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Wie Achtsamkeit in stürmischen Zeiten helfen kann

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Achtsamkeit leben in stürmischen Zeiten
Foto © Ashley Batz / Unsplash

In einer Welt, die sich immer schneller verändert, fühlen sich viele Menschen überfordert. Die Flut an schlechten Nachrichten, die ständige Reizüberflutung auf Social Media und der Druck, überall teilhaben oder mitwirken zu müssen, machen es schwer, zur Ruhe zu kommen. Auf Dauer kann das unsere mentale Gesundheit stark belasten und meiner Meinung nach ist es wichtig, eine Lösung zu finden, die uns hilft, mehr Balance in unser Leben zu bringen.

Während ich für meinen Teil eigentlich dachte, dass ich schon relativ achtsam lebe, hat mich die Serie „Achtsam morden“ eines Besseren belehrt und mich dazu gebracht, mich nochmal intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Tatsächlich war das in einigen Bereichen ein echter Gamechanger. Unter Achtsamkeit verstehen die meisten Yoga, Meditation, Journaling oder Produkte, die mit innerer Einkehr oder Muße in Verbindung stehen. In Wirklichkeit geht es jedoch um einfache, praktische Schritte, die nichts kosten und leicht umzusetzen sind.

In diesem Artikel möchte ich Tipps teilen, wie Achtsamkeit helfen kann, besser mit den Herausforderungen des heutigen Alltags umzugehen und wieder mehr Ruhe zu finden.

1. Achtsam filtern, was an uns herankommt

Ich finde es schön, sich die Seele wie ein Gefäß mit klarem, reinem Wasser vorzustellen. Jedes Mal, wenn wir Negatives ungefiltert an uns heranlassen, gelangt eine dunkle Flüssigkeit in dieses Wasser. Ob es negative Nachrichten, Meinungen oder Menschen sind, die uns Energie rauben – je mehr Negatives hineinfließt und je weniger Positives wir aufnehmen, desto dunkler wird die Flüssigkeit in diesem Gefäß. Mit dieser Vorstellung kann man immer wieder versuchen, die eigene Seele mit Gutem zu füllen, damit das Wasser hell und klar bleibt.

Es geht nicht darum, die Augen vor der Realität zu verschließen oder Probleme zu ignorieren, sondern darum, einen gesunden Filter zu setzen. Welche Nachrichten sind wirklich wichtig? Welche Beziehungen tun mir gut? Und wo kann bzw. muss ich Grenzen setzen, um mein Wohlbefinden zu erhalten? Gerade in einer Zeit, in der digitale Reizüberflutung fast wie ein Muss wirkt, ist dieser bewusste Umgang ein wichtiger Akt der Selbstfürsorge.

Selfcare und Achtsamkeit Tipps in stürmischen Zeiten
Wenn es draußen stürmt, ist Selbstfürsorge ein wichtiger Anker im Alltag. (Foto: Iryna Imago / Getty Images)

2. Das Problem sind nicht wir selbst

Achtsamkeit wurde durch Social Media zu einem Trend, der oft mit Selbstoptimierung und Konsum verknüpft wird. Influencer:innen, Coaches und spirituelle Marken vermitteln die Botschaft: Du brauchst ein Journal, eine App oder einen Online-Kurs, um achtsam zu sein. Gleichzeitig schieben diese Narrative die Verantwortung für Stress und Überforderung ausschließlich auf die Einzelperson: „Du bist das Problem. Du musst dich ändern.“ Dieses Bild hat der eigentlichen Idee von Achtsamkeit stark geschadet.

Denn dabei wird meist ignoriert, dass viele unserer heutigen Probleme von außen kommen. Wir leben in einer lauten, schnellen, teils aggressiven Welt, die uns ständig fordert. Verkehrslärm, Reizüberflutung, zunehmend mehr Darstellung von Gewalt in der TV-, Film-, Spiel- und Medienlandschaft – all das überfordert uns zunehmend. Es ist nicht unser individuelles Versagen, dass wir gestresst oder ausgelaugt sind. Es sind gesellschaftliche Strukturen, die uns dazu bringen.

3. Achtsamkeit heißt nicht, in der Zukunft zu leben

In einer schnelllebigen Welt wie unserer ist es schwer, nicht ständig in die Zukunft zu schauen. Sich mögliche Szenarien anzuhören oder sich auf das vorzubereiten, was vielleicht kommen könnte. Doch wenn wir uns dabei verlieren, geschieht genau das Gegenteil. Ich habe selbst erlebt, wie lähmend es sein kann, sich zu sehr mit den Problemen und möglichen Katastrophen in der Zukunft zu beschäftigen. Es zieht uns weg von der Gegenwart und macht uns handlungsunfähig.

Stattdessen hilft mir Achtsamkeit, den Fokus auf das zu legen, was ich heute tun kann – kleine Schritte, die einen Unterschied machen. Achtsamkeit bedeutet nicht, die Zukunft zu ignorieren oder unüberlegt zu handeln. Es bedeutet, sich nicht in ihr zu verlieren. Denn die Wahrheit ist: Es kann jeden Tag so viel passieren – niemand kann die Zukunft vorhersehen. Pläne haben ihren Platz, aber das ständige Grübeln über „Was wäre wenn“ macht uns ohnmächtig und raubt uns die Kraft, die wir im Hier und Jetzt brauchen.

Achtsamkeit - Die Verbindung zur Natur
Zurück zur Natur: Nicht nur ein lapidarer Spruch, sondern ein Ansatz, der nachweislich Stress reduziert. (Foto: Seth Doyle / Unsplash)

4. Achtsam leben – Kleine Schritte mit großer Wirkung

Achtsamkeit ist keine perfekte Methode oder etwas, das man von heute auf morgen „richtig“ machen muss. Und sie kostet nichts. Es sind kleine Dinge, die wir bewusst in unseren Alltag integrieren können und einen großen Unterschied machen können. Hier hat jede:r andere Prioritäten und Bedürfnisse und es gibt kein Schema F, dem man folgen muss. Nachfolgend daher ein paar Punkte, die ich mittlerweile intensiv lebe und mir sehr geholfen haben:

  1. Schönheit bewusst genießen: Sich bewusst und viel mit schönen, ästhetischen Dingen umgeben und davon gibt es unendlich viel: Musik, Farben, Gerüche, Kunst, Pflanzen, besondere Möbel und draußen natürlich schöne Ausflugsziele.

2. Bewusst Positives konsumieren: Gezielt nach Dingen suchen, die inspirieren, Freude bringen und bereichern, wie gute Bücher, Filme oder Momente mit lieben Menschen.

3. Verbindung zur Natur suchen: Zeit in der Natur schenkt Ruhe, Kraft und eine unglaubliche Zufriedenheit. Ob durch Spaziergänge, Radtouren, Gartenarbeit oder Waldbaden – für Körper und Geist eigentlich unabdingbar.

4. Möglichst gewaltfreie, faire Ernährung: Nahrung aufzunehmen, die selbst unter Gewalt oder Quälerei entstanden ist, kann auch für den eigenen Körper und Geist nicht gut sein; für mich gilt es aber auch sonst darauf zu achten, dass möglichst wenig Ausbeutung damit verbunden ist – sei es für Menschen, Tiere oder die Natur.

5. Bewusst konsumieren: Achtsamkeit spiegelt sich auch im Umgang mit Dingen wider. Weniger besitzen, weniger verschwenden und mehr Wertschätzung für das, was wir haben. Bewusst zu konsumieren heißt, sich für Qualität statt Quantität zu entscheiden und nachhaltige Werte zu fördern.

6. Grenzen setzen: Achtsamkeit bedeutet auch, Nein zu sagen, wenn etwas nicht in den eigenen Rahmen passt – sei es im privaten Umfeld oder bei äußeren Verpflichtungen. Grenzen zu setzen ist keine Härte, sondern ein wichtiger Akt der Selbstfürsorge.

7. Effizient mit den eigenen Ressourcen umgehen: Energie und Zeit auf Dinge konzentrieren, die wirklich relevant und machbar sind. Erkennen, was „zu klein“ oder nicht zielführend ist, hilft dabei, die eigenen Kräfte gezielt einzusetzen und nicht zu verstreuen.

8. Minimalismus und Reduktion: Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Überflüssiges loszulassen, schafft Freiraum für die Dinge, die wirklich wichtig sind, und hilft, Druck und Überforderung zu reduzieren.

9. Wertschätzung von Dingen und Werten: Dinge bewusster nutzen und genießen, statt sie gedankenlos zu ersetzen. Diese Haltung stärkt nicht nur die Verbindung zu den Dingen, sondern gibt auch dem Leben eine neue Tiefe.

10. Nicht mehrere Dinge gleichzeitig tun: Multitasking vermeiden und sich auf eine Sache konzentrieren – das reduziert Stress und steigert die Qualität der eigenen Handlungen. Also einfach mal einen Film schauen, ohne gleichzeitig auf Social Media zu scrollen.

11. Nachrichten und Eindrücke filtern: Weniger negative Nachrichten konsumieren und sich nicht von Empörung oder Reizüberflutung überwältigen lassen. Möglichst sachliche Schlagzeilen reichen oft aus, um informiert zu bleiben.

12. Verbale und dargestellte körperliche Gewalt maximal reduzieren: Ob in Nachrichten, Filmen, Serien, Spielen oder Social Media – verbale und dargestellte körperliche Gewalt ist allgegenwärtig und hilft sicher nicht dabei, innere Ruhe zu finden. Profile oder Inhalte, die Negatives oder verbale Gewalt verbreiten, stummschalten, um die eigene Psyche zu schützen.

13. Soziale Medien auf ein Minimum reduzieren: Weniger Zeit online verbringen, um sich nicht von der ständigen Flut an Meinungen und Eindrücken überwältigen zu lassen. Bewusst offline sein schafft mehr Raum für das echte Leben.

Negative Schlagzeilen beeinflussen unsere Urteile nachhaltig – selbst dann, wenn wir wissen, dass die Quelle unglaubwürdig ist.

– Humboldt-Universität zu Berlin (2021) – Quelle

Fazit: Kleine Schritte, große Wirkung

Achtsamkeit ist eine Reaktion auf eine Welt, die uns überfordert, und nichts, was wir grundsätzlich zwingend brauchen. Sie wird vor allem in einer Gesellschaft notwendig, die sich selbst in eine Situation gebracht hat, in der es immer schneller, lauter, stressiger und gewaltvoller zugeht. In einer anderen, ruhigeren Welt, in der mehr Ausgleich, Empathie und Ruhe von Natur aus gegeben wären, wäre sie vermutlich gar nicht so ein großes Thema und sicher auch kein Milliardengeschäft.

Ich für meinen Teil habe festgestellt, dass es mir viel besser geht, seitdem ich nach diesen Prinzipien lebe. Ich kann meine Energie gezielt einsetzen, wieder mehr schaffen und Dinge tun, die mir am Herzen liegen. Gleichzeitig merke ich, dass ich mich trotz allem zunehmend nach einer Umgebung sehne, die weniger laut, hässlich und hektisch ist. Daher wird Achtsamkeit mich auch dazu bringen, meine äußere Welt so zu gestalten, dass ich mich dort wieder wohl fühle.

Vielleicht helfen dir diese Punkte ja auch ein wenig zur Ruhe zu kommen und mehr Ausgleich im Alltag zu finden.

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Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin dieses Online-Magazins teile ich seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und eine bewusste Lebensgestaltung. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zudem verstärkt mit gesellschaftlich relevanten Themen.

2 Kommentare

  • Liebe Ute,
    vielen Dank für diesen tollen Artikel! Ich mag ja alle deine Beiträge, aber dieser ist besonders gelungen!! Ich beschäftige mich „theoretisch“ schon lange mit Achtsamkeit, aber die Umsetzung in den Alltag habe ich irgendwie nie geschafft. So, wie du es runterbrichst, in diese kleinen Schritte, gefällt es mir richtig gut und es klingt machbar! Vieles setze ich schon um (Ernährung, Konsum), aber es gibt auch noch viel Luft nach oben (Grenzen setzen..).
    Mir gefällt das Bild mit dem Glas richtig gut, das werde ich mir ins Hirn einbrennen und immer daran denken, bei allem, was ich an mich ran lasse und aufnehme.
    Danke für deine mega Arbeit hier, du machst sooooooooooooo einen Unterschied in dieser verrückten Welt!
    Liebe Grüße
    Manuela

    • Liebe Manuela,

      vielen herzlichen Dank für deine lieben Worte! <3 Es freut mich sehr, dass der Artikel dich inspiriert und du etwas für dich mitnehmen konntest. Das Bild mit dem Glas ist auch für mich ein wertvoller Gedanke – schön, dass es dir hilft!

      Danke auch für deine Wertschätzung und deine Unterstützung. Das bedeutet mir viel!!

      Ganz liebe Grüße
      Ute

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Ute Kranz

Willkommen! Ich bin die Gründerin dieses Online-Magazins und leidenschaftliche Autorin. Hier findest du Inspiration für bewusstes Reisen, modernes Leben und gesellschaftliche Themen.

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