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Bildungsurlaub – Eine Woche im Jahr, die dir zusteht

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Bildungsurlaub - Warum du ihn nutzen solltest
Foto © Daniloandjus / Getty Images

Kürzlich bin ich auf dem Schöpfungspfad im Nationalpark Eifel früh morgens einer Rangerin begegnet, die sich bei mir bedankte, weil ich meinen Hund an der Leine führte. Wir kamen ins Gespräch, und als ich meine Begeisterung für ihren Beruf äußerte, erzählte sie mir, dass sie eher zufällig zu diesem besonderen Job gefunden hatte: durch einen Bildungsurlaub.

Eine Woche Lernen mitten in der Natur hätte bei ihr den Wunsch geweckt, sich beruflich neu zu orientieren. Heute führt sie selbst Gruppen durch den Wald, vermittelt Wissen über Pflanzen und Tiere und engagiert sich aktiv für den Schutz des Gebiets.

„Viele wissen gar nicht, dass man Anspruch auf Bildungsurlaub hat“, sagte sie. Und tatsächlich: Auch ich wusste nicht, dass einem das zusteht – und zwar jedes Jahr aufs Neue. Also dachte ich mir, ich trage diesen Gedanken des Schöpfungspfads einfach mal weiter. Vielleicht hast ja auch du Lust, dich neben deinem regulären Job einmal für etwas Neues zu begeistern. Los geht’s!

1. Was ist Bildungsurlaub überhaupt?

Bildungsurlaub ist eine gesetzlich geregelte Möglichkeit, sich aus dem Berufsalltag zurückzuziehen, um sich persönlich, beruflich oder politisch weiterzubilden. In den meisten deutschen Bundesländern haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch darauf und können dafür bis zu 5 Tage pro Jahr freigestellt werden – zusätzlich zum regulären Erholungsurlaub. In einigen Bundesländern, z. B. in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, kann der Anspruch auch über zwei Jahre gesammelt und dann als 10-tägiger Bildungsurlaub am Stück genutzt werden.

Voraussetzung ist, dass die gewählte Maßnahme offiziell als Bildungsurlaub anerkannt ist und einem konkreten Bildungsziel dient. Während der Bildungszeit wird das Gehalt in der Regel ganz normal weitergezahlt. Die Kosten für das Seminar, Anreise und Unterkunft müssen meist selbst übernommen werden. Trotzdem bietet der Bildungsurlaub eine besondere Gelegenheit, sich mit neuen Themen zu beschäftigen und vielleicht sogar neue Perspektiven für das eigene Leben zu entdecken.

Bildungsurlaub - Tipps
Ein Bildungsurlaub in der Natur: gemeinsam lernen und neue Leute kennenlernen (Foto: Rachel Claire / Pexels)

2. Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?

Der Anspruch auf Bildungsurlaub gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer:innen, die in einem Bundesland mit Bildungsurlaubsgesetz beschäftigt sind. Meist entsteht der Anspruch, wenn das Arbeitsverhältnis bereits mindestens 6 Monate besteht. Auch Auszubildende haben in vielen Bundesländern die Möglichkeit, Bildungsurlaub zu nehmen, allerdings oft in einem kleineren Umfang.

Achtung: Bildungsurlaub gilt aktuell in 14 von 16 Bundesländern. In Bayern und Sachsen gibt es bisher leider keine gesetzliche Regelung. Dort liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob eine Freistellung gewährt wird. In allen anderen Bundesländern haben Beschäftigte ein Anrecht auf Freistellung, wenn die Weiterbildung von einem anerkannten Träger angeboten wird und der Antrag rechtzeitig beim Arbeitgeber eingeht.

Selbstständige und Freiberufler:innen sind in der Regel vom gesetzlichen Anspruch ausgeschlossen, können sich jedoch auf eigene Kosten weiterbilden oder Förderprogramme einzelner Länder nutzen. Für Angestellte gilt dagegen: Wird der Antrag ordnungsgemäß gestellt, muss der Arbeitgeber die Freistellung gewähren und das Gehalt fortzahlen.

3. Welche Bildungsurlaube gibt es – und wo findet man sie?

Wenn du ein wenig googlest, wirst du schnell merken: das Angebot ist riesig! Von Umwelt, Kultur und Sprachen über Gesundheit, Stressabbau, Wandern, Kreatives und Politik bis hin zu Technik, Kommunikation oder sogar Studienreisen gibt es kaum ein Thema, zu dem kein Bildungsurlaub angeboten wird. Besonders spannend finde ich natürlich Seminare, die Naturerlebnisse und Lernen verbinden, z. B. Exkursionen zu ökologischen Themen oder Wildnispädagogik.

Viele dieser Kurse werden von Volkshochschulen, Umweltbildungszentren, Gewerkschaften oder Stiftungen angeboten. Wichtig ist nur, dass sie im jeweiligen Bundesland als Bildungsurlaub anerkannt sind. Auf den offiziellen Weiterbildungsportalen der Bundesländer findest du passende Angebote. Und falls du dich für ein bestimmtes Thema interessierst, lohnt es sich, früh zu schauen, denn viele Kurse sind schnell ausgebucht.

Bildungsurlaub - Kurse zu Stressabbau
Auch Themen wie Stressbewältigung, Achtsamkeit, Psychologie oder Work-Life-Balance gehören zum Angebot vieler Bildungsurlaube. (Foto: Anna Tarazevich / Pexels)

4. Ablauf, Kosten & Organisation des Bildungsurlaubs

Wenn du einen Bildungsurlaub planst, sprich am besten zuerst mit deinem Arbeitgeber, bevor du dich für ein Seminar anmeldest. So lässt sich klären, ob der Zeitraum passt und welche Fristen gelten. Hier ist der Ablauf:

  1. Seminar aussuchen, Anerkennungsbescheinigung vom Anbieter besorgen (oft als Download verfügbar, sonst kurz anfordern), aber noch nicht verbindlich buchen.
  2. Beim Arbeitgeber anfragen, ob der Zeitraum passt.
  3. Freistellung beim Arbeitgeber beantragen und die Anerkennungsbescheinigung vorlegen (Frist: meist 6–8 Wochen vorher).
  4. Nach Genehmigung das Seminar verbindlich buchen.

In den meisten Bundesländern muss dieser Antrag etwa 6-8 Wochen vor Beginn eingereicht werden, damit die Freistellung rechtzeitig eingeplant werden kann. Wird alles fristgerecht eingereicht, darf die Teilnahme nur in Ausnahmefällen abgelehnt werden, zum Beispiel aus dringenden betrieblichen Gründen. Wichtig ist, dass das Seminar im jeweiligen Bundesland offiziell als Bildungsurlaub anerkannt ist, da diese Anerkennung länderspezifisch geregelt ist.

Die meisten anerkannten Seminare sind als Wochenseminar konzipiert. Während dieser Zeit bekommst du dein Gehalt wie gewohnt weiter. Die Kosten für Seminar, Anreise und Unterkunft trägst du selbst, kannst sie aber häufig steuerlich absetzen (Werbungskosten), wenn die Weiterbildung beruflich relevant ist. Manche Arbeitgeber übernehmen freiwillig einen Teil der Gebühren, verpflichtend ist das allerdings nicht.

Die Preise variieren je nach Dauer und Anbieter. Manche 5-tägige BUs beginnen bereits ab ca. 170 Euro, für mehrtägige Kurse mit Unterkunft und Verpflegung solltest du (je nach Thema und Ort) mit etwa 400 bis 1.000 Euro rechnen. Insgesamt ist der Ablauf unkompliziert, wenn man sich früh genug kümmert. Und der Aufwand lohnt sich, denn eine Woche, die ganz dir und deinem Interesse gehört, kann viel in Bewegung bringen.

Tipp

Auf großen Bildungsurlaubs-Portalen findest du eine große Auswahl an Kursen von privaten Anbietern. Öffentliche Einrichtungen wie Volkshochschulen, Gewerkschaften oder Umweltbildungszentren sind dort eher nicht vertreten, weil sie ihre Angebote selbst veröffentlichen. Außerdem können Seminare über die großen Portale teurer sein, da sie Vermittlungsgebühren enthalten. Wenn du dich also umfassend informieren möchtest, lohnt sich der direkte Blick auf die Webseiten der Bildungsträger.

Fazit: Let’s do it!

Wie ich bei meine Recherche herausgefunden habe, nehmen nur 1 bis 2 % aller Beschäftigten einen Bildungsurlaub in Anspruch. Ich vermute, dass viele einfach gar nicht wissen, dass ihnen dieses Recht zusteht. Vielleicht hilft dir dieser kleine Impuls, dich einmal mit dem Thema zu beschäftigen, falls du angestellt sein solltest. Es gibt so viele Dinge, die man noch lernen oder ausprobieren kann, ohne gleich den eigenen Job aufgeben zu müssen. Und nicht zuletzt bietet es die Möglichkeit, neue Menschen und Gleichgesinnte kennenzulernen.

Falls du schon einmal einen Bildungsurlaub gemacht hast, würde ich mich über deine Erfahrungen in den Kommentaren sehr freuen.

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Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin dieses Online-Magazins teile ich seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und eine bewusste Lebensgestaltung. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zudem verstärkt mit gesellschaftlich relevanten Themen.

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