Wir leben in turbulenten Zeiten und es gibt viel, für das es sich persönlich einzusetzen lohnt. Klimakrise, Plastikmüll, mangelnder Umweltschutz, Massentierhaltung, soziale Ungerechtigkeiten, Greenwashing und politisches Versagen – um nur einige Probleme zu nennen, über die man schreiben kann. Veränderung fällt vielen Menschen schwer und jeder kleine Schritt hilft, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Wer sich allerdings schonmal per Kommentar, Blogartikel, Youtube-Video oder Post auf Instagram oder Facebook für diese bessere Welt eingesetzt hat, wird sicher festgestellt haben, dass nicht alle Leser:innen vor Begeisterung in die Hände klatschen. Im Gegenteil: man wird beleidigt, abgewertet und belächelt. Ist das nicht verrückt? Man möchte etwas Gutes tun und wird dafür auch noch bestraft.
Meinen ersten Artikel für mehr Umweltschutz habe ich bereits 2015 geschrieben und seitdem habe ich umfangreiche Erfahrungen gemacht, die ich gerne mit dir teilen möchte. Viele hören mit ihrer Arbeit oder ihrem Engagement auf und das muss nicht sein, denn für die meisten Punkte gibt es Lösungen.
1. Schütze deine Privatsphäre
Deine persönliche Sicherheit muss immer im Vordergrund stehen.
- Wenn du ein Impressum brauchst, verwende nicht deine Privatadresse. Hier gibt es Alternativen wie Agenturen oder Firmen oder auch Briefkästen, die man mieten kann. Das gilt übrigens nicht nur für einen kritischen Blog oder Account, sondern generell.
- Wenn du regelmäßig Kritik zu Umwelt- oder sozialen Themen auf Instagram oder Facebook übst, lege dir einen zweiten Account mit einem Fantasie-Namen an. Den Grund dafür erläutere ich weiter unten.
2. Umgang mit Kommentaren
Viele Influencer:innen, Blogger:innen und Instagrammer:innen können mit Kritik nicht gut umgehen. In der Regel reagieren Sie nicht auf die Kritik, sondern suchen Fehler beim Gegenüber. Alles nicht so wild. Wichtig sollte nur generell sein, dass man selbst als Kommentator:in von Anfang an sachlich bleibt und keine abwertende oder beleidigende Haltung einnimmt. Wenn du selbst auf deinem Blog oder deinem Account Kritik oder unschöne Kommentare erhältst, hier ein paar Tipps:
- Deine Einstellung: Vor allem am Anfang sind kritische Kommentare schmerzhaft, aber man gewöhnt sich daran. Daher ist es wichtig sich klar zu machen, dass unschöne Reaktionen (heute) vollkommen normal sind. Es gibt viele unzufriedene Menschen, denen es einfach besser geht, wenn sie das Gefühl haben, dass sie mit ihrem Verhalten auch anderen Unzufriedenheit bescheren können. Bei Kommentaren zu Artikeln in anderen Medien (z. B. Magazinen) niemals reagieren; selbst lesen lohnt sich oftmals nicht.
- Sachliche, konstruktive Kommentare: Es gibt durchaus Kritik, die berechtigt ist und für die sollte man sich meiner Meinung nach auf jeden Fall dankbar zeigen. (Auch, wenn’s vielleicht schmerzt.) Nobody is perfect!
- Abwertende Kommentare: Früher habe ich sie häufig gelöscht, heute lasse ich sie fast immer unkommentiert stehen. Am Ende disqualifiziert sich diese (meist anonyme) Person damit ja selbst. Aber es gibt Grenzen: Beleidigung oder Hate Speech wird gelöscht und auf sozialen Kanälen blockiert. Viele schreiben Kommentare nur, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Merkt man schnell, wenn man darauf reagiert und die Diskussion nicht enden will. Don’t feed the troll – am besten erst gar nicht antworten.
- Achtung beim Blockieren: Empfundene Ablehnung durch Blockieren kann dein Gegenüber provozieren. Den Kommentar einfach unkommentiert stehen lassen kann daher oftmals die bessere Wahl sein. Bei Instagram ist z. B. die Funktion „Einschränken“ eine Alternative.
- Klugscheißer: Erfahrungsgemäß meist Männer, die all ihr Wissen oder besser gesagt ihre Meinung kundtun möchten (meist ohne Quellen und Belege) und das auf eine sehr belehrende oder herablassende Art und Weise. Wenn man die Zeit und Lust hat, kann man darauf sachlich eingehen; ansonsten einfach unkommentiert stehen lassen.
- Zeit lassen: Wenn man merkt, dass ein Kommentar einen triggert und man darauf antworten möchte, ist es am besten, dass man sich für die Antwort etwas Zeit lässt, um sachlich und freundlich zu bleiben.
- Gendern: Leute, die sich übers Gendern aufregen, einfach nicht beachten.
Kommentare wie diese sind ein Kindergarten gegen das, was sich Aktivistinnen wie Luisa Neubauer, Greta Thunberg oder Politikerinnen wie Ricarda Lang anhören müssen. Wenn ich solche Kommentare lese, habe ich immer einen laut schreienden, kleinen Jungen vor Augen. Wie soll man einen Menschen, der weder Respekt noch Stil besitzt, ernst nehmen? Und wer offenbar sämtliche Satzzeichen wie Kommas, Punkte, Apostrophs problemlos lesen kann, aber keine Doppelpunkte, dem gilt darüber hinaus mein volles Mitgefühl.
3. Kritische Artikel und Posts sturmsicher machen
Ein beliebtes Stilmittel, um mit einem Beitrag möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen, ist Provokation, Satire oder eine bewusst einseitige Darstellung. Wer sich für diesen Weg entscheidet, wird auch mit deutlichem Gegenwind rechnen müssen und darauf muss man Lust haben. Hier sind ein paar Erfahrungen meinerseits, die es erträglicher machen:
- So sachlich und fachlich wie möglich! Wenn es um Technik, Autos, Fleischkonsum, Feminismus, Corona & Co. geht oder es sich um Themen handelt, die insbesondere Männer ansprechen, empfiehlt es sich, a) so viele Fakten und Quellen zu erwähnen wie möglich und b) seine eigene Meinung durch diese Belege sprechen zu lassen.
- Unsicherheiten vermeiden: Verwende eine klare Sprache und sei dir beim Schreiben sicher, dass du hinter all dem stehst, was du schreibst. Das ist extrem wichtig. Wenn der Text einen Fehler enthalten sollte, auf den dich jemand z. B. per Kommentar hinweist, bedanke dich herzlich und antworte öffentlich, dass du den Fehler korrigiert hast.
- Wissenswertes über Emotionen: Sorgen, Ängste oder Trauer werden bei kritischen Themen besonders von Männern (fälschlicher Weise) als Schwäche interpretiert und animiert sie dazu, in irgendeiner Form abwertend darauf zu reagieren. Auf solche Kommentare niemals reagieren oder sich schon gar nicht rechtfertigen!
- Satire: Ein beliebtes Stilmittel, das allerdings schnell zu weit gehen kann. Spott und Hohn sind kein sachlicher Umgang mit der betreffenden Person und es kann Leser:innen und Zuhörer:innen dazu verleiten, sich mit Hass und ähnlichem Getrolle weiter an der Person abzuarbeiten. Das ist alles in allem nicht gewaltfrei und meines Erachtens schwierig für ein friedliches Miteinander. Interessanter Weise erhält man bei der Anwendung von Sarkasmus selbst weniger Kritik; dafür aber ggf. die betreffende Person. Muss man abwägen…
4. Du bist Autor:in?
Traurig, aber wahr: seitdem ich verstärkt kritische Artikel, Fakten-Checks und hinterfragende Kommentare z. B. auf Instagram schreibe, häufen sich negative Rezensionen zu meinem Buch auf Amazon. Nicht die Text-Rezensionen, sondern die sogenannten „One Tap Reviews“: Es zählen nur die Sterne, sie sind anonym, somit nicht nachvollziehbar und sie werden auch nicht von Amazon zurückgenommen.
Für viele offenbar die perfekte – und vor allem einzig effektive – Rache und Entschädigung für das ihnen widerfahrene, vermeintliche Unrecht. Das ist etwas, mit dem es heute leider immer zu rechnen gilt. Auch, wenn du Gender-Sternchen verwendest, sind 1-Sterne-Rezensionen vorprogrammiert. Und umso „mächtiger“ du als Frau der Männerwelt erscheinst, umso mehr rückst du in deren Rampenlicht (Stichwort Misogynie).
Ein paar Möglichkeiten, wie du dich etwas besser davor schützen kannst:
- Habe ich leider versäumt: Bitte deine Follower:innen und Leser:innen, die dir per Mail oder Insta ein gutes Feedback geben, aktiv um eine Rezension bei Amazon. Dann lassen sich negative Rache-Akte statistisch besser verkraften.
- Hast du einen Blog oder ein Magazin, kannst du „problematischere“ Artikel unter einer/einem anonymen Gast-Autor:in veröffentlichen.
- Wenn sich dein Blog, Magazin oder Buch ausschließlich mit kritischen Beiträgen beschäftigt, sollte man sich meiner Meinung nach ohnehin gleich mit mehreren Leuten zusammentun (auch für das seelische Wohlbefinden).
- Möchtest du auf Instagram oder Facebook jemanden kritisieren oder kritisch nachfragen, lege dir hierfür ein separates Profil an; evtl. mit anderem Namen.
- Falls du ein kritisches Buch planst, ist natürlich auch die Veröffentlichung unter einem Pseudonym möglich. Allerdings fehlt hier dann die Reichweite, denn der Bekanntheitsgrad fällt hier weg.
- Als Admin von Facebook-Gruppen kannst du ebenfalls Rache-Aktionen auf Amazon erfahren, wenn du z. B. Mitglieder blockieren musst. Verwende daher als Admin lieber einen Fake-Account oder bitte eine Freundin oder andere Mitglieder, die Arbeit für dich zu übernehmen.
5. Rechtlich absichern
Solltest du selbstständig sein, einen eigenen Blog oder einen sozialen Kanal haben (über den du in irgendeiner Form Umsätze generierst) oder Bücher im Eigenverlag publizieren, lohnt sich der Abschluss einer Berufs-Haftpflichtversicherung inklusive passivem Rechtsschutz. Seitdem ich kritische Beiträge über Unternehmen, Influencer:innen und Greenwashing schreibe, habe ich mich zum Abschluss einer Versicherung entschlossen.
Mittlerweile gibt es viele Vorschriften und vor allem der Neid der Konkurrenz kann schnell mal eine Abmahnung zur Folge haben mit schlimmstenfalls ein paar tausend Euro Bußgeld. Kommt zwar nicht häufig vor, aber wenn es passiert, wird man über die Kostenübernahme durch die Versicherung dankbar sein. In Kürze findest du einen Artikel dazu hier im Blog.
6. Hass melden
Diese Maßnahme musste ich Gott sei Dank noch nicht ergreifen, aber es ist gut zu wissen, dass es für den Fall der Fälle Anlaufstellen gibt. In diesem Artikel vom Medienradar „Zwischen Beleidigungskultur und Silencing“ werden Kontakte und Webseiten genannt, an die man sich vertrauensvoll wenden kann. Auch ist eine Anzeige bei der Polizei möglich. Wer eine Berufs-/Rechtsschutzversicherung hat, kann natürlich auch selbst aktiv werden. Wer Hass erfährt, sollte dies auf jeden Fall anzeigen!
7. Der Silencing-Effekt
Dieser Effekt (Verstummen) setzt bei mir zugegebenermaßen immer mal wieder ein. 2019 schrieb ich z. B. einen Artikel „Nachhaltigkeit – ich bin raus“ und wollte mich damit (eigentlich) von nachhaltigen Themen verabschieden. Viele, die sich für Umwelt und Menschen einsetzen und aufklären wollen, verzweifeln teilweise an den heftigen Reaktionen ihrer Follower:innen. Ein Beispiel dafür ist auch dieses Youtube-Video „Warum Tierschutz Scheiße ist“ von Marc Lehmann.
Man möchte sich engagieren, Menschen oder Tieren eine Stimme geben, verdient damit oftmals kein Geld und wird dann auch noch beschimpft, abgewertet, ausgelacht oder schlimmstenfalls bedroht. Das ist wahnsinnig frustrierend, ungerecht und natürlich auch kräftezehrend. Aufhören sollte man damit, wenn die eigene psychische Gesundheit darunter zu stark leiden sollte. Dann setzt man sich vielleicht besser an einer Stelle ein, die keine aggressiven Menschen anzieht.
Fazit
Vor allem seit Corona hat die Aggressivität bei den Menschen zugenommen. Sei es im Straßenverkehr, gegenüber Rettungskräften, Ärzt:innen oder im Netz in allen erdenklichen Bereichen. Der Egoismus nimmt zu, der Respekt sinkt und die Flut an Informationen wird immer größer. Hier ist es meiner Meinung nach wichtig zu erkennen, dass die Zeiten sich geändert haben.
Und diese neuen Zeiten erfordern von uns neue Strategien und eine Kommunikation, die Menschen anders erreicht und die uns gleichzeitig besser vor Anfeindungen schützt. Aufhören sollte (sofern es wie gesagt psychisch nicht so stark belastet) keine Option sein, denn es gibt immer Mittel und Wege, wie man weitermachen kann. Solltest du Hilfe oder Unterstützung brauchen, kontaktiere mich gern für ein Coaching bzw. eine Beratung per Mail.
Wenn du Erfahrungen damit gemacht haben solltest, wie gute und kritische Kommunikation funktioniert, freue ich mich über deine Erfahrung via Kommentar unter diesem Beitrag.
Buch- und Lesetipps
- Tue etwas Gutes und werde… kritisiert!
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