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Mit dem Mountainbike durch Namibia

Mit dem Mountainbike durch Namibia

Mountainbike Namibia Desert Knight Tour - Reiseblog Bravebird

Ein Gastbeitrag von Mandy Müller. Bei einer Reise durch das südliche Afrika denken die meisten spontan an eine klassische Safari: Eine Tour mit dem Jeep auf der Suche nach Löwen, Elefanten und Giraffen. Dass man die scheinbar endlose Wüstenlandschaft im Grenzgebiet zwischen Namibia und Südafrika aber auch auf atemberaubende Art und Weise mit dem Fahrrad durchqueren kann, wissen die wenigsten.

DESERT KNIGHTS heißt das zwei Mal im Jahr stattfindende Event, bei dem man den /Ai/Ais – Richtersveld Nationalpark auf zwei Rädern entdecken kann. Eine Mountainbike-Tour durch die Wüste Afrikas, das ließ mein Abenteuer-Herz höher schlagen. 

Auf das Fahrrad, fertig, los!

»Du willst mit dem Mountainbike durch die Wüste fahren? Das ist ja verrückt!« war die Reaktion vieler, denen ich von meinem Vorhaben erzählte. Und das war es auch. Eine Reise, die ich – wie ich heute weiß – nicht so schnell nicht vergessen werde. Insgesamt sechs Tage dauert das sportliche Outdoor-Abenteuer mit Strecken zwischen 35 und 70 km pro Tag. Die Reise durch die Wüste unter hellem Mondschein Afrikas startet in Namibia und endet in Südafrika.

Südliches Afrika und Namibia Mountainbike Tour durch die Wüste - Reiseblog Bravebird

Am vierten Tag dürfen die Beine eine Pause machen, wenn es mit dem Kayak auf den Orange River geht. Geschlafen wird in Zelten auf Campingplätzen oder in der freien Wildbahn und eignet sich daher besonders für Naturliebhaber, Outdoor-Sportler und Leute wie mich, die immer wieder auf der Suche nach neuen Herausforderungen sind. Über die Reise durch diese Bilderbuchlandschaften möchte ich hier meine Erfahrungen und Tipps weitergeben:

Das erste Highlight: Der Fish River Canyon

Offizieller Startpunkt der Tour ist der Hobas Campingplatz, ca. 650 km südlich der namibischen Hauptstadt Windhuk. Umgeben von professionellen Mountainbikern aus Namibia und Südafrika war ich zugegebenermaßen schon ein wenig aufgeregt. Tag 1 diente als Warm-Up. Ein 35 km Loop, um sich an das Bike zu gewöhnen und ein Gefühl für Sand, Kies und Steine zu bekommen.

Namibia Fish River Canyon - Reiseblog Bravebird

Bereits diese kurze Strecke wies technische Schwierigkeiten auf: Single Trails und steile Downhill Passagen, vor allem für mich als Stadtmensch – der ans Hamburger Flachland gewöhnt ist – eine echte Herausforderung. „The German roadrider“ nannte mich Colin aus Südafrika, mit 73 der älteste Teilnehmer, der schon zum dritten Mal dabei war.

Namibia Fish River Canyon - Mountainbike Tour - Reiseblog Bravebird

Die traumhafte Kulisse ließ jegliche Anstrengung vergessen. Angekommen am Rande des Fish River Canyon, übrigens nach dem Grand Canyon dem zweitgrößten Canyon der Welt, genossen wir den atemberaubenden Sonnenuntergang. Endlose Weite, tiefe Flusstäler, riesige Schluchten und raue Berge versetzten uns in einen Moment der Stille.

Desert Knight Adventure - Südafrika - Reiseblog Bravebird

Am Canyon Viewpoint gab es eine willkommene Pause, um die Eindrücke der letzten Stunden zu verarbeiten. Doch das Staunen ging weiter, ein Blick zum Himmel brachte uns erneut zum Schweigen: Millionen funkelnde Sterne. Noch nie habe ich ein so großartiges Sternenbild gesehen. Da Namibia so gering besiedelt ist und nur eine geringe Luft- und Lichtverschmutzung vorherrscht, bietet es ideale Bedingungen, um den südlichen Sternenhimmel zu beobachten.

Namibia Sternenhimmel bei Nacht - Reiseblog Bravebird
© Barbara Cole

Auch Sternenbilder, die für uns in Europa nicht sichtbar sind, treten hier hervor – ein absolutes Paradies für Sternegucker.  

Der Ai-Ais-Richtersveld Transfrontier Nationalpark

Die nächsten Tage führten uns durch den /Ai-/Ais-Richtersveld Transfrontier Park, der von Einheimischen auch liebevoll „Ai-Ais“ genannt wird. Ein über 6.000 m² großer, grenzüberschreitender Park, der 2003 aus zwei verschiedenen Parks zusammengelegt wurde: dem Richtersveld-Nationalpark in Südafrika und der namibischen Region Ai-Ais (Heiße Quellen).

Wüstentrip durch Namibia mit dem Fahrrad - Reiseblog Bravebird
© Barbara Cole

Ein gemeinsames Projekt zweier Länder, das sich nicht nur dem Naturschutz widmet, sondern auch der Völkerverständigung dient. Der Ai Ais ist gekennzeichnet durch eine vielfältige Flora und Fauna: malerische Köcherbäume, Sukkulenten soweit das Auge reicht. Was wir Zuhause in Blumentöpfen züchten, wächst hier in freier Wildbahn. Mit etwas Glück lassen sich auch Tiere finden wie z.B. Raubvögel, Bergzebras, Spring- oder Steinböcke, aber auch Spinnen, Skorpione und Schlangen. 

Während der Trockenzeit kann das Klima in der Region extrem heiß werden; tagsüber waren es bis zu 30 Grad. Um nicht in der brütenden Hitze fahren zu müssen, kam das Mountainbike erst ab 16 Uhr jeden Tag zum Einsatz. Wem das Radfahren nicht genug körperliche Anstrengung ist, der kann sich am Vormittag noch den geführten Trekking-Touren anschließen.

Namibia Mountainbike Tour - Mandy Müller - Reiseblog Bravebird

„Dabei beansprucht man andere Muskelpartien und lockert die Beine“, motivierte uns Roland Vorwerk, einer der Erfinder des Events. Ein Ausflug führte uns zum Zebra-Pool, einem versteckten Wasserloch mit eisigem Wasser, das die Mutigen unter uns als Abkühlung zum Schwimmen nutzten. Zebras kommen hierher, um sich mit Wasser zu versorgen. 

Mit 68 km stand an Tag zwei eine längere Etappe auf dem Plan. Im Camp gab es eine Streckenübersicht, die das jeweilige Tagesprofil beschrieb. Auch wenn ich eigentlich gar nicht wissen wollte, was mich in the Middle of Nowhere erwartete, haben mich die anderen Teilnehmer immer up-to-date gehalten. Herausforderung also an Tag 2: 10 km lang nur bergauf. Selbst der kleinste Gang erforderte enorme Kraft.

Namibia mit dem Mountainbike - Ai Ais Nationalpark - Reiseblog Bravebird

Gepaart mit Hitze und Staub durch vorbeifahrende Autos war die Anstrengung groß. Dennoch war dieser Tag mein Favorit. Vor uns wieder endlose Weite, keine Menschenseele weit und breit. Nur wir mit unseren Mountainbikes. Das einzige, was man hört, ist das Knistern des Sandes, über den man fährt. Ab und zu kommen Fußspuren von Tieren zum Vorschein, denen man gern folgen würde. Stattdessen fahren wir vom Weg ab und finden alte, verrostete Autos. Über uns der strahlend blaue, wolkenlose Himmel.

Namibia mit dem Mountainbike - Ai Ais Nationalpark - Reiseblog Bravebird

Links geht die Sonne unter, rechts scheint der Mond, und man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Die atemberaubende Landschaft verfärbt sich erst in ein intensives orange und wird danach violett. Der letzte Teil der Strecke fand in absoluter Dunkelheit statt. Über uns der Vollmond bei mystischer Stille. Angekommen im Ai Ais Hotspring Resort wurden wir nach diesem langen Tag mit heißen Thermalquellen belohnt.

Namibia Wüstentour mit dem Bike - Desert Knights - Reiseblog Bravebird

Um auf der Strecke Kraft zu tanken, erhielten wir an Verpflegungsstationen durch sogenannte Honorary Rangers Energydrinks und Snacks. Mein Highlight waren die südafrikanischen Datteln. Die Honorary Rangers bestehen aus ca. 2.000 Freiwilligen, die mit ihrer großen Liebe zur Natur die Nationalparks unterstützen, pflegen und aufrechterhalten. Auf der Tour haben sie für uns gekocht und alles weitere organisiert. Sie waren die eigentlichen Helden, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre. 

Wie ich es geschafft habe, nicht im Sand stecken zu bleiben

Tag 3: Zuerst konnten sich die Early Birds um 7 Uhr einer Wanderung zum Flagpole Peak anschließen, wo man erneut mit einer traumhaften Aussicht belohnt wurde.

Namibia Desert Knight Tour - Schlucht im Ai Ais Nationalpark - Reiseblog Bravebird

Mit 60 km Radstrecke bot auch dieser Tag wieder jede Menge Herausforderungen. Heute stand das auf dem Plan, wovor ich am meisten Respekt hatte: eine 18 km lange Strecke im tiefen Sand. Doch mit den Tipps der erfahrenen Mountainbiker war es einfacher als gedacht: Sitze locker auf dem Rad und verlagere nicht zu viel Gewicht auf den Lenker. Fahre stets in niedrigem Gang und das Wichtigste: höre niemals auf zu treten! Okay…

Desert Knights Mountainbike Tour durch Namibia - Reiseblog Bravebird

Stets an meiner Seite, sozusagen mein Partner in crime, war Johannes aus Namibia. Er hat unser Team als Mechaniker begleitet und half uns auf der Strecke, wenn etwas mit den Bikes nicht stimmte. Er bildete mit mir das Schlusslicht der Gruppe und motivierte mich immer wieder aufs Neue durchzuhalten. „You are a tough girl“, sagte er zu mir.

Namibia Camping Tour - Reiseblog Bravebird

Endlich im Camp angekommen, wurden wir aufs Neue überrascht: unser Lager befand sich mitten in der Schlucht des Canyons, links und rechts umgeben von Bergen. Nebenan ein gemütliches Lagerfeuer, über dem traditionelles, afrikanisches Essen zubereitet wurde und der krönende Abschluss: eine Open-Air-Dusche mit heißem Wasser. Und all das mitten in der Wüste!

Der Orange River: Mit dem Kayak durch die Wüste 

Am 4. Tag galt es die unglaubliche Natur auf dem Wasser zu genießen. Der Orange River ist ein 2.000 km langer Fluss, der die Steinwüste durchkreuzt und dessen Nordufer die Grenze zwischen Südafrika und Namibia bildet. Bei einer 20 km langen Kayak-Tour hatten wir so die Gelegenheit, noch einmal eine ganz andere Seite des Ai Ais Nationalparks kennenzulernen.

Namibia Orange River - Desert Knight Tour - Reiseblog Bravebird

Die Landschaft war geprägt von hohen Bergen und Granitfelsen, links und rechts viel Grün. Zudem ein absolutes Paradies für Vogelliebhaber: wir haben Fischadler gesehen, Reiher, Kormorane und viele andere Vögel, deren Namen ich vorher noch nie gehört habe. Und wieder diese unglaubliche Ruhe. Links von uns Südafrika, rechts Namibia – ich fühlte mich wie im Niemandsland.

Mountainbike und Kayak Tour durch Namibia und Südafrika - Reiseblog Bravebird

Auch an diesem Tag kam der Nervenkitzel nicht zu kurz: bei einigen rasanten Stromschnellen galt es einen kühlen Kopf zu bewahren. Oder besser gesagt: nicht aufzuhören mit Paddeln. Dieser Tipp kam leider zu spät, denn da waren wir schon gekentert. Einmal ab ins Wasser mit gesamtem Equipment. Der Drybag erwies Gott sei Dank treue Dienste. Und irgendjemand musste ja die Wassertemperatur testen.

Desert Knight Adventure - Südafrika - Reiseblog Bravebird

Nach sechs Stunden auf dem Wasser wurden wir im Camp von einem Trommler empfangen mit traditioneller, afrikanischer Musik. Plötzlich waren wir in Südafrika – ein echtes Cross Border Event. 

Desert Knights – viel mehr als nur eine Mountainbike-Tour

Hinter mir liegt eine im wahrsten Sinne des Wortes „atem“-beraubende Fahrradreise. Es ist etwas völlig anderes, ein Land aus dem Auto heraus zu betrachten oder intensiv mit eigenem Körpereinsatz Meter für Meter kennenzulernen und genau das macht diese Reise so besonders. Nicht zu vergessen die Single Trails und Schotterstraßen, Hitze, Sand, Staub, Geröll und Dunkelheit.

Es war eine lohnenswerte Herausforderung: Durch endlose Weiten unberührter Natur, weit weg von der Zivilisation, auf dem Rad in der Nacht bei vollem Mondschein oder auf einem Fluss, umgeben von wilden Tieren, Insekten, Vögeln und Pflanzen.

Eine Tour, bei der man ganz unkonventionell die Grenze zweier Länder überschreitet, an einsamen Orten campt und bei der man der Natur so nah ist, wie man es nur sein kann. Traumhafte Sonnenuntergänge, ein unbeschreiblicher Sternenhimmel und nächtliche Lagerfeuer lassen das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis werden.

Tipps für die Desert Knights Tour

  • Zeitraum: Die Tour findet zweimal im Jahr unter Vollmond statt, Ende April und Ende September. Genaue Daten kann man der Webseite entnehmen.
  • Anreise: Ab Frankfurt gibt es mit Air Namibia täglich einen Direktflug nach Windhoek, der Hauptstadt Namibias (Flugzeit 10:20 h). Von dort kann ein Shuttle organisiert werden (z.B. vom Namibia Wildlife Resort), der die Teilnehmer zum 650 km entfernten Startpunkt, dem Hobas Campingplatz, bringt. Es gab auch Teilnehmer, die aus Kapstadt angereist sind; die Entfernung ist ungefähr die gleiche. 
  • Fahrräder: Wenn man nicht sein eigenes Mountainbike mitnehmen möchte, kann man sich in einem der Fahrradläden in Windhuk ein Rad ausleihen. Empfehlen kann ich Mannie’s Bike Shop, er hat eine große Auswahl an Mountainbikes. Einen Helm kann man hier auch ausleihen.
  • Wer kann teilnehmen: Outdoorfans, Abenteuersuchende, Naturliebhaber und Leute, die gern mal etwas Außergewöhnliches auf Reisen machen. Als Mädel aus dem Flachland, das bisher nur im Rahmen einiger Tagestouren auf dem Mountainbike saß, erntete ich einige schiefe Blicke, warum ich denn an der Tour teilnehme. Leidenschaftliche Radfahrerin bin ich allerdings schon. Wenn ich in Deutschland bin, vergeht kein Tag, an dem ich nicht auf meinem Bike sitze. Als Läuferin und absoluter Fitness-Enthusiast besitze ich auch eine gute Kondition – das war für die Tour unabdingbar. Besonders die Kombination aus Hitze, Staub, Anstiegen und langen Strecken lassen das Ganze zu einer sportlichen Herausforderung werden. Wenn man aber nicht gerade zu den Sportmuffeln zählt und vielleicht auch gern mal über seine Grenzen hinausgeht, ist die Tour genau richtig. 
  • Unterkünfte: Geschlafen wird auf Campingplätzen oder in freier Wildnis in Zelten, die mit einer Matratze ausgestattet sind. Warme, kuschelige Schlafsäcke kann man sich ausleihen. Die Temperaturen in der Nacht können bis zu 0 Grad sinken. 
  • Was man unbedingt braucht: Als nicht-professionelle Mountainbikerin habe ich mir zumindest gepolsterte Shorts zugelegt. Mein Po hat es mir gedankt. Eine Fahrradsonnenbrille halte ich aufgrund der starken Sonne auch für essentiell, genauso wie ein Camelbag bzw. einen kleinen Daybag mit Platz für eine Wasserblase und ein starkes Fahrradlicht für die Nacht. Spezielle Mountainbikeschuhe braucht man meiner Meinung nach nicht. Für kalte Nächte unbedingt warme Kleidung einpacken.
  • Sonstige Infos: Das Gepäck wird vom Organisations-Team von A nach B transportiert. Die Tour wird von Sanitätern begleitet, falls unterwegs medizinische Hilfe benötigt wird. Zudem besteht immer die Möglichkeit, aus der Tour auszusteigen und diese mit dem Auto fortzusetzen. Der Grenzübergang von Namibia nach Südafrika wird vom Touranbieter organisiert, man muss lediglich seinen Reisepass abgeben und erhält ihn mit Stempel zurück. Die letzten beiden Tage der Tour führen durch Südafrika, Endpunkt ist Sendelingsdrift an der Grenze Namibias. Von dort kann wieder ein Shuttle zum Abflugort organisiert werden.   

Werberechtlicher Hinweis: Ich wurde auf diese Reise kostenfrei vom Namibia Tourism Board eingeladen. Der Inhalt enthält meine persönliche Meinung.

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