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Faktencheck Gründer.de: Attraktives Nebeneinkommen durch Affiliates?

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Gründer.de Faktencheck Online-Kurs und Produkte - Reiseblog Bravebird
Foto © Kenzaza / Getty Images

Vielleicht ist dir auf Instagram auch schon die auffällige Werbekampagne von Gründer.de begegnet – etwa mit dem Slogan: „3 Gründe, warum das Sommer-Reisegeschäft deine Business-Chance ist“. In einer Zeit, in der viele Reiseblogger:innen ihre Arbeit mangels Einnahmen zurückfahren oder ganz aufgeben, habe ich mir das Angebot einmal genauer angesehen.

Gründer.de ist eine Marke der Kölner Digital Beat GmbH. Einer der beiden Geschäftsführer, Thomas Klußmann, tritt dabei als Gesicht der Marke in Webinaren und Werbevideos auf. Der erste Eindruck wirkt professionell und strukturiert: Über eine spezielle Landingpage gelangt man zum Anmeldebereich, der wie üblich die Eingabe der E-Mail-Adresse erfordert. Soweit alles im Rahmen.

Online-Kurs/Webinar „Mega-Chance Reisegeschäft“ von Gründer.de

Der etwa zweistündige Online-Vortrag mit Thomas Klußmann ist kein Live-Webinar, sondern eine vorproduzierte Aufzeichnung, die mehrmals täglich automatisiert ausgestrahlt wird. Dabei fallen mehrere Punkte auf:

  • Die angezeigte Teilnehmerzahl beträgt unabhängig vom gewählten Termin konstant 82 Personen. Diese Zahl bleibt während der gesamten Laufzeit unverändert. Dieses Vorgehen fällt unter den Begriff Astroturfing. Es soll suggerieren, dass der Kurs stark nachgefragt ist und viele Teilnehmer anzieht. Die Maßnahme dient dem Vertrauensaufbau und soll den Eindruck von Relevanz erwecken. In der Praxis gilt eine solche Irreführung jedoch als unethisch.
  • Vorab wird außerdem kommuniziert, dass die Teilnahmezahl auf 200 Plätze limitiert sei. Dieses sogenannte Knappheits-Marketing soll künstlich Verknappung erzeugen, um den Entscheidungsdruck zu erhöhen. Bei einem vorproduzierten Video, das jederzeit abrufbar ist, ist diese Angabe jedoch nicht nachvollziehbar.
  • Der Chatbereich ist so gestaltet, dass Nachrichten nur für den Host sichtbar sind. Auf diese Weise bleibt unklar, ob überhaupt andere Teilnehmer anwesend sind. Wären alle Chatnachrichten sichtbar, würde schnell auffallen, dass man möglicherweise allein im Webinar ist.
  • Thomas Klußmann erweckt den Eindruck, live zu sprechen und auf Fragen zu reagieren. Er liest angebliche Zuschauerkommentare vor und bezieht sich auf Chat-Nachrichten. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Aufzeichnung, was auch dieser Inszenierung die Glaubwürdigkeit nimmt.

Erfolgs-Referenzen im Webinar

Doch wie sehen die angeblich erfolgreichen Beispiele aus, mit denen im Webinar geworben wird? Überraschenderweise handelt es sich nicht um Seiten aus der Reisebranche, sondern etwa um einen Online-Shop für Angelzubehör und ein Ratgeberportal zum Thema Klimaanlagen und Luftqualität.

Letzteres hat mich stutzig gemacht, deshalb habe ich den Betreiber direkt kontaktiert und gefragt, ob er tatsächlich 7.500 Euro monatlich über Affiliate-Links verdient, wie im Video behauptet wird.

Gründer.de Webinar-Inhalt - Reiseblog Bravebird
© Screenshot Webinar „Mega-Chance Reisegeschäft 2023“ von Gründer.de

Seine Antwort:

Um Einverständnis haben die mich zumindest nicht gefragt! Aber dass ich mit dieser Seite 7.500 € verdiene, stimmt ja hinten und vorne nicht.

Was sind eigentlich Affiliates?

Affiliate-Marketing funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Unternehmen stellen spezielle Links zur Verfügung, die von Blogger:innen, Unternehmer:innen, YouTuber:innen oder Webseitenbetreiber:innen eingebunden werden können, z. B. auf Blogs, Websites oder in sozialen Netzwerken. Wird über einen solchen Link ein Produkt oder eine Dienstleistung gekauft, erhält die Person, die den Link gesetzt hat, eine Verkaufsprovision. Diese liegt meist zwischen 1-15% des Netto-Verkaufspreises.

Wichtig zu wissen: Affiliate-Links gelten als Werbung und müssen eindeutig als solche gekennzeichnet werden. Eine fehlende Kennzeichnung kann als Verbrauchertäuschung gewertet werden und stellt einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar.

Lohnt sich nicht wirklich: Beispiel meiner Affiliates auf Amazon der ersten drei Wochen im April

Was wird im Webinar von Gründer.de verkauft?

Im Mittelpunkt des Webinars steht ein Produktangebot von Thomas Klußmann (Gründer.de / Digital Beat): ein Paket aus zehn (bzw. elf) vorgefertigten WordPress-Websites bzw. -Blogs zu verschiedenen Themenbereichen wie Fashion & Beauty, Elektronik, Sport & Freizeit, Haus & Garten, Hundefreunde, Familie & Kind, Job & Karriere, Liebesglück, Reiseglück und Sommerurlaub.

Alle Seiten basieren laut Darstellung auf demselben Layout und enthalten bereits einige vorbereitete Blogartikel.

Die Kosten liegen bei 79 Euro monatlich zzgl. MwSt. mit einer Mindestlaufzeit von zwölf Monaten. Damit ergeben sich Gesamtkosten von mindestens 948 Euro für Selbstständige bzw. 1.130 Euro für Kleingewerbetreibende. Wichtig: Wer über Affiliate-Links Einnahmen erzielen möchte, muss in Deutschland ein Gewerbe anmelden, dieser Aspekt wird im Webinar jedoch nicht erwähnt.

Warum sich der Kauf absolut NICHT lohnt!

Ich möchte hier keine pauschale Bewertung zur Seriosität des Produkts oder Unternehmens abgeben – das ist Aufgabe von Stellen wie der Verbraucherzentrale. Stattdessen zeige ich konkret, welche wesentlichen Aspekte im Webinar nicht erwähnt werden und warum sich der Kauf aus meiner Sicht nicht rechnet:

  • Blogs haben ihren Zenit überschritten. Die Beliebtheit klassischer Reiseblogs ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Ich kenne keinen einzigen hauptberuflichen Reiseblogger, der allein durch Affiliate-Einnahmen seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Das allein spricht Bände.
  • Ohne Social Media keine Reichweite. Ein neuer Blog ohne begleitende Social-Media-Präsenz generiert faktisch keine Besucher. Gründer.de gibt an, dass Einnahmen zwischen 5 und 15 Euro pro 1.000 Seitenaufrufen möglich seien. Selbst wenn das stimmt, bräuchte man 5.000 bis 15.000 Aufrufe monatlich – nur um die Kosten von 79 Euro zu decken. Die eigene Arbeitszeit ist dabei noch nicht einmal eingerechnet.
  • Affiliate-Programme können dich canceln. Abgesehen davon, dass dich viele Anbieter gar nicht erst annehmen (z. B. weil zu unbekannt), haben große Anbieter wie Booking.com oder Naturhäuschen einfach mal ihre Affiliate-Programme eingestellt. Alle bestehenden Links und Inhalte werden damit hinfällig – und Monate oder Jahre an Arbeit sind auf einen Schlag wertlos.
  • Reiseberichte erfordern echte Arbeit. Wer glaubt, mit ein paar Fotos und einem ChatGPT-Text schnell viele Leser:innen zu gewinnen, irrt. Guter Content, der auch von Google gepusht wird, braucht Zeit, sehr viel Zeit.
  • Duplicate Content zerstört jede Sichtbarkeit. Wenn alle Kunden dieselben vorgefertigten Artikel bekommen, ist das ein SEO-GAU. Google stuft Seiten mit identischem Inhalt automatisch ab und damit bleiben auch die Besucher:innen aus. Die Inhalte bringen also keinen Vorteil, sondern schaden.
  • Keine Kontrolle über die eigene Website. Laut Webinar verbleiben die Blogs vollständig bei Gründer.de. Wird gekündigt, verliert man den Zugang samt aller Inhalte und investierter Arbeit. Ob es hierzu Ausnahmen gibt, bleibt offen.
  • Rechtliche Hürden senken die Einnahmen. DSGVO und Cookie-Richtlinien führen dazu, dass Nutzer:innen dem Tracking oft nicht zustimmen. Ohne Tracking keine Provision, wie z. B. beim Affiliate-Programm von Globetrotter beobachtet.
  • Klimafragen spielen keine Rolle. Wer ausschließlich auf Affiliate-Einnahmen im Reisebereich setzt, blendet zwangsläufig die ökologischen Folgen von Flugreisen und Tourismus aus. Siehe dazu auch meinen Artikel Wie nachhaltig sind unsere Reiseportale?
  • Airbnb ist außen vor. Das Trend-Portal bietet kein Affiliate-Programm an.
  • Selbstständigkeit ist Pflicht. Wer Affiliate-Einnahmen erzielen möchte, muss ein Gewerbe anmelden mit allen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen wie Steuerberater, IHK-Beitrag, ggf. Versicherungen, möglichen Abmahnungen etc.

Und zuletzt die entscheidende Frage: Wenn es wirklich so einfach wäre, mit vorgefertigten Blogs gutes Geld zu verdienen – warum macht es dann nicht längst jede:r?

Gründer.de Erfahrungen Rezension - Reiseblog Bravebird
© Screenshot Trustedshops.de

Hinweis zu Auszeichnungen und Zertifikaten

Im Webinar hebt Herr Klußmann mehrfach Auszeichnungen hervor, die die Seriosität und Vertrauenswürdigkeit seines Unternehmens belegen sollen. Solche Siegel wirken auf viele überzeugend, sind aber in der Praxis oft leicht zu erwerben, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt und entsprechende Gebühren gezahlt werden. Beispiele dafür sind Kununu, das Handelsblatt oder DIOP.

Daher sollte man grundsätzlich kritisch hinterfragen, welche tatsächliche Aussagekraft solche Auszeichnungen haben und sich nicht allein auf kostenpflichtige Siegel verlassen, wenn es um Vertrauen und Glaubwürdigkeit eines Unternehmens geht.

Nutzerbewertungen

Hinweis: Dieser Artikel wurde im September 2025 inhaltlich aktualisiert.

Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin dieses Online-Magazins teile ich seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und eine bewusste Lebensgestaltung. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zudem verstärkt mit gesellschaftlich relevanten Themen.

5 Kommentare

  • Danke für deine Recherche! Klar, muss man misstrauisch werden, bei solch hochtrabenden Versprechungen, aber dass so wenig dahinter steckt, ist echt übel.
    Und Danke auch dafür, dass Du _nicht_ die Klimaschutz- und sonstige Auswirkungen des Reisens in deinem Blog ignorierst, sondern im Gegenteil darauf aufmerksam machst.

    • Hi Fabian,
      ich beobachte diese Online-Kurs-Szene schon recht lange und bin immer wieder fasziniert, wie viele Menschen diesen ganzen Verheißungen Glauben schenken… diese Art von Korrektiv ist leider nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein, aber ich bleibe dran :) Vielen Dank auch für den Zuspruch, das spornt an, so weiterzumachen.
      Liebe Grüße!
      Ute

  • Hi Ute,

    Affiliate-Marketing ist schon recht interessant und sicherlich ein gigantischer Markt! Und auf den Zug so Marketing gekonnt aufzuspringen von gründer.de ist schon nicht ungeschickt! ABER, wenn wir alle wirklich darüber nachdenken – und dabei hilft dein sachlich kritischer Artikel ausgezeichnet – dürften auch wir zum Schluss kommen, dass gründer.de keine Mitarbeiter haben dürfte, denn Affiliate-Marketing kennt dort garantiert jeder und wäre dann bereits auf einer Insel statt im Büro!

    Entsetzt bin ich über die unehrliche und lückenhafte Information – nur ihr könnt bis 2.000 EUR verdienen – pro Monat versteht sich – dieses Schaffen von Illusionen und es als Realität bewerben finde ich unter aller Sau!

    Ich bin den Werbemails und den „Live“ Events eine Weile gefolgt und auch die zeitlich befristeten Angebote sind nur Marketing zum Erzeugen von Kaufdruck!!! An vielen Stellen wird klar, dass es rein ums Verkaufen geht und gründer.de Geld verdienen will – dem Klußmann liegt aber nichts daran, dass wir erfolgreich werden! Und seine Auszeichnungen – na ja, für uns Deutsche, die Zertifikate und Abschlüsse sammeln wie keine zweite Nation – beeindruckend. Aber was zählt es im Einzelfall – NICHTS!

    Wirklich enttäuschend, auch das Thema KI – es wird ein Paket geschnürt in einem Wert von gigantischen 25.000 EUR, aber heute, nur heute bekommt ihr es für 2.500 EUR – und auch nur die ersten 50 Leute von den über 2.000 Leuten, die heute hier teilnehmen – geschickt gemacht, aber ist es ECHT? Zu gut, um wahr zu sein? Dann ist es wohl auch NICHT wahr! Ok ich schweife ab :)

    Ich denke, man kann Interessantes auf deren Webseite finden – aber für schnell mal Ersatzeinkommen im 4-stelligen Bereich ohne große Zeitinvestition bestimmt nicht! Dazu wiederhole ich nochmal deinen Punkt der eigentlich am klarsten sein dürfte: „Wenn alle Kund:innen die vorgefertigten Webseiten/Blogs mit den gleichen Inhalten erhalten (so wird es im Webinar vermittelt), ist das ein Todesurteil für das eigene SEO bei Google. Dies liegt daran, dass Google nach einzigartigem und qualitativ hochwertigem Inhalt sucht und wenn alle Blogs den gleichen Inhalt haben, wird Google diese Webseiten in der Rangfolge herabstufen = weniger bis null Besucher:innen. Daher bringen diese fertigen Artikel rein gar nichts, im Gegenteil.“

    Danke nochmal für deine Analyse! Nicht mit uns – Finder weg!

    Ach so und auf Google ist das UN auch mit weniger als 4 Sternen bewertet!!!

    • Na, der Link führt ja im Artikel zu Trustpilot und dieser Artikel hier ist von April. Dass der Wert heute nicht mehr mit dem von April übereinstimmt, dürfte wohl mehr als logisch sein. Oder erwartest du, dass ich das täglich aktualisiere? Oder willst du sagen, dass ein aktueller Durchschnitt von 3,9 top ist? Bei den vielen Bewertungen, die besagen „Finger weg!“? Die neueren 5-Sterne-Bewertungen sind von Rezensent:innen mit teilweise nur 1 Bewertung – natürlich nur für gruender.de – und teilweise mit starkem Werbecharakter. Bei TrustPilot kann jede:r bewerten. TrustedShops ist bei mangelhaft geblieben.

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