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7 Gründe, warum dieser Blog weniger nachhaltig werden muss

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Blog muss weniger nachhaltig werden - Reiseblog Bravebird

Neun Jahre ist es jetzt her, dass ich meinen ersten Artikel über umweltbewusstes Reisen veröffentlicht habe. Meine einjährige Weltreise neigte sich zu diesem Zeitpunkt gerade dem Ende zu, und ich wollte teilen, was mir in den vergangenen Monaten an unterschiedlichen Orten auf der Welt aufgefallen war. Mein Blick war mehr und mehr aus der Perspektive der Einheimischen statt der einer Touristin geworden.

Im Laufe der Jahre habe ich mich weiterhin intensiv mit sozialen und nachhaltigen Themen beschäftigt und mein Leben entsprechend umgekrempelt – sowohl privat als auch beruflich. Ich war überzeugt, dass die Fakten für sich sprechen und dass ein kollektives Umdenken und Handeln stattfinden würde, um uns und unsere Zukunft zu bewahren. Ziemlich naiv, wie sich herausgestellt hat.

Dennoch habe ich viele verschiedene Ansätze ausprobiert, um Menschen auf diesem Weg mitzunehmen. Allerdings ist es erheblich schwieriger, Nachhaltigkeit im Bereich des Reisens zu vermitteln als in anderen Feldern, denn für reizvolle Reiseziele und exotische Auszeiten gibt es im Gegensatz zu anderen Konsumbereichen keine wirklichen Alternativen:

Nicht nachhaltigNachhaltige Lösung
SchnitzelVeganes Schnitzel
VerbrennerE-Auto, Carsharing, Öffis
Reise nach Australien?
Fast FashionSlow Fashion, Second Hand
Safari in Afrika?
EinwegprodukteMehrweg-/Pfandprodukte
Strom aus Kohle, Gas etc.Strom aus erneuerbaren Energien
Reise nach Asien?
Chemische ReinigungsmittelUmweltfreundliche Reinigungsmittel

Heute, neun Jahre später, sieht die Situation anders aus. Ich werde mal versuchen, dies in den folgenden sieben Aspekten auszudrücken.

1. Sinkendes Interesse

Obwohl es immer heißt, dass den Menschen hierzulande Nachhaltigkeit wichtig ist, zeigt die Realität ein anderes Bild: Die Deutschen haben 2023 ihre Auslandsreisen um 3% im Vergleich zur Zeit vor Corona erhöht. Die Unterstützung für die Klimabewegung ist drastisch gesunken: In Umfragen fiel der Anteil der Befürworter von 68% im Jahr 2021 auf 34% im Jahr 2023. Kreuzfahrten erreichten 2023 ein nie dagewesenes Rekordniveau. Die Grünen erlebten bei der EU-Wahl massive Verluste und immer mehr grüne Start-ups gehen Pleite.

Der Trend zur verstärkten Nutzung klima- und umweltschädlicher Aktivitäten geht trotz aller Nachrichten, Warnungen und Extremwetter-Ereignisse weiter in Richtung „mehr“ statt „weniger“. Ein Phänomen, das als Shifting Baselines bekannt ist: Wir gewöhnen uns einfach an die Veränderungen. Wenn die Temperaturen im Sommer höher werden, kaufen wir uns eben eine Klimaanlage oder reisen in den kühleren Norden. Wir bekämpfen Symptome statt Ursachen, und daran wird sich vermutlich auch nichts mehr ändern.

2. Eine finanzielle Belastung

Wenn man Nachhaltigkeit streng auslegt, bleiben für diesen Blog nur sehr wenige potenzielle Partner für authentische Kooperationen übrig. Hinzu kommt, dass bei sinkendem Interesse an Nachhaltigkeit immer weniger (wirklich) nachhaltige Unternehmen existieren. Diese eingeschränkten Möglichkeiten haben direkte Auswirkungen auf meine Arbeit. Da dieser Blog auf Einnahmen aus Partnerschaften und Kooperationen angewiesen ist, muss ich also entscheiden, ob ich die strenge Nachhaltigkeit aufrechterhalte und dafür den Blog aufgeben muss, oder ob ich einen Mittelweg finde, um sowohl ein angemessenes Einkommen zu erzielen als auch den Blog weiterhin am Leben zu halten.

3. Der Fokus liegt am falschen Ort

Viele Artikel in diesem Online-Magazin beschäftigen sich intensiv mit individuellem Verhalten, ähnlich wie das Konzept des CO2-Fußabdrucks, das ursprünglich von BP als Marketingstrategie entwickelt wurde, um von den wirklichen Ursachen der Umweltprobleme abzulenken und die Verantwortung auf Einzelne zu verlagern. Auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass eine Veränderung des eigenen Lebensstils wichtig ist, kann diese Fokussierung vom eigentlichen Problem ablenken: der Verantwortung von Politik und Wirtschaft.

Über 70 % der globalen CO2-Emissionen entfallen historisch gesehen auf nur 78 Unternehmen und staatliche Produzenten.

– Analyse von InfluenceMap 04/2024

Das zeigt deutlich, wo die eigentliche Ursache liegt und wo echte Fortschritte im Klimaschutz angesetzt werden müssen.

4. Ein Gerechtigkeitsproblem

Ein Thema, das mich schon lange beschäftigt. Es fühlt sich oft unfair an, wenn von uns erwartet wird, unser Verhalten drastisch zu ändern, während große Klima- und Umweltbelastungen hauptsächlich von mächtigen Akteuren oder sehr reichen Menschen verursacht werden. Ich gönne jedem seinen Wohlstand und die damit verbundenen Möglichkeiten. Trotzdem empfinde ich es als zutiefst ungerecht, wenn sich viele von uns im Klein-Klein unseres Handelns verlieren, während andere in kürzester Zeit hunderte Tonnen CO2 verursachen – und dafür oft sogar noch gefeiert werden.

Im Jahr 2019 verursachte das reichste Prozent der Weltbevölkerung genauso viele Treibhausgase wie die fünf Milliarden Menschen, die die ärmeren zwei Drittel der Welt ausmachen.

– aus dem Bericht “Climate Equality: A Planet for the 99%” von Oxfam (2023)

5. Müde von ständiger Kritik

Seit Jahren erlebe ich, wie unmöglich es ist, es allen recht zu machen – dem einen bin ich zu „linksgrün“, der anderen nicht nachhaltig oder perfekt genug. Nachhaltigkeit ist ein extrem komplexes Thema, bei dem es oft kein klares Richtig oder Falsch gibt und viele Aspekte zu berücksichtigen sind. Die ständigen Diskussionen, Vorwürfe, Mansplaining und Abwertungen sind zermürbend, besonders weil sie niemanden wirklich weiterbringen. Immer öfter habe ich mich in den letzten Jahren gefragt, ob es das wert ist – und immer häufiger musste ich das für mich mit „Nein!“ beantworten.

6. Die Last negativer Gedanken

Die Auseinandersetzung mit Umwelt- und Klimathemen, die von den Medien oft nur am Rande behandelt und von der Politik völlig unzureichend angegangen werden, wirkt sich zusammen mit der ständigen Be- und Abwertung durch Leser:innen auf Dauer zwangsläufig negativ auf die Stimmung aus und frustriert ungemein. Während gemeinnützige Organisationen im Team einen positiven Stimmungsausgleich schaffen können, ist dies als Einzelperson kaum möglich. Nach so langer Zeit möchte ich mich daher wieder vermehrt schönen Dingen und der Zuversicht widmen.

7. Es ist eigentlich alles erzählt

In den vergangenen Jahren mit Fridays for Future und unzähligen Berichten waren der Klimawandel und Umweltprobleme allgegenwärtig. Es wurde darüber gesprochen, geschrieben und diskutiert; und es gibt wahrscheinlich kaum jemanden, der nicht zumindest in groben Zügen versteht, um was es geht und was auf dem Spiel steht. Eigentlich gibt es daher nur noch wenig, das hinzugefügt werden könnte. Zwar fallen mir noch einige weitere Aspekte ein, aber ich weiß schon jetzt, dass ich dafür viel unentgeltliche Arbeit investieren müsste, die am Ende keinen wirklichen Effekt hat – außer, dass mich möglicherweise wieder ein paar Schlauberger eines Besseren belehren wollen.

Fokus neu ausrichten - Reiseblog Bravebird

Fazit: Den Fokus neu ausrichten

Durch das Thema Nachhaltigkeit sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie habe ich meinen roten Faden verloren. Es war nicht leicht, meine große Leidenschaft für das Reisen gegen Verzicht einzutauschen. Und wenn man Verantwortung übernehmen und Menschen mitnehmen möchte, dabei aber auf Einnahmen verzichten muss, Anfeindungen ausgesetzt ist und das Engagement keine oder zu wenig Resonanz findet, ist das nicht nur frustrierend, sondern letztlich auch wenig zielführend.

Ich werde, wie bereits 2022 angekündigt, wieder Flugreisen integrieren. Statistiken zeigen, dass der Flugreiseverkehr in den kommenden Jahren kontinuierlich und massiv steigen wird. Daher halte ich es für sinnvoller, sich darauf zu konzentrieren, wie man Flugreisen wenigstens sozial nachhaltig (fair) gestalten kann, um so einen positiven Beitrag zu leisten. Gleichzeitig erscheint es mir effektiver, Organisationen zu unterstützen, da diese über die Ressourcen und rechtlichen Mittel verfügen, um wirkungsvolle Maßnahmen gegen Umwelt- und Klimaprobleme zu ergreifen.

Nach reiflicher Überlegung bin ich nun dabei, die Ausrichtung dieses Blogs anzupassen. Die Veränderungen durch die Corona-Pandemie und die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse haben mir bewusst gemacht, dass ich den Kurs ändern muss. Auch wenn es mir nicht leichtfällt, von meiner Überzeugung abzuweichen, möchte ich mich wieder mehr den Dingen widmen, die mir Freude bereiten. Und ich hoffe, dass du auf dieser Reise weiterhin dabei sein wirst.

Weitere Artikel zum Thema

Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich hier seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und persönliche Geschichten aus meinem Leben.

4 Kommentare

  • Puh Ute, das klingt einfach wahnsinnig anstrengend! Es ist so unglaublich verrückt, dass diejenigen, die sich für etwas einsetzen, kaum eine Chance haben, und sich kapitalistisches Zeug immer durchsetzt. Sorry für die Ausdrucksweise. Ich könnte glatt daran verzweifeln, ich trage auch keinen Heiligenschein, bin alles andere als perfekt,, aber das, was man so hört und liest, ist einfach schlimm. Ich folge dir schon längere Zeit und finde deinen Mut zur ständigen Veränderung bewundernswert. Andere lassen das wahrscheinlich einfach sein und machen was anderes. Ich bin sehr gespannt, welche Themen jetzt kommen werden. Danke dir für die Offenheit und die Ehrlichkeit! Liebe Grüße aus der Pfalz

  • Liebe Ute, ich kann wirklich nur den Hut ziehen vor side, dafür dass du so offen und reflektiert deine Gedanken mit uns teilst und uns nicht nur deine neue Ausrichtung vorstellst, sondern auch auf den Weg dahin mitnimmst! Ich bin natürlich dabei und freu mich, auf das, was kommt ☺️

  • Liebe Ute, all das was du schreibst, kann ich nur unterschreiben.

    Ich bleibe dir auf jeden Fall als treue Leserin treu!

    Liebe Grüße,

    Jasmin

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