Social Media hat unser Leben stark verändert – wir können uns vernetzen, austauschen und inspirieren lassen. Doch leider gibt es auch eine Schattenseite, die immer größer wird: digitale Belästigung. Immer öfter kommt es vor, dass vor allem Frauen auf den Plattformen beleidigt oder bedrängt werden. Und mit den angekündigten Änderungen auf Plattformen wie X oder Instagram könnte es zukünftig noch schwieriger werden, sich dagegen zu schützen.
Ein häufig zu beobachtender Effekt ist das sogenannte Silencing, das dazu führt, dass Menschen sich gar nicht mehr trauen, etwas von sich zu posten oder ihre Meinung zu sagen aus Angst, von irgendwelchen Menschen abgewertet, angegriffen oder beleidigt zu werden. Es ist zwar traurig, in solch einer Gesellschaft zu leben, aber es gibt Möglichkeiten, sich zu wehren und mit solchen Situationen umzugehen, ohne sich einschüchtern zu lassen.
In diesem Artikel möchte ich dir ein paar Tipps geben, was du tun kannst, um dich besser vor digitaler Belästigung zu schützen und dir das Leben online einfacher zu machen.
1. Verständnis: Ein Perspektivwechsel hilft
Wenn man genauer hinschaut, konzentrieren sich Abwertungen und destruktive Kommentare häufig auf Themen, die emotionale oder persönliche Veränderungen erfordern würden. Ob es um Umweltbewusstsein, Gleichberechtigung oder gesellschaftlichen Wandel geht – solche Themen fordern Menschen heraus, sich mit ihrem eigenen Verhalten oder ihrer Einstellung auseinanderzusetzen. Für viele fühlt sich das unangenehm an, weil sie keine Alternative sehen oder Angst vor Veränderung haben.
Gerade Männer erleben hier oftmals ein Dilemma, denn emotionale Offenheit, Mitgefühl und Empathie werden in vielen Gesellschaften, auch unserer, selbst heute noch als „unmännlich“ betrachtet. Aktuell gibt es sogar einen spürbaren Gegentrend: Ein Festhalten an alten Rollenbildern und die Betonung traditioneller Vorstellungen von „Männlichkeit“. Statt Raum für Offenheit zu schaffen, wird Unsicherheit oder Frustration daher in Abwehr oder Aggression umgeleitet.
25 % mehr digitale Gewalt gegen Frauen
Fast 17.200 Betroffene wurden festgestellt. Die überwiegende Mehrzahl der Straftaten in diesem Bereich sind Nötigungen, Bedrohungen und Stalking.
– Tagesschau BKA-Statistik 11/2024 (Quelle)
Was man daraus für sich mitnehmen kann, ist superwichtig: Diese Kommentare sagen rein nichts über dich aus und haben auch nichts mit dir oder deiner Meinung oder deinem Aussehen zu tun, sondern sie sagen einzig und allein etwas über die Person dahinter aus. Wenn du das verinnerlichst, wird es viel leichter, solche Angriffe nicht persönlich zu nehmen und die Kontrolle darüber zu behalten, wie du damit umgehst.
2. Technische Einstellungen
Je nachdem, ob du Social Media nutzt oder eine eigene Webseite betreibst, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, dich vor störenden Kommentaren zu schützen:
Für Social Media:
- Einschränken statt blockieren: Plattformen wie Instagram bieten die Möglichkeit, Nutzer:innen einzuschränken. Das bedeutet, dass sie zwar kommentieren können, ihre Kommentare aber nur für sie selbst sichtbar bleiben. Diese Funktion ist ideal, um Konflikte zu vermeiden, ohne direkten Kontakt vollständig abzubrechen. Wenn dich jemand zu sehr nervt, lohnt es sich natürlich, die Person komplett zu blockieren.
- Schlüsselwortfilter aktivieren: Viele Plattformen ermöglichen es dir, bestimmte Wörter oder Phrasen zu blockieren. Kommentare, die diese Begriffe enthalten, werden dann automatisch ausgeblendet.
- Privatsphäre-Einstellungen anpassen: Wenn dich wiederkehrende Störungen belasten, kannst du deine Inhalte stärker regulieren, z. B. indem du Beiträge nur für enge Kontakte oder ausgewählte Follower:innen sichtbar machst.
Für Blogs und Webseiten:
- Kommentare vorfiltern lassen: Wenn du eine eigene Webseite betreibst, kannst du bestimmte E-Mail-Adressen, IP-Adressen oder Namen direkt in den Spam umleiten und siehst sie dann gar nicht mehr. Viele verzichten inzwischen auch ganz auf die Kommentarfunktion, da ohnehin nicht mehr so viele Menschen kommentieren.
- Moderationstools nutzen: Content-Management-Systeme wie WordPress bieten zahlreiche Möglichkeiten, Kommentare nach Schlüsselwörtern zu filtern oder erst nach Freigabe zu veröffentlichen.

3. Dokumentation: Alles sichern
Falls Kommentare oder Nachrichten die Grenzen von Kritik überschreiten und in Richtung Belästigung gehen, ist es wichtig, sie zu dokumentieren:
- Screenshots machen: Speichere Kommentare oder Nachrichten mit Datum und Plattform und mache Screenshots von dem Profil oder den Profilen (oftmals haben manche Leute mehrere Accounts).
- Einen Ordner anlegen: Bewahre alle Beweise an einem Ort auf, falls du sie später brauchst.
- HateAid oder ähnliche Organisationen nutzen: Es gibt spezialisierte Stellen, die dir helfen können, rechtliche Schritte einzuleiten oder Unterstützung anzubieten. HateAid ist die bekannteste Organisaton, die du im Falle von digitaler Gewalt einschalten kannst.
4. Emotionale Distanz wahren
Destruktive Kommentare zielen oft darauf ab, eine emotionale Reaktion hervorzurufen. Nochmal: Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass diese Kommentare nichts, wirklich gar nichts über dich als Person aussagen. Konzentriere dich auf all die positiven Rückmeldungen von Menschen, die deine Inhalte schätzen.
Eine Regel, die hilft: Antworte auf Social Media niemals auf destruktive Kommentare. Wenn es keine konstruktive, sachliche Kritik ist (die ja okay ist), sondern die Person einfach nur darauf abzielt, dich zu beleidigen oder abzuwerten, schränke den Account ein (s. Punkt 2) und belasse es dabei. Denn jede Reaktion gibt den Kommentierenden das Gefühl, dass sie dich „getroffen“ haben. Daher: Ignorieren, moderieren und dokumentieren.
Ein glücklicher und zufriedener Mensch käme gar nicht erst auf die Idee, andere abzuwerten, zu belästigen oder seine Zeit damit zu verbringen, sich an ihnen abzuarbeiten.
5. Rechtsschutzversicherung
Falls es mit der Organisation HateAid nicht funktioniert, gibt es (je nach Situation) natürlich auch noch rechtliche Möglichkeiten, sich zu wehren:
- Rechtsschutzversicherung: Eine solche Versicherung gibt dir Sicherheit, falls du rechtliche Schritte einleiten möchtest. Wenn du selbstständig bist bzw. es ein geschäftlicher Account ist, brauchst du eine Berufsrechtsschutzversicherung.
- Anzeige erstatten: In schweren Fällen wie Nachstellung oder übler Nachrede kannst du Anzeige bei der Polizei erstatten. Hierfür ist deine Dokumentation entscheidend, im Falle eines Falles würde ich zuerst empfehlen, HateAid zu kontaktieren.

Fazit: Bitte weiter sichtbar bleiben!
Digitale Belästigung ist ein wachsendes Problem, das uns alle betrifft. Doch es gibt Möglichkeiten, sich zu schützen, souverän zu bleiben und sich nicht entmutigen zu lassen. Verständnis für die Hintergründe und technische Maßnahmen helfen dabei, sich davon nicht beeinflussen zu lassen und die Aneigung einer emotionalen Distanz – wie oben beschrieben – schützt die eigene innere Stärke.
Gerade für sensible Menschen ist es zweifelsohne eine Herausforderung, Bewertungen und Abwertungen von Fremden nicht persönlich zu nehmen. Aber solche toxischen Leute dürfen uns nicht davon abhalten, unseren Weg zu gehen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Man gewöhnt sich auch daran und irgendwann wird es ein normaler Teil des Alltags – wie das Rauschen des Straßenverkehrs, das man irgendwann kaum noch wahrnimmt.
Daher: Bleib mutig und lass dich nicht von deinem Weg abbringen!
Weitere Artikel zum Thema
- Kritisch schreiben – So schützt du dich vor Anfeindungen
- Fotodiebstahl – So findest du geklaute Bilder im Netz
- Tue etwas Gutes und werde… kritisiert!
- Mansplaining – Wenn Männer dir die Welt erklären
- Grün, öko, unbeliebt – Warum Nachhaltigkeit auf so viel Ablehnung stößt
Schreibe einen Kommentar