Gastbeitrag von Natalie Wolf. Abruzzo – der italienische Name der gebirgigen Region im Herzen Italiens zergeht auf meiner Zunge wie das zarte Stück Torrone (die süße Nougat-Verführung der Region), das ich bei meinem Besuch in der Regionshauptstadt L’Aquila zum allerersten Mal probiert habe.
Bei wem das Urlaubsland Italien automatisch Assoziationen von Touristenscharen zur Hochsaison in Rimini, Venedig, Rom oder Mailand weckt, den kann ich getrost beruhigen. Besonders in der Nebensaison ticken in den mittelalterlichen Städten und idyllischen Bergdörfchen der Abruzzen fernab des Dolce-Vita-Klischees die Uhren langsamer – Bella Italia kann auch anders.
Das etwas andere Italien: Charmante Bergdörfer und Idylle pur
Meine Reise beginnt inmitten des Abruzzen-Nationalparks, genauer gesagt in der überschaulichen italienischen Gemeinde Pescasseroli – hier befindet sich auch die zentrale Nationalparkverwaltung. Typisch graue Steinbauten und kleine Lebensmittelläden mit Spezialitäten aus der Region bestimmen hier das Stadtbild, umrahmt von einer malerischen Bergkulisse.
Kaum ein Auto fährt auf der Straße und der Dorfplatz ist nahezu leergefegt – nur ein paar Einheimische sitzen auf den Parkbänken und führen ein Pläuschchen. Alles wirkt idyllisch hier und ich merke sofort: Diese Seite von Italien gefällt mir auf Anhieb und ich fühle mich fast wie in eine andere Zeit zurückversetzt.
Meine Reise geht weiter nach Castel di Sangro. Hier findet zeitgleich mit meiner Ankunft ein kleines Spektakel statt, bei dem die örtliche Blaskapelle ihre musikalischen Künste zum Besten gibt. Nach genauerer Nachfrage erfahre ich, dass es sich hierbei um Festlichkeiten zu Ehren der beiden Heiligen San Cosmo und San Damiano handelt – Religion nimmt hier in der Gegend generell einen sehr hohen Stellenwert ein, wie ich während meiner Reise durch die Abruzzen immer wieder feststelle.
Kunstliebhaber sollten unbedingt der Pinacoteca Patiniana einen Besuch abstatten, in der zahlreiche Kunstwerke des realistischen Malers Teofilo Patini ausgestellt sind. Die düsteren Bilder stellen den harten Alltag der einfachen Bevölkerung der Region dar; der Tod ist oftmals im Fokus der Szene und wird unverblümt und sehr realistisch dargestellt. Auch, wenn ich normalerweise mit Kunst nicht sehr viel anfangen kann, haben mich Patinis Gemälde sehr berührt und zum Nachdenken angeregt.
L’Aquila, die Königin des Apennins
Zwischen den Bergmassiven des Gran Sasso und Monti della Laga liegt die mittelalterliche Regionshauptstadt L’Aquila – die Folgen des Erdbebens von 2009 sind heute noch immer sichtbar und die Stadt erholt sich nur langsam von dem Beben. Bis vor zwei Jahren war hier fast alles noch Baugebiet und neun Jahre nach dem Beben haben gerade einmal ungefähr 100 von 800 Läden in der Stadt wiedereröffnet.
Die meisten der historischen Bauwerke wurden bei dem Erdbeben zerstört, allerdings auch zuerst mit wiederaufgebaut. Um L’Aquilas ikonisches Wahrzeichen aus dem 13. Jahrhundert, die Fontana delle 99 Cannelle (Brunnen der 99 Röhren), ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden – niemand scheint wirklich zu wissen, was der Brunnen mit den 99 wasserspeienden Steinmasken bedeutet oder weshalb er errichtet wurde.
Manche munkeln, es handle sich bei den Köpfen um Karikaturen einflussreicher Personen jener Zeit: Mönche, Priester, Ritter, ja sogar nicht menschliche Figuren wie Dämonen oder Gestalten, die halb Tier, halb Mensch sind. Eine andere Legende besagt, die Köpfe seien die 99 Schlossherren, die die Stadt L’Aquila gründeten. Auch, wenn diese Zahlen wohl nicht ganz so wahrheitsgetreu sind: Mythen und Legenden fand ich schon immer faszinierend und irgendwie machen diese die Stadt besonders anziehend.
Eine weitere Sehenswürdigkeit, die es sich lohnt zu besichtigen, ist Forte Spagnolo. Die mächtige spanische Festungsanlage aus dem 16. Jahrhundert gehört zu den beeindruckendsten Anlagen der Renaissance in Mittel- und Süditalien. Vor den Toren der Stadt liegt die wunderschöne Basilika Santa Maria di Collemaggio mit ihrer ungewöhnlichen Fassade im rot-weißen Schmuckkästchenstil.
Prendiamo un caffè?
Kulinarisch und kaffeetechnisch konnte ich mich während meiner Reise durch die Abruzzen wirklich nicht beklagen. Vom obligatorischen Espresso al banco, dem schnellen Espresso-Genuss direkt an der Theke, über die cremigen Spaghetti alla Chitarra bis hin zum rubinroten Montepulciano D’Abruzzo – die Reise durch die Abruzzen war ein reinster Gaumenschmaus. Übersetzt bedeutet chitarra übrigens „Gitarre“.
Der Name des Gerichts leitet sich von der traditionellen Herstellungsweise der Nudeln ab, bei der Drähte parallel in einen Rahmen eingespannt werden – eben fast so wie bei einer Gitarre. Unbedingt probieren solltet ihr auch die leckeren Torrone. Der süße italienische Nougat hat es mir angetan und hier habe ich mich gleich mit ein paar Päckchen für zu Hause eingedeckt.
Dass Zafferano (Safran) nicht nur im Iran und in Afghanistan, sondern auch in Italien – genauer gesagt in der Provinz L’Aquila – angebaut wird, wusste ich bis dato nicht. Das gelbe Gold wird mir auf meiner Reise in so gut wie jedem Gericht serviert und ist für die abruzzische Küche unverzichtbar. Auch die kleinen scharfen Peperoncino spielen in der lokalen Küche eine wichtige Rolle und haben es wirklich in sich!
Naschkatzen empfehle ich einen süßen Abstecher nach Sulmona, denn hier gibt es das berühmte Confetti. Nicht das Konfetti, mit dem man hier zu Lande an Karneval um sich wirft. Beim italienischen Confetti handelt es sich um kandierte Mandeln in allen erdenklichen Farben und Geschmäckern, die zu kleinen Blumensträußen oder anderen Kunstwerken liebevoll zusammengebastelt werden.
Abruzzen Nationalpark – Wo sich Bär und Wolf gute Nacht sagen
Fast ein Drittel der Abruzzen steht heute unter Naturschutz. Die Region mit einem der ältesten Naturschutzgebiete Europas trägt nicht umsonst den Namen „das grüne Herz Italiens“. Die im Nationalpark heimischen Apennin-Wölfe und Marsica-Braunbären leben hier friedlich zusammen. Im Naturschutzgebiet La Camosciara lassen sich herrliche Spaziergänge und Wanderungen unternehmen.
Aus der Ferne vernehme ich das Läuten von Kuhglocken und bin verwirrt, als plötzlich ein paar Pferde vor mir stehen. Ab und an huscht auch mal ein schüchternes Reh vorbei. Stille. Ja, es gibt es tatsächlich, das andere Italien weit fernab der Touristenmassen.
Leider habe ich keine der scheuen Bären oder Wölfe gesichtet, dafür aber im geschützten Freigehege der kleinen Gemeinde Civitella Alfedena. Fast majestätisch thront ein Wolf bei Sonnenuntergang auf einem Felsen und blickt erhaben über den See Barrea – völlig unbeeindruckt von den wenigen Besuchern, die sich am Geländer oberhalb des Geheges tummeln und einen kurzen Blick auf ihn erhaschen wollen.
Übernachtungsmöglichkeiten
Castel di Sangro: Wer in einer ganz besonderen und geschichtsträchtigen Unterkunft nächtigen möchte, der sollte sich im Il Lavatoio einquartieren. Das einstige Waschhaus der Gemeinde ist heute ein gemütliches Bed and Breakfast.
Pescasseroli: Im Herzen des Nationalparks liegt das Hotel Villa Mon Repos, das schon mit seiner Außenansicht einen ganz besonderen, irgendwie mystischen Charme versprüht. (Nachtrag: Ist mittlerweile dauerhaft geschlossen.)
Pescocostanzo: Das Tre Frati Inn* befindet sich in einem alten Franziskanerkloster – hier gibt es nicht nur leckere italienische Küche, sondern auch sechs gemütliche Gästezimmer. Pescocostanzo gehört übrigens zur Vereinigung der schönsten Orte Italiens, I borghi più belli d’Italia.
Meine Reiseroute mit dem Auto
Nahe gelegene Flughäfen wären Rom und Neapel, wenn man nicht direkt mit dem eigenen Auto dorthin fährt. Der Abruzzen-Nationalpark ist rund 120 Kilometer entsprechend ca. zwei Stunden Fahrt von Rom entfernt.
Reisetipps für die Abruzzen
- Beste Reisezeit: Wandern, Mountainbiken, Raften, Reiten – von April bis Oktober kommen Aktivurlauber in den Abruzzen voll und ganz auf ihre Kosten. Besonders den Spätsommer kann ich persönlich wunderbar als Reisezeit empfehlen, unter anderem dank angenehmerer Temperaturen und weniger Touristen. (Im Hochsommer ist der Nationalpark Abruzzen ein sehr beliebtes Ziel, weshalb die Monate Juni und September zu den besseren Wandermonaten zählen.)
- Reiseführer: Abruzzen Reiseführer Michael Müller Verlag*: Individuell reisen
- Wandern: Die Region gehört erfreulicher Weise noch zu den unbekannteren Gebieten Italiens und bietet daher ein sehr authentisches Reiseerlebnis im Gebirge mitten in grünen Nationalparks. Einen sehr guten Wanderführer mit 20 Tagesetappen und GPS-Daten bietet Christoph Henning mit dem Buch „Wilde Wege, stille Dörfer„.
- Wintersport: Wenn der erste Schnee fällt, verwandeln sich die Abruzzen in ein kleines Winterwunderland mit insgesamt 400 Pistenkilometern. Perfekte Ausgangspunkte sind beispielsweise die für Skifahrer beliebten Orte Roccaraso und Castel di Sangro oder das weniger bekannte Pescasseroli. Schneesicherer als die Alpen, garantiert weniger überlaufen und zu einem Bruchteil der dortigen Preise.
Ökologischer Hinweis: Diese Reise wurde durch ein Klimaschutzprojekt über Atmosfair CO2-kompensiert (Zertifikat).
Werberechtlicher Hinweis: Natalie wurde von der Handelskammer Aquila und der ITKAM kostenlos auf diese Reise eingeladen. Die Inhalte entsprechen vollumfänglich ihrer persönlichen Meinung.
Mehr von der Autorin Natalie kannst du auf ihrem Instagram-Account finden.
Ein sehr schön geschriebener Beitrag! Da hast du eine sehr schöne Route durch Italien gewählt. Und erst die Bilder. Da bekommt man gleich wieder fernweh. Es stimmt, dass man ausschließlich auf einem Roadtrip das Land in seiner ganzen Vielfalt erleben kann. Klar so ein Roadtrip durch Italien mag aufgrund der Mautgebühren usw. sehr teuer sein. Aber ich finde mit dem, was man alles von Italien zu sehen bekommt – die verschiedenen und Sehenswürdigkeiten – kompensiert das schon den hohen Preis des Roadtrips. Einen weiteren Tipp, den ich dir zum authentischen Reisen durch Italien gerne mitgeben möchte. Anstelle von Hotels bzw. Ferienwohnungen empfehle ich euch das Übernachten in einem Agriturismo, einem Landgasthof. Dort erlebst du das authentische Italien. Zudem wirst du mit einer Gastfreundlichkeit begrüßt, die ich so kein zweites Mal in einem anderen Land erlebt habe. In jedem Fall sind schöne Urlaubstage in familiärer Atmosphäre garantiert.
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