Wenn wir eine Reise planen, denken wir vor allem an die schönen Erlebnisse, die uns erwarten. Doch gerade in so beliebten Reisezielen wie Portugal zeigen sich mittlerweile auch die Auswirkungen des wachsenden Tourismus, die das Land vor große Herausforderungen stellen. In der WDR-Reportage Kritisch reisen: Portugal – Traumziel in der Klimakrise wird deutlich, wie wichtig es ist, sich mit den Folgen des Tourismus für Umwelt und Gesellschaft auseinanderzusetzen.
Auch wenn manche Fakten teils bedrückend sind, ist es jetzt wichtiger denn je, genauer hinzusehen. Während wir die globalen Herausforderungen nicht allein lösen können, haben wir die Möglichkeit, durch bewusste Entscheidungen – etwa bei der Wahl der Unterkunft oder der Reisezeit – unseren Teil beizutragen. Die Dokumentation beleuchtet mehrere Regionen im Detail und bietet interessante Einblicke. Es lohnt sich, sie anzuschauen!
Tourismusboom in Portugal: Belastung für Wasser und Umwelt
In den letzten 15 Jahren hat der Tourismus in Portugal enorme Ausmaße angenommen. Die Zahl der Urlauber hat sich verdoppelt, was zu einem erheblichen Anstieg der Belastung für Wasserressourcen und Umwelt geführt hat. Mehr als eine Million Portugiesen sind mittlerweile direkt oder indirekt vom Tourismussektor abhängig, was sowohl wirtschaftliche Vorteile als auch ökologische Probleme mit sich bringt.
Der Massentourismus, insbesondere der Pauschal- und Luxustourismus, erhöht den Wasserverbrauch erheblich. Neben den großen Wasserverbrauchern wie Pools und Golfplätzen führt der hohe Touristenandrang zu einer zusätzlichen Belastung der ohnehin knappen Wasserressourcen. Dies wird durch den Klimawandel noch verstätkt, da steigende Temperaturen und weniger Regen die Wasserversorgung weiter einschränken.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat die portugiesische Regierung bereits Maßnahmen ergreifen müssen: Haushalte in betroffenen Regionen wurden verpflichtet, ihren Wasserverbrauch um 15 Prozent zu reduzieren; landwirtschaftliche Betriebe um bis zu 25 Prozent. Diese Maßnahmen sind offenbar notwendig, um die Wasserressourcen zu schützen und den Druck auf die Umwelt zu reduzieren. Das in der Reportage vorgestellte Resort hat den Betrieb seines Golfplatzes beispielsweise einstellen müssen.
Overtourism in Lissabon und den Küstenorten
Lissabon ist besonders stark vom Overtourism betroffen. Über 5 Millionen Touristen besuchen die Stadt jährlich – bei nur etwa 500.000 Einwohnern. Die Folgen sind deutlich: Der Wohnungsmarkt ist angespannt, viele Einheimische können sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten, und die Infrastruktur ist überfordert. Airbnb-Angebote tragen zur Gentrifizierung bei und viele Bewohner haben das Gefühl, dass ihnen ihre Viertel „weggenommen“ werden. Auch die Wasserversorgung und das Verkehrssystem leiden unter der Überlastung.
Ein weiteres, großes Problem sind die Kreuzfahrtschiffe. Mit über 300 Kreuzfahrtschiffen pro Jahr verursacht dieser Schiffsverkehr in unmittelbarer Nähe zur Stadt Lissabon erheblichen Lärm und Smog. Lissabon zählt inzwischen zu den sechs am meisten durch Schwefeldioxid und Feinstaub belasteten Häfen Europas. Lärm und Luftverschmutzung sind besonders hoch, wenn ein Schiff im Hafen liegt, was die Lebensqualität der Bewohner der Altstadt stark beeinträchtigt.
Die Belastung der Küstenlandschaften durch Wassermangel und Brände
Auch die Küstenregionen Portugals sind stark betroffen. Die Halbinsel Comporta, bekannt für ihre 60 km lange Küstenlinie und früher als Naturschutzgebiet geschützt, wurde inzwischen für Luxusresorts geöffnet. Fast alle dieser Chalets verfügen über private Pools, was den bereits stark gesunkenen Grundwasserspiegel weiter belastet. Ein früher schöner See in der Nähe ist mittlerweile vollständig ausgetrocknet. Zusätzlich ist ein neues Luxusresort mit einem riesigen Golfplatz in einer der trockensten Regionen Portugals geplant.
Die lokale Bevölkerung muss zunehmend ihr Wasser im Supermarkt kaufen und Bäume und die Vegetation leiden unter dem Wassermangel, der zeitgleich zu einem erhöhten Risiko von Waldbränden führt. Jährlich wird es schwieriger, die Bevölkerung – und Touristen – vor den verheerenden Auswirkungen dieser Brände zu schützen, da trockene Bedingungen und unzureichende Wasserversorgung die Situation verschärfen.
Nach Lagos an der Algarve, bekannt für seine Sandstrände und Felsformationen, kommen jährlich mehr als 1 Million Touristen in eine Region mit nur etwa 24.000 Einwohnern. Der Wassermangel stellt hier ein besonders großes Problem dar. Trotz der Maßnahmen der regionalen Regierung, den Wasserverbrauch zu reduzieren, ist der Großteil des verfügbaren Wassers für touristische Einrichtungen reserviert, was wiederum die lokale Landwirtschaft belastet.
Die Landwirtschaft steht ebenfalls unter Druck durch den Anbau von Früchten wie Erdbeeren und Blaubeeren, die für das trockene Klima eigentlich gar nicht geeignet sind. Auch die Nutzung von Eukalyptusbäumen, die sehr viel Wasser benötigen, verstärkt die Problematik. Zudem wächst die landwirtschaftliche Fläche jährlich um 2%, was den bereits hohen Wasserverbrauch weiter erhöht.
Lösungsansätze?
Trotz der Herausforderungen gibt es Initiativen für nachhaltigen Tourismus. Das in der Reportage vorgestellte Vida Pura Eco Resort setzt auf ökologische Prinzipien und Ressourcenschonung, um die negativen Auswirkungen zu minimieren. Auch das Dorf Gondramaz im Norden Portugals mit verschiedenen Unterkünften wie das Mountain Whisper zeigt, wie durch touristische Einnahmen lokale Projekte unterstützt werden können. Hier werden Waldarbeiter beschäftigt, um sich vor Waldbränden zu schützen, indem gezielt die schnell brennenden Eukalyptusbäume gefällt werden.
Im Film wirkt das allerdings leider nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein. „Es bleibt zu hoffen, dass sowohl Landwirtschaft als auch Tourismus rechtzeitig zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Wasser und Ressourcen finden werden“, heißt es zum Schluss der Reportage. Denn „wenn uns das Wasser ausgeht, geht es für alle aus“, sagt die junge, portugiesische Farmerin…
Was diese Reportage verdeutlicht
Die Folgen des Klimawandels – weniger Niederschläge, steigender Wasserverbrauch und zunehmende Waldbrände – werden in den zukünftigen Planungen in Portugal, ebenso wie bei uns, scheinbar kaum berücksichtigt. Und uns fällt es auch nicht auf, wenn wir durch Social Media scrollen und nur die perfekten, menschenleeren Strände sehen. Die eigentlichen Probleme entgehen uns dabei völlig.
Auch wenn die wirtschaftlichen Interessen nachvollziehbar sind, zeigt sich bereits heute, dass ohne Veränderung alle verlieren könnten:
Weder die Natur noch die Menschen profitieren langfristig von dieser Entwicklung. Umwelt und lokale Gemeinschaften geraten zunehmend unter Druck, und es wird klar, dass nachhaltige Lösungen nötig sind. Selbst in den Luxusresorts könnte das Bewusstsein wachsen, dass der Erhalt der natürlichen Grundlagen für alle – auch für Investoren – entscheidend ist, um die Zukunft zu sichern.
Im Jahr 2023 wurden in Portugal landesweit 60 neue Hotels eröffnet, die meisten mit vier oder fünf Sternen.
– GTAI „Tourismusboom sorgt für Hochsaison bei Hotelinvestitionen“ (02/2024)
Weitere interessante Links zum Thema
- Reportage WDR: Kritisch reisen: Portugal – Traumziel in der Klimakrise
- Deutsche Welle: Massentourismus: Portugal leidet immer stärker
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Titelfoto: Carlos Lima / Unsplash
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