Urlaubsziel.

  • Hallo Ute,
    wie schön dass du einmal im Orient gereist bist. sag mir bescheid wenn du nach Iran Reisen möchtest. Ich gebe dir gern und kostenlos meine Informationen.

    viel Spaß
    Ali

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