Warum mein Leben mit Nachhaltigkeit leichter ist - Bravebird Ute Kranz

Warum Nachhaltigkeit mein Leben so viel einfacher macht

Ausgerechnet auf meiner lang ersehnten Weltreise vor neun Jahren, die so gar nicht umwelt- und klimafreundlich war, begann mein Umweltbewusstsein zu erwachen. Rückblickend wird es daran gelegen haben, dass ich zum ersten Mal wirklich Zeit hatte, mich intensiver mit diesen Themen zu beschäftigen. Meine längeren Aufenthalte an manchen Orten gaben mir auch die Gelegenheit, die Auswirkungen zum Beispiel des Tourismus zu beobachten.

Der Wechsel von der Rolle der Touristin hin zur aufmerksamen Beobachterin trug dazu bei, mein Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit zu schärfen. Es war damals ein Wendepunkt, der mich dazu inspirierte, bewusstere Entscheidungen zu treffen, meinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren und natürlich auch darüber zu schreiben. Und seitdem ist viel passiert:

Vor sieben Jahren begann ich, auf Fleisch zu verzichten und ein Jahr später auf alle weiteren tierischen Produkte bei Lebensmitteln und Kleidung. Meine Flüge beschränkten sich nur noch auf berufliche Reisen und Ende 2018 habe ich das Fliegen und meine ausgedehnten Camping-Trips komplett eingestellt. In punkto Fortbewegung wechselte ich zu einem Kleinwagen mit möglichst geringen umweltschädlichen Auswirkungen.

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„Der Preis, den die Natur und die Menschen in den Produktionsländern für unseren Hyperkonsum zahlen, ist hoch. Doch nie war die Chance, daran etwas zu ändern, so groß wie heute.“ – Carl Tillessen

Auf was wir alle bereits verzichten

Für viele mögen diese Veränderungen nach einer drastischen Einschränkung des persönlichen Lebensstils klingen, die wenig Freude, Freiheit und Ausgelassenheit verspricht. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: für mich bedeuten sie eine erhebliche Steigerung des Wohlbefindens. Ein Perspektivwechsel hat mich zu der Erkenntnis gebracht, dass gerade ein unbewusster Lebensstil paradoxerweise zu einem kollektiven Verzicht unserer Lebensgrundlagen führt:

  • Durch den extremen, stetig wachsenden Straßen-, Zug-, Schiffs- und Luftverkehr verzichten wir auf unser wichtiges Bedürfnis nach Ruhe. 80% der Deutschen fühlen sich durch Verkehrslärm gestört. Wir setzen uns damit unfreiwillig dem erhöhten Risiko psychischer Erkrankungen und Stresssymptomen aus. Und wir verzichten auf das Wohlbefinden von Wildtieren, da auch sie von den ständigen Geräuschen gestört und in ihrem natürlichen Verhalten beeinträchtigt werden.
  • Durch den enormen Straßen-, Schiffs- und Luftverkehr sowie Feuerwerke verzichten wir auf saubere Luft, was direkt unsere Gesundheit beeinträchtigen kann. Die Belastung durch Schadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide kann zu Atemwegserkrankungen und anderen Gesundheitsrisiken führen. Aber nicht nur für uns, wir schaden damit auch der stetig sinkenden Anzahl von Insekten. Weniger Insekten = weniger Vögel, weniger Bestäubung, ein Teufelskreis.
  • Durch den Abrieb von Autoreifen, das Waschen von synthetischen Materialien, die Nutzung von Einwegplastik, das Wegwerfen von giftigen Zigarettenstummeln und den durch Konsum verursachten Schiffsfrachtverkehr verzichten wir auf gesunde Gewässer.
  • Mit unserem Konsum von Fast Fashion, billigen Möbeln, Kaffee, Schmuck & Co. verzichten wir darauf, dass Menschen am anderen Ende der Welt fair behandelt werden. (Hierbei sei angemerkt, dass dieser Punkt natürlich nur für diejenigen gilt, die sich anderes leisten können.)
  • Mit dem Konsum von tierischen Produkten aller Art und der Ausbeutung von Tieren verzichten wir auf ein respektvolles Zusammenleben und tragen zum Verlust von Regenwäldern, der Artenvielfalt und gesunder Böden bei.
  • Durch die ständige Erweiterung von Autobahnen und die zunehmende Flächenversiegelung verzichten wir auf natürlichen Lebensraum, Biodiversität und Artenvielfalt.
  • Durch die zunehmende Verbreitung von immer größer werdenden Fahrzeugen wie SUVs verzichten wir auf die Sicherheit von Fußgängern, Radfahrern und Kindern, ein ausgewogenes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer und die Entwicklung einer nachhaltigeren Verkehrsumgebung.
  • Und so weiter und so weiter

Klar, diese Themen sind nicht angenehm und werden oft vermieden, obwohl es sich dabei eigentlich um unsere Existenz sowie unsere seelische und körperliche Gesundheit handelt. Gerade deshalb finde ich es wesentlich sinnvoller, sich einmal intensiv mit den Punkten Mobilität, Ernährung und generellem Konsum auseinanderzusetzen und dann seinen Lebensstil im Rahmen des Möglichen anzupassen.

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„Die Profitmaximierung der Unternehmen um jeden Preis führt zu menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, Umweltzerstörung, Massentierhaltung und Gesundheitsschäden.“ – Franz Kotteder

Wenn ich durch meinen Konsum etwas verbessern und/oder weniger Schaden anrichten kann, finde ich das wahnsinnig erfüllend – und macht mich glücklich!

Unser Alltag: Komfort auf Kosten anderer

Der Schlüssel für die vielfältigen Veränderungen in meinem Alltag war, mir den Ursprung von Produkten und Nahrungsmitteln vor Augen zu führen. Schließlich sind sie Teil meiner Umgebung und Lebensmittel, die ich meinem Körper zuführe. Und da alles auf diesem Planeten eine eigene Energie hat, halte ich es für lohnenswert damit zu arbeiten. Wie kann also so ein Alltag aussehen?

Der Wecker klingelt… Vielleicht liege ich mit dem Gesicht noch gemütlich auf dem Daunenkissen. Unwissend, dass die Federn der Gans oder Ente dafür möglicherweise qualvoll bei lebendigem Leib gerupft wurden. Der Kaffee, den ich mir kurze Zeit später mache, wurde nicht unwahrscheinlich von Kindern geerntet. Das Schwein, dessen Wurst ich mir nun aus dem Kühlschrank hole, hat in seinem kurzen Leben relativ sicher kein Tageslicht gesehen und kaum Platz gehabt, um sich frei zu bewegen. Bevor ich den neuen Mantel von H&M anziehe, der mit 70 Euro so viel gekostet hat wie eine Näherin in Bangladesh in einem ganzen Monat verdient, trage ich noch Lidschatten und Rouge auf. Für den dezenten Glitzereffekt wurde das Mica-Mineral unter widrigsten Bedingungen in Indien abgebaut. Kinderarbeit ist wahrscheinlich. Und dieser Tag hat gerade erst begonnen…

Ein eigentlich so friedlicher, schöner Morgen, der in der für mich nicht sichtbaren Vorstufe (bevor die Produkte in schicker, cleaner Verpackung im Einkaufskorb landeten) mit Gewalt, Qual und menschenunwürdigen Bedingungen verbunden war. Will ich das? Nein. Kann ich das ändern? Ja. Fühlt es sich besser an, wenn mein Handeln kein Leid erzeugt? Na selbstverständlich.

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„Nun gibt es endlich Orientierung im alltäglichen Konsumdschungel. Wohnen, Körperpflege, Kleidung, Essen, Verkehr und Reisen.“ – Katarina Schickling

Der Schlüssel für ein einfaches, nachhaltiges Leben

Das Geniale an der Nachhaltigkeit ist, dass sich die Auswahl dramatisch reduziert und das vereinfacht das Leben enorm! Ich muss nicht vor endlosen Supermarktregalen stehen und mich durch eine riesige Produktauswahl quälen. Bei Kleidung, Schmuck und Büchern setze ich auf Second Hand, bei Möbeln auf hochwertige B-Ware oder Vintage, bei Lebensmitteln auf den Bio-Bauern in meinem Stadtteil.

Wenn ich etwas nicht mehr brauche, verkaufe oder verschenke ich es zeitnah wieder, um es in den Kreislauf zurückzugeben. Wichtig ist bei allen Punkten, dass man nicht zu dogmatisch wird (wie es anfangs z. B. bei veganer Ernährung passieren kann) und der gute Wille ohne Perfektionswahn dahinter steht. Auch bei mir ist immer noch Luft nach oben und ich freue mich über jeden kleinen, neuen Schritt.

Lebendigkeit entsteht nur aus der Akzeptanz des Unverfügbaren.

– Prof. Dr. Hartmut Rosa, Soziologe

Was motiviert Menschen dazu, ihr Leben nachhaltiger zu gestalten? Meiner Ansicht nach ist die zentrale Motivation der Wunsch, einen positiven Beitrag zur Welt zu leisten. Unabhängig von religiösen Überzeugungen wird deutlich, dass wir alle Teil desselben globalen Gefüges sind. In einer Welt, die zunehmend miteinander verflochten ist, können wir, insbesondere wenn es uns finanziell möglich ist, dazu beitragen, Ausbeutung und Umweltzerstörung zu vermeiden.

Indem wir nachhaltige und mitfühlende Entscheidungen treffen, fördern wir nicht nur das Wohlbefinden anderer, sondern auch unser eigenes ♥ #selbstliebe

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich hier seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und persönliche Geschichten aus meinem Leben.

Kommentare

  • Miriam

    Dieser Artikel holt mich total ab! Ich bin noch relativ am Anfang meiner veganen Reise und habe eine recht düstere Zeit hinter mir. Die Dokumentationen, die ich mir angeschaut habe, sind mir sehr nah gegangen und hat irgendwie eine Traurigkeit ausgelöst, die gefühlt nicht mehr gehen will. Also von „glücklich“ bin ich momentan noch weit entfernt und auch die vielen Diskussionen im Familien- und Freundeskreis turnen mich sehr ab. Auch, wenn ich überzeugt bin, dass es der richtige Weg ist, ist er extrem steinig :( Es ist schön zu hören, mit welcher Leichtigkeit du damit umgehst und ich bewundere deinen unermüdlichen Einsatz zu diesen Themen, die, wie ich jetzt selbst gemerkt habe, unglaublich nervig sind und viel Kraft rauben. Danke dir und liebe Grüße aus dem hohen Norden, Miri

    • Ute

      Liebe Miriam,
      ich kann dich sehr gut verstehen. In den ersten Monaten ging es mir auch überhaupt nicht gut und das ist glaube ich auch ziemlich normal, denn das, was man sich da anschaut, ist schließlich auch unfassbar grausam. Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, ist das eine Art posttraumatische Belastungsstörung (wenn es dich interessiert, Dr. Melanie Joy berichtet darüber) und da muss man schauen, wie man da wieder rauskommt. Mit anderen vegan lebenden Menschen drüber reden, sich viel Gutes tun usw., da hat sicher jede:r eine andere Strategie. Bei mir hat das bestimmt ein halbes Jahr angehalten. Ich wünsche dir viel Erfolg, es ist wahnsinnig toll, dass du diesen Schritt gegangen bist!
      Ganz liebe Grüße
      Ute

  • Toller Artikel! Informativ aber eben nicht „belehrend“, wenn du weißt, wie ich das meine!
    Besonders der Punkt mit den immer größer werdenden Autos hat mich gecatched, weil mir das in meiner Heimatstadt ständig unterkommt. Erst vor ein paar Tagen war ich auf dem Bankparkplatz und habe meinen Kleinwagen genau mittig in der Parklücke abgestellt (zumindest so zentriert, wie es per Augenmaß ging). Als ich wieder aus der Bank herauskam, stand neben meinem Auto eine kleine, stämmige Frau (würde sagen ungefähr 1,55m groß) an ihrem Range Rover, der in der Parklücke neben mir geparkt war, klappte meinen Außenspiegel ein und schlug laut fluchend ihre Autotür gegen mein Auto (zu ihrem Glück ohne einen Schaden zu verursachen). Als ich sie konfrontierte, fluchte sie mir lauf entgegen, warum ich nicht weiter von ihrem Auto weggeparkt hätte, damit sie Platz zum einsteogen hat. Ich erklärte, dass ich mich zentral in MEINE Parkplücke gestellt habe, nicht weiter zur Seite konnte, weil dort ein ebenfalls großes Auto geparkt war und sie mit ihrem Auto zu groß für die verfügbaren Parklücken sei (ihr Auto ragte links UND rechts gut 20cm in die nebenanliegenden Parplätze hinein). Sie zog dann fluchend von Dannen, aber wenn ich ein viel zu großes Auto für meinen regelmäßigen Autogebrauch habe, muss ich mir eben einen Parkplatz suchen, der für diese Autos ausgelegt ist. Es ist nicht meine Schuld, dass die wenigsten Parkplätze und Parkhäuser in meiner Heimat dafür ausgelegt sind. Da muss man beim Autokauf eben drüber nachdenken.

    • Ute

      Hallo liebe Vanessa,
      vielen Dank für deinen Kommentar und deine Eindrücke. Was SUVs angeht, habe ich auch schon einige der von dir beschriebenen Erfahrungen gemacht. Manchmal habe ich den Eindruck, beim Kauf eines SUVs wird den Menschen dieses „Ich darf alles“-Privileg übertragen, weshalb sie zum Beispiel ständig auf Gehwegen oder sehr gerne auch für Minuten auf Radwegen parken. Die Reaktionen sind dabei immer gleich, du hast es selbst erlebt. Ich gebe mir Mühe, mich nicht mehr darüber aufzuregen oder zu ärgern, denn es ist abzusehen, dass der SUV in Zukunft keine Einschränkungen erfahren wird. Traurig, aber wahr.
      Ich wünsche dir einen guten Start ins Neue Jahr und viel Muße im Straßenverkehr :)
      Viele Grüße, Ute

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