Zuletzt aktualisiert am 14. März 2021
Nicht erst seit Corona und den damit einhergehenden Konsequenzen für den Tourismus beschäftigt mich diese Frage, bei der es nicht nur darum geht, wie man ein ausreichendes Einkommen erzielen kann, sondern auch um alle anderen Aspekte, die diesen Beruf ausmachen. Vor sieben Jahren hatte ich diesen Blog sozusagen als Hobby gestartet in der Hoffnung, dass daraus irgendwann einmal vielleicht mehr werden kann.
Die Vision ist Realität geworden: 16 Monate später gab ich meinen Vollzeitjob auf, weitere 16 Monate später meldete ich mein Kleingewerbe an und konnte erste kleinere Einnahmen verzeichnen. Klingt eigentlich nach einer ganz positiven Entwicklung – zumindest wenn man außer Acht lässt, dass ich in dieser Anfangsphase mit meiner gesamten, aufwendigen Arbeit mit diesem Blog und meinen sozialen Kanälen im Laufe von 2 ½ Jahren keinen einzigen Cent verdient habe.
Inhaltsverzeichnis
“Kann man denn davon leben?”
So oder so ähnlich lautet von Beginn an die meist gestellte und berechtigte Frage an mich zum Beruf der Reisebloggerin, die ich bislang immer ausweichend beantwortet habe. »Kommt darauf an…«, sagte ich meist und schloss noch einige beruhigende “Wenn, dann”-Floskeln hinten an. Heute ist meine Antwort darauf konkreter, die da lautet:
Da es diese Seite aber trotz dieser ernüchternden Aussage immer noch gibt (und geben wird) und mich regelmäßig Emails von Lesern erreichen, die ihr zukünftiges Leben anders gestalten und mit einem Blog in eine neue Zukunft starten möchten, werde ich nachstehend einmal ausführlich auf die wichtigsten Aspekte dieses Berufs eingehen, die man meiner Meinung nach wissen und kennen sollte.
Worin liegen die Vorteile eines Blogs?
Hier gibt es keine so ganz pauschale Antwort, da sowohl Persönlichkeit und Inhalte entscheidend sind als auch die Aspekte, die der/dem Gründer:in persönlich wichtig sind. Daher ist dies hier in erster Linie eine tendenziell subjektive Darstellung meiner langjährigen Erfahrung mit meinem Reiseblog und allem, was dazu gehört. Ich erwähne im Anschluss auch das jeweils dazugehörige Bedürfnis, da Bedürfnisse natürlich auch im Berufsleben von enormer Wichtigkeit für das eigene Wohlbefinden sind:
- Inspiration! Man kann Menschen auf ihrem individuellen Weg weiterbringen, Informationen und Sichtweisen vermitteln, helfen und Bewegungen starten. Wenn ich Emails, Kommentare oder Nachrichten mit persönlichen Erfahrungen erhalte, freut mich das wahnsinnig. Es gibt für mich nichts Bereicherndes, als Menschen in ihren Gefühlen berühren oder in irgendeiner Form weiterhelfen zu können. Das ist für mich ein riesengroßes Geschenk und die größte antreibende Kraft! (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Wertschätzung, Sinn)
- Ortsunabhängig arbeiten! Damals war genau das der wichtigste Faktor, aus meinem alten Job rauszukommen: selbst entscheiden können, wann man wie viel arbeitet. Toll ist definitiv, an jedem Ort der Welt – nur mit Laptop und Handy bewaffnet – arbeiten zu können. All das hat auch Nachteile, aber dazu später. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Freiheit, Selbstbestimmung)
- Austausch! Muss man mögen und wollen – und dann ist er sehr bereichernd: ich habe schon viele schöne Bekanntschaften gemacht, die ich nicht missen möchte. Aber ich lerne auch sehr viel von anderen und das möchte ich persönlich nicht mehr missen. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Verbindung, Gemeinschaft)
- Individualität! Ein paar Dinge lernt man relativ schnell, sobald man online ist: 1. Man braucht eine gewisse Authentizität und 2. Man sollte sich bestenfalls irgendwie vom Mainstream abheben können. Hierbei muss man sich zwangsläufig mit Fragen über sich selbst auseinandersetzen: Wie wirke ich eigentlich nach außen? Was muss ich verbessern? Wie kann ich mich besser darstellen? ( ↠ Erfüllte Bedürfnisse: Identität, Authentizität)
- Produkte entwickeln! Ab einer gewissen Community-Größe lassen sich eigene Produkte entwickeln und natürlich auch verkaufen. Crowdfunding, Shop zum Blog, Webinare – hier ist alles möglich, wenn man etwas Gutes auf Lager hat. Viele werden einen hier unterstützen wollen. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Kreativität, Erfolg)
- Bücher schreiben! Wovon viele Menschen träumen, kann mit einer gewissen Reichweite und etwas Talent zum Schreiben relativ einfach Wirklichkeit werden. Viele Blogger:innen kommen in den Genuss, dass Verlage auf einen zukommen und fragen, ob man etwas gemeinsam gestalten möchte. Normalerweise ist es umgekehrt mit Warten und Hoffen. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Anerkennung, Gesehen werden)
- Reflexion! Ein total wichtiger Aspekt. Mit jedem Artikel oder Beitrag lerne ich durch die Resonanz von Leser:innen etwas dazu. Ohne diesen Blog und die Rückmeldungen über die Kommentare hätte ich zum Beispiel nie erfahren, dass ich ganz gut schreiben kann. Ich lerne also ebenso etwas über mich selbst als auch über gesellschaftliches Denken und Handeln und das empfinde ich als extrem bereichernd und außerdem hilfreich für weitere Beiträge. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Lernen, Wachstum)
- Publicity! Wie die meisten meiner Leser:innen wissen, bin ich so ziemlich das Gegenteil von einem Selfie-Junkie, der gerne in der ersten Reihe steht, und doch ist es eine sehr schöne Bestätigung, wenn man in den öffentlichen Medien ein beliebter Interview-Gast ist oder als lesenswert erwähnt wird. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Anerkennung, Bestätigung)
- Pressereisen! Solange es nur ein nebenberufliches Hobby ist, sind Pressereisen zu außergewöhnlichen Destinationen eine klasse Sache. Hier habe ich viele besondere Erlebnisse gehabt, die ich mir zum Teil privat nie hätte leisten können; sei es z. B. ein verlängertes Wochenende in Monte Carlo in exklusiven Luxushotels und Sterne-Restaurants oder in exotischen Unterkünften in Japan. (↠ Erfüllte Bedürfnisse: Abenteuer, Leichtigkeit)
Wie man an der Illustration nach Maslow sehen kann, werden mit einem Blog demnach in erster Linie die oberen drei Stufen erfüllt. Diese sollten allerdings eigentlich erst nach den beiden wichtigsten Stufen 1 und 2 kommen, indem ein gutes Einkommen mit der damit verbundenen Sicherheit gewährleistet ist (Dach über dem Kopf, Verpflegung, Krankenversicherung, Altersvorsorge usw.). Dies ist jedoch bei einem Blog – zumindest in den ersten Monaten und ggf. Jahren – nicht der Fall und das muss man wissen.

Wie verdient man mit einem Blog Geld?
Wer seine Erfahrungen, Bilder oder Gedanken mit anderen über einen Blog und soziale Kanäle teilen will, hat wahrscheinlich zunächst gar nicht das Bedürfnis, damit auch Geld zu verdienen. Solange es nur ein Hobby ist und man anderen weiterhelfen oder neue Kontakte knüpfen kann, ist das auch völlig in Ordnung.
Längerfristig sollte man aber darauf achten, dass Geben und Nehmen im Einklang steht. Anerkennung von Leser:innen ist toll, aber wenn auf Dauer die kreative Leistung nicht auch eine monetäre Wertschätzung erfährt, kann das im Laufe der Zeit ziemlich deprimierend sein. Da es vielen Blogger:innen so geht, ist das wahrscheinlich nicht zuletzt der Grund, warum ein Großteil nach einigen Monaten aufgibt.
Welche Möglichkeiten gibt es also, um mit seinem Blog Geld zu verdienen? Nachstehend habe ich die gängigsten Varianten aufgeführt. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass die Haupteinnahmequelle in erster Linie Werbung sein wird, sofern man keine eigenen Produkte verkauft:
- Pressereisen: Um von Tourismusämtern oder PR-Agenturen verschiedener Destinationen bzw. Länder eingeladen zu werden, braucht man zwar zunächst eine gewisse Reichweite und Bekanntheit, hat dann aber auch eine ganz gute Auswahl. Für Fernreisen gibt es meist keine Bezahlung, für Trips innerhalb Europas hingegen schon. Für 3 bis 7 Tage Pressereise kann man 1.000-3.500 Euro netto inklusive Reisekosten erhalten. Natürlich muss man für alles auch eine nicht zu unterschätzende Gegenleistung erbringen, d. h. möglichst gute Fotos auf Instagram posten, Insta Storys bereitstellen, einen ausführlichen Blogartikel schreiben (dauert bei mir mit Bildbearbeitung & Co. mindestens so viele Tage wie die Reise selbst) usw. usw. Hierbei ist zu beachten, dass viele Reisen nicht unbedingt Spaß machen müssen. Oft ist das Programm nicht passend und nicht selten hetzt man von einem Programmpunkt zum nächsten. Es ist also nicht so, dass es sich dabei einfach nur um eine schöne, bequeme Reise sozusagen für lau handelt – das ist ein Mythos!
- Webinare & Online-Kurse: Soweit ich es beobachte, ist es die einzige, wirklich effiziente Möglichkeit, ein gutes bis überdurchschnittlich gutes Einkommen zu generieren. Hierfür braucht man aber eben auch ein spezielles Wissen über etwas, das die Leser:innen und Follower interessiert und weiterbringt. Natürlich muss man hierfür auch ein entsprechendes Marketing an den Tag legen und seine Produkte schmackhaft machen können.
- Advertorials: Eine angenehme Einnahmequelle, sofern es zum Blog passt: Man schreibt für ein Unternehmen oder eine Region einen Gastbeitrag (ohne zu verreisen) und veröffentlicht diesen auf seinem Blog. Hierfür erhält man meist professionelle Fotos des Produkts, der Unterkunft oder was auch immer beworben werden soll und verfasst den Artikel in seinen eigenen Worten. Mit etwas Glück ist es ein Beitrag, den man vielleicht ohnehin – also auch ohne Einnahmen – geschrieben hätte, weil man von dem Produkt oder der Region 100% überzeugt ist. Mit einem kleinen oder noch jungen Blog erhält man vielleicht 200 Euro netto für einen Beitrag, Blogs mit großer Reichweite erhalten dafür bis zu 1.000 Euro netto. Problem ist nur, dass man für ein gutes Einkommen etwa vier Beiträge im Monat schreiben müsste – und dieses Angebot bietet sich leider nicht.
- Affiliates: Darunter versteht man Banner oder im Text untergebrachte Links, die zu Produkten, Büchern oder Dienstleistungen führen, für die man eine Provision erhält, wenn es zu einem Kauf kommt. Klassische Unternehmen und Produkte sind bei den Reiseblogs z. B. Amazon, DKB, Booking.com, GetYourGuide und weitere. Manche bieten eine pauschale Provision von etwa 30-60 Euro pro Buchung, andere Werbepartner zahlen eine Provision von z. B. 5 % vom Kaufpreis.
- Diverse Kooperationsmöglichkeiten: Das wäre zum Beispiel Product Placement oder Sponsoring. Man bekommt einen Artikel zugeschickt (Kleidung, Kosmetik, Elektronik o.ä.) und postet damit ein Bild in einem Blogartikel, auf Instagram oder Youtube. Dafür erhält man einen im Vorfeld vereinbarten Betrag. Je nach Follower-Anzahl liegen die Einnahmen pro Bild zwischen 50 Euro bis 3.000 Euro oder noch höher.
- Bücher & eBooks: Wenn man eine gewisse Community-Größe aufgebaut hat, ist die Chance relativ groß, gleich nach Erscheinen des eigenen Buchs eine Menge Bücher verkaufen zu können. Wer nicht über einen Verlag gehen möchte, kann sein Werk inzwischen auch ganz einfach über eigene Wege vertreiben. Die Einnahmen über ein Verlagsbuch sind verhältnismäßig gering; wenn man also keinen Bestseller schreibt, dient ein Buch daher mehr der Reputation als einer guten Einkommensquelle.
- Vorträge: Sofern man mit einem bestimmten Fachwissen auf seinem Blog auffällt, werden mit der Zeit Magazine und Unternehmen auf einen aufmerksam. Hier kann es vorkommen, dass man für Vorträge oder als Speaker:in gebucht wird. Wer Spaß daran hat, kann sich auch initiativ dafür bewerben. Schließlich hat man mit einem Blog eine ausdrucksstarke Visitenkarte vorzuweisen.
- Blog-Abos: Eigentlich eine klasse Idee, ist aber (noch) nicht sonderlich populär. Mit einem Abonnement kann man sich mit ein paar Euro im Monat von seinen Leser:innen finanziell unterstützen lassen. Programme hierfür gibt es z. B. bei Steady, donorbox oder Patreon. Das wäre eigentlich die beste und fairste Variante, bei der man mit dem Blog bei ausreichender Unterstützung sogar auf Werbung verzichten und nur noch authentisch arbeiten könnte.
- Coaching: Sofern man Profi auf einem Gebiet ist und viele Fragen von Leser:innen erhält, sollte man das nicht verschenken (so nett das Gegenüber auch sein mag), sondern hier kostenpflichtige Beratungen anbieten. Als Selbstständige:r sollten mindestens 80 Euro pro Stunde berechnet werden.
Um einen Umsatz von 3.000 Euro im Monat zu generieren, müsste ich im Idealfall mindestens eine kurze Pressereise für etwa 1.300 Euro durchführen, zwei Advertorials (Gastbeiträge für Unternehmen oder Regionen) für jeweils ca. 600-800 Euro schreiben und den Rest über Werbung (Kooperationen mit Firmen für z. B. Instagram-Postings) sowie Provisionen über Werbe- bzw. Affiliate-Links generieren. Warum das den wenigsten Blogger:innen gelingen wird, erkläre ich weiter unten.
Wie viel Zeit nimmt ein Blog in Anspruch?
Ein Blog mit dem ganzen Drumherum ist eine riesige Zeitfressmaschine! Man schreibt nicht nur einfach einen Artikel – wie es für Außenstehende oft aussehen mag -, sondern es gibt noch sehr viele weitere Aspekte, um die es sich täglich zu kümmern gilt. Hier eine kleine Übersicht der klassischen Aufgaben und Aktivitäten, die in ihrem Umfang und Zeitaufwand stark von der Größe des Blogs und den sozialen Kanälen abhängen:
- Blog-Artikel: Dauert bei mir je nach Inhalt im Durchschnitt 3-5 Tage pro Beitrag. Hierzu zählt die Recherche, manchmal Telefonate, Bildauswahl und Anpassung der Bildgrößen, ggf. Erstellung von Illustrationen, Textgestaltung und Layout, SEO, Erstellung von Affiliate-Codes, Verbreitung des Artikels nach Veröffentlichung auf allen sozialen Kanälen. Meine Erfahrung zeigt, dass sich gute Recherche und hohe Qualität (dafür vielleicht weniger Beiträge) absolut auszahlt.
- Soziale Kanäle: Für einen Blog wie diesen ist Instagram mittlerweile der wichtigste soziale Kanal. Ohne Instagram-Aktivität wird man kaum Anfragen für Kooperationen erhalten und muss daher (eigentlich) dort richtig Gas geben, um gute Aufträge zu erhalten. Pinterest ist außerdem ein wichtiger Faktor, wofür man auch nochmal spezielle Designs erstellen muss (z. B. über Canva), um dort auf seine Artikel aufmerksam zu machen. Wer Youtube nutzt, kennt den hohen Aufwand für das Filmen und anschließende Schneiden, der sich allerdings oft auszahlt.
- Interaktion: Kommunikation und Austausch sind elementare Bausteine bei einem aktiv betriebenen Blog. Kommentare, Emails und Nachrichten von Leser:innen wollen beantwortet werden und das kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Wenn ich zum Beispiel an einem Tag mal 10 Insta-Storys poste, die viele emotional ansprechen, können darauf innerhalb der 24 Stunden bis zu 70 Reaktionen folgen; manchmal nur Emojis und manchmal längere Small Talks und da können schnell insgesamt bis zu drei Stunden am Tag draufgehen.
- Emails: Anfragen, Pressemitteilungen & Co. Etwa 98% aller Emails und Anfragen für meinen Blog kommen für mich nicht in Frage, was eine ziemlich unglückliche Zeitvergeudung darstellt. Zudem erhält man viele unnötige Emails, weil man ungefragt in irrelevante Presseverteiler eingetragen wurde usw.
- Side Effects: Bei einem Großteil der Kooperationen (egal, ob Pressereise oder eine andere Zusammenarbeit) habe ich die Erfahrung gemacht, dass Agenturen und Unternehmen nicht strukturiert arbeiten, wodurch häufig ein riesiges Ausmaß an Schriftverkehr entsteht. Bei manchen Pressereisen, die ja meist nicht mehr als 3-8 Tage dauern, können sich vorher, während und nach der Reise insgesamt bis zu 70 Schriftwechsel ergeben. Meistens sind darin noch 3-4 aufgrund der Zahlungserinnerung enthalten…
- Checken der täglichen Zahlen: Wer aktiv dabei ist, wird höchstwahrscheinlich dazu übergehen, in regelmäßigen Abständen seine Zahlen zu checken: Zugriffe pro Stunde, neue Follower, neue Likes usw. Das kann in eine unschöne Gewohnheit führen, die einen eigentlich nicht wirklich weiterbringt und gleichzeitig viel unnötige Zeit kostet.
Fazit: Man verballert mit einem Blog extrem viel Zeit mit überwiegend unsichtbaren Dingen, die – sofern es sich nicht gerade um eine Auftragsarbeit handelt – allesamt nicht bezahlt werden. An den meisten Tagen im Monat verdient man daher keinen Cent (außer vielleicht durch Affiliate-Einnahmen und Banner-Werbung), obwohl man die ganze Zeit über eine qualitativ hochwertige Leistung erbringt und seine Leser:innen mit Info- und Entertainment versorgt.
Die negativen Seiten eines Reiseblogs
Wenn man nach den Nachteilen dieses Berufs googelt, der übrigens nicht selten als “Traumjob” deklariert wird, findet man fast nur oberflächliche Argumente, die auf jeden Job zutreffen könnten, z. B. “Reisen kann auch stressig sein”, “Man muss sich um alles selbst kümmern”, “Man muss Höhen und Tiefen in Kauf nehmen” oder “Die Konkurrenz ist groß”. Dabei gibt es eine Menge unangenehmer und auch ärgerlicher Faktoren, die man meiner Meinung nach zur Sprache bringen muss! Here we go:
- Image: Für den Beruf “Blogger:in” (ebenso Instagrammer:in und Youtuber:in) muss man keine Ausbildung absolvieren, nicht studieren und keinen Abschluss machen. Jede:r ist heutzutage in der Lage, eine Webseite zu erstellen oder einen Kanal zu eröffnen und seine Meinung über Gott und die Welt mit ebensolcher zu teilen – unabhängig von der Intelligenz oder Sinnhaftigkeit. Für Außenstehende ist man daher automatisch Blogger:in, wenn man einen Blog hat. Und wenn man als Blogger:in Werbung macht, wird automatisch die Schublade “Influencer” aufgemacht – ob man will oder nicht. Da diese Bezeichnung alles andere als positiv belegt ist, wird man dies bei vielen Gelegenheiten zu spüren bekommen: als Speakerin (und Frau) wird man in einer Liste mit anderen Rednern gern schonmal ganz zum Schluss erwähnt oder bei Buchverträgen hört man im Subtext durch, dass man nur eine ganz kleine Nummer in deren System ist. Davon habe ich etliche Beispiele auf Lager. Aber auch im privaten Bereich sind Sätze bei Bekannten wie “Ich werde doch nicht glauben, was eine Influencerin sagt.” Alltag. In den vergangenen sieben Jahren wurde ich kein einziges Mal gefragt, was mein Beruf “Kommunikationswirtin” eigentlich bedeutet, weil mit den beiden Schubladen “Bloggerin” und “Influencerin” scheinbar schon alles gesagt zu sein scheint.
- Einkommen: Wenn man für seine Artikel bzw. seine gesamte Arbeit ein Einkommen generieren möchte, funktioniert das meist nur über die Kompensation, eine möglichst große Menge Werbung zu integrieren. (Es sei denn, man entwickelt eigene Produkte, Kurse oder Bücher). Je mehr Werbung man macht, umso mehr wird man seine Authentizität verlieren – und das ist ein hoher Preis, den man zahlt. Und wem ökologische und soziale Gerechtigkeit wichtig ist, wird nur extrem wenig Werbung einbinden können (mehr dazu im nächsten Punkt). Fakt ist: Die wenigsten Reiseblogger:innen können allein vom Blog leben; und wenn, dann ist das oft ein extrem zeitintensiver Job. Einen mehrwöchigen Erholungsurlaub wie früher gibt es bei diesem Beruf nicht mehr und viele sind natürlich auch am Wochenende aktiv.
- Schöne heile Welt: Private Reisen gehören zum Freizeit-Sektor, bedienen den Grundgedanken eines “Besseren Lebens” und gehören in der Bedürfnispyramide erst ganz zum Schluss in die Selbstverwirklichung. Entgegen der klassischen Nachrichten, in denen “Only bad news are good news” zählt, ist im Bereich Reise exakt das Gegenteil der Fall. Hier wird hochgelobt, angepriesen und geschwärmt, bis sich die Balken biegen. Selten wird man in Reiseführern von nicht so schönen Ecken lesen oder zu welchen Zeiten bestimmte Orte vom Massentourismus überschwemmt werden. Nein, alles ist immer ganz wunderbar! In Blogs, Reisemagazinen und natürlich auf Instagram sind überglückliche Menschen zu sehen: in Blumenfeldern, mit wehenden Kleidern und Hut oder Weinglas in der Hand. Viele Blogs vermitteln das Gefühl, man bräuchte heute alles für sein privates Glück: exotische Fernreisen, fancy Citytrips und zusätzlich noch ein großes Wohnmobil. Problem ist nur, dass es diese heile Welt längst nicht mehr gibt, sondern genau diese Aktionen zu mehr Massentourismus und mangelndem Umweltbewusstsein führen.
- (Versuch der) Ausbeutung: Im Laufe der Jahre wird man diverse Angebote erhalten, die in die Kategorie “Unverschämt” fallen. Sei es die PR-Agentur von Apple, die einem ein ein Jahr altes, gebrauchtes Handy für drei Monate leihen möchte, damit man dafür als Gegenleistung einen Blogartikel schreibt. Oder diverse Reiseunternehmen, die einem die grandiose Teilnahme an einer Verlosung eines 150 Euro Gutscheins versprechen, wenn man neben zwanzig anderen Blogs einen wohlwollenden Artikel über sie schreibt. Oder der Verlag, der für einen 13-seitigen Beitrag in einem Buch 200 Euro bezahlt (nach Steuern sind das etwa 140 Euro) für etwa drei Tage Arbeit plus gesamter Email-Verkehr plus Nacharbeiten nach Lektorat. Hätte ich die gleiche Zeit z. B. als Putzkraft gearbeitet, hätte ich das Doppelte verdient.
- Warten aufs Geld: Das Problem haben viele Selbstständige und ist ein Punkt, der mich regelmäßig auf die Palme bringt. Die Kooperation wird meist mehrere Wochen vorher vereinbart, alles ist besprochen, alles wird pünktlich und einwandfrei geliefert – und doch erhält man sein Geld oft erst 6-8 Wochen nach Rechnungslegung, obwohl es explizit anders vereinbart war. In meinem Fall muss ich bei etwa 80% aller Vertragspartner mahnen und das meist mehrfach mit entsprechend ärgerlichem Austausch. Ein wertschätzender Umgang sieht anders aus.
- Missbrauch von Fotos und Texten: Regelmäßig wird die ganze Webseite mitsamt allen Unterseiten und Texten kopiert und mit anderem Logo versehen veröffentlicht, Fotos von mir oder aus dem Blog tauchen auf anderen Seiten auf oder mal werde ich auch darauf hingewiesen, dass sich jemand mit meinem Gesicht und vielen Fotos aus dem Blog mit dem Namen XY ein Fake-Profil auf Facebook gebastelt hat. Es gibt Portale, die den Missbrauch von Fotos ahnden und manchmal erhält man dann auch eine Provision nach erfolgreicher Eintreibung der Gebühren, aber es ist sehr mühselig. Darunter leiden sehr viele Blogger:innen und zugegebenermaßen stumpft man da irgendwann ab und lässt es wie es ist. Strafanzeigen bringen leider meist nichts.
- Social Media: Ohne die sozialen Medien kommt man nicht weit, wenn man mit seinem Blog eine möglichst große Reichweite erzielen möchte. Und das muss man eben auch mögen und nicht zuletzt können. Ich für meinen Teil hätte ohne diesen Blog keinen einzigen aktiven Account, d. h. ich würde einige davon zwar zum Lesen von News und Infos nutzen, aber selbst würde ich privat weder Fotos posten noch mich irgendwo aktiv beteiligen. Mir fällt das Posten von Beiträgen daher nicht nur schwer, sondern mich stört dabei insbesondere die tagtägliche Konfrontation mit Beiträgen aus der heilen Insta-Reisewelt, die zu einem Großteil dazu beitragen, dass mir das Reisen immer weniger Freude bereitet. Dazu gehört neben dem Massentourismus unter anderem der Selfie-Wahn mit Wildtieren, um nur zwei von vielen Aspekten zu nennen.
- Pressereisen: Kostenlos reisen und in schönen Hotels wohnen klingt erstmal ziemlich verführerisch, doch da gibt es solche und solche Reisen. Manche Programme sind superklasse, manche passen thematisch nicht so richtig zur eigenen Zielgruppe, manche sind mit einem vollgepackten 14- bis 16-Stunden-Tag sehr anstrengend und manche Gruppenreisen können bei sehr unterschiedlichen und teils sehr anspruchsvollen Teilnehmer:innen – vorsichtig formuliert – eine größere Herausforderung darstellen. Und wenn viele nicht so schöne Pressereisen aufeinander folgen, kann die eigene Reiseleidenschaft darunter enorm leiden.
- Veränderung des Reiseverhaltens: Abgesehen davon, dass man eigentlich keinen privaten Urlaub mehr macht, wird jede Reise für den Blog genutzt und dadurch reist man letzten Endes anders. Um für einen Artikel bzw. ein Reiseziel möglichst viel Inhalt und Fotos zu haben, werden noch verschiedene andere Plätze angepeilt, obwohl man die normaler Weise gar nicht besucht hätte. Und das kann schonmal für schlechte Laune sorgen.
- Werbung: Selbst, wenn man nur ganz wenig und selten Werbung macht, wird dieses Wort im gesamten Blog und in den sozialen Kanälen ständig auftauchen müssen. Wenn man etwas selbst gekauft hat und gerne empfehlen möchte, ist es unbezahlte Werbung ohne Auftrag. Eine Pressereise gilt als Werbung. Ein Affiliate-Link ist als Werbe-Link zu deklarieren. Eine private Reise sollte sicherheitshalber auch als unbezahlte Werbung angegeben werden. Ein Buch ist Eigenwerbung. Diese Darstellungs-Pflicht ist unfassbar nervig und hier wird einem selbst bewusst, dass man zu einem Werbehörnchen degradiert wird – ob gerechtfertigt oder nicht. In jedem Fall wäre es schöner, sein Geld auf andere Art und Weise zu verdienen und sich seine Produkte und Reisen nach eigenen Wünschen zu kaufen, statt alles Mögliche mit einem Lächeln vor die Kameralinse halten zu müssen.
- Hass: Wer online aktiv ist und die (Um-) Welt oder gesellschaftliche Aspekte kritischer betrachtet, gerät vollautomatisch in den Fokus von Klugscheißern und Hatern. Besonders nervig sind die überwiegend männlichen Superhelden, die einem die Welt erklären wollen. Sie wollen einem Vorschriften machen, unterstellen die kuriosesten Dinge und manche kommentieren in ihrer Selbstverliebtheit mit einer urlangen Analyse in der Annahme, dass sie den totalen Durchblick hätten. Es braucht Zeit, sich daran zu gewöhnen und nach einiger Zeit ist es dann so normal, dass man das gar nicht mehr durchliest und einfach nur löscht. Je mehr Erfolg man (besonders als Frau) in Bezug auf Follower, Reichweite und öffentlichem Erscheinungsbild hat, umso heftiger können Kommentare werden. Ein Extrem-Beispiel kann man sich bei der Aktivistin Luisa Neubauer auf Twitter, Amazon oder Instagram anschauen, was ist zutiefst verstörend finde. Über die Hintergründe habe ich einen ausführlichen Artikel geschrieben “Tue etwas Gutes und werde… kritisiert!“.
- Herzenswünsche: Fragen, die Blogger:innen immer stark in Verlegenheit bringen, sind die persönlichen Herzensangelegenheiten: Ein neues Crowdfunding-Projekt, ein neues Buch, ein soziales Projekt in Afrika, die erkrankte Schwester, eine Umfrage für eine Bachelor-Arbeit usw. – all diese Emails und Nachrichten mit der Bitte um Hilfe, Unterstützung und Teilen in den sozialen Kanälen flattern regelmäßig ins Postfach. Ja, die meisten von uns sind wahnsinnig nett und wirken oft wie eine Freundin, weil wir viel Persönliches mit unseren Leser:innen teilen. Nur leider müssen wir hier fast immer mit einem “Leider nein…” antworten, weil wir das einfach nicht liefern können. Christine beschreibt es in ihrem Artikel »Nein. Es tut mir leid. Ich kann nicht.” treffend: “Wenn ich all die Anfragen, die reinkommen auch noch thematisieren würde, dann wäre ich nicht mehr Lilies Diary. Dann wäre ich eine Promo-Plattform für Herzensprojekte.« Wenn man seine Bitte trotzdem äußern möchte, möchte ich der Wertschätzung halber ans Herz legen, den Aspekt Geben und Nehmen nicht zu vergessen. Was kann man denn anbieten, damit man mir vielleicht bei meinem Anliegen hilft?
- Neid: In der ersten Phase, in der man noch unbedeutend ist, wird man diesbezüglich keine Probleme haben. Sobald man aber eine konkurrenzfähige Größe erreicht, wird es anspruchsvoller. Man sagt ja “Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung” und es dauert seine Zeit, bis man kritische oder bissige Bemerkungen oder Kommentare anderer Blogger:innen als solche wegsteckt. Nach einigen Erlebnissen diesbezüglich und aus anderen Gründen nehme ich inzwischen nicht mehr an Gruppen-Blogger-Reisen teil und halte mich auch sonst von Treffen, Messen usw. fern.
- Ständige Veränderung: Veränderung sehe ich zwar grundsätzlich als etwas Positives an, aber in diesem Fall hat sie auch ihre Schattenseiten. Allein im Laufe der letzten Jahre ist viel passiert: Während bis vor noch gar nicht allzu langer Zeit Facebook der wichtigste Kanal war, hat ihm Instagram mal eben den Rang abgelaufen und da heißt es: schnell sein und mitmachen. Seitdem ist noch Pinterest (plötzlich hochformatige Fotos) und seit Neuestem TikTok hinzugekommen. Videos werden immer wichtiger und Podcasts ebenfalls, weshalb man sich hier eigentlich ebenfalls umstellen müsste, um am Ball zu bleiben. Auch die Darstellung in der Kommunikation z. B. in den Insta Storys hat sich verändert. Weil Menschen immer mehr und schneller konsumieren, muss man inzwischen auch viel mehr erklären, also wie etwas gemeint ist und warum man etwas so oder so schreibt. Ein bisschen crazy, ehrlich gesagt. Aber es gibt natürlich auch die eigene Veränderung. Während ich mir damals eine Zielgruppe erschaffen habe, die das Vielreisen liebt, habe ich mich selbst in wenigen Jahren um 180° gedreht und schreibe heute über nachhaltiges, langsames Reisen. Ein nach außen hin sehr schwieriger Wandel, weil natürlich meine Community und Reichweite wichtig sind für mein Fortbestehen und meine Einkünfte über den Blog.
- Verantwortung: Sie ist irgendwo in jedem Beruf mehr oder weniger wichtig, aber sobald man als reichweitenstarke bzw. authentische “Influencerin” gilt, wird sie größer und wichtiger. Ich habe die Auswirkungen früher unterschätzt und überlege heute mehr denn je, ob ich die eine oder andere Sache verantworten kann. Nehmen wir das Beispiel “Wild campen”: Egal, ob mit dem Wohnmobil bzw. Van, wie es ja heute heißt, oder mit dem Zelt – es ist in Deutschland in der Regel nicht erlaubt. Klar ist es abenteuerlich und etwas Verbotenes hat auch immer seinen Reiz, aber kann ich es verantworten, dass durch bestärkende Blogartikel zu diesem Thema möglicherweise zunehmend mehr Menschen mitten in der Natur übernachten? Nicht alle werden ihren ganzen Kram wieder mitnehmen, vielleicht Müll liegen lassen, das Leben von tierischen Waldbewohnern stören usw. Und hier ist die Antwort heute ganz eindeutig: Nein, das geht für mich nicht. Ich kann es privat durchaus machen, aber es ist etwas völlig anderes, dies als das ultimative Erlebnis auf meinem Blog zu präsentieren.
- Beziehungskiller: Eine große Community bzw. viele Follower zu haben, wirkt auf viele Männer angsteinflößend. Es wird mit einer gewissen Macht verbunden und gleichzeitig geben viele Instagrammerinnen eine Menge von ihrem Privatleben auf ihren Kanälen preis, worauf (verständlicher Weise) viele potentielle Partner keine Lust haben. Ich kenne einige (sehr attraktive) Instagrammerinnen mit hoher Reichweite, die bei ihrem ersten Date gar nicht erst angeben, was sie beruflich machen. “Die Männer gehen dann gleich laufen.”, sagen sie. Die Vorstellung, ein “Insta-Boyfriend” zu werden (auch, wenn das gar nicht zur Debatte stünde), kommt für viele Männer nicht in Frage. Hinzu kommt noch das oben beschriebene Image der Influencerin. Und auf einer Reise ständig von allen möglichen Situationen Fotos für Instagram zu machen und regelmäßig sein Handy zu checken, findet nicht jeder mitreisende Partner wirklich witzig.
Ein nachhaltiger Reiseblog – geht das überhaupt?
Klar geht das, aber ob man es umsetzen und davon leben kann, ist die entscheidendere Frage! Ich möchte erst die Anregung der Greenwashing-Expertin und Autorin Kathrin Hartmann umsetzen und der Transparenz und Untrennbarkeit halber das Wort nachhaltig in ökologisch und sozial gerecht austauschen. Welche Möglichkeiten habe ich als Reiseblog dann noch? Zurück zu den Einnahmequellen:
- Pressereisen: Die meisten Pressereisen sind leider nicht wirklich klimafreundlich. Wenn man auf die CO2-intensiven Flugreisen verzichtet, bleiben die Reisen in Deutschland und Europa übrig. Hier sind oft nur zwei Nächte in einer Stadt oder Region vorgesehen und die Hin- und Rückfahrt mit dem Zug ist dafür meist zu zeitintensiv und aufwendig. Wenn man für langsames Reisen – Slow Travel – stehen möchte, ist solch eine Pressereise eher kontraproduktiv. Das Angebot für Kooperationsmöglichkeiten reduziert sich hier also mehr als deutlich; als Veganerin ohnehin.
- Advertorials: Gastbeiträge und Posts für Unternehmen, Produkte und Regionen, die den Fokus auf faire Bedingungen und tierleidfreie Produkte legen, sind verrückter Weise bis heute immer noch eine Seltenheit.
- Affiliates: Wenn man sich die gängigen Werbepartner mit guten Provisionen und Vermittlungs-Pauschalen anschaut, fällt fast alles weg: Amazon steht weder für ökologische noch soziale Gerechtigkeit, die DKB Kreditbank (30€ pro Vertragsabschluss) ist keine ethisch-ökologisch orientierte Bank (mehr Infos dazu habe ich in diesem Artikel zusammengefasst), Booking.com steht in Sachen Fairness schwer in der Kritik, GetYourGuide (8% Provision) bietet Touren zu Delfinarien, Zoos & Co. an und fällt damit unter ethischen Gesichtspunkten raus. Und so weiter.
- Bücher & eBooks: Nicht jeder Verlag ist bereit, das Buch respektive die Auflage klimaneutral zu drucken. In meinem Fall wurde es z. B. abgelehnt, obwohl es möglich gewesen wäre. Wenn man sein Buch wiederum im Selbstverlag über das Amazon Kindle Direct Publishing in Angriff nehmen möchte, steckt man wieder in dem Dilemma Amazon und meines Wissens ist ein klimaneutraler Druck bei Amazon nicht möglich.
Die traurige Bilanz: Übrig bleiben hier mehr oder weniger nur noch individuelle (und selten angebotene) Pressereisen mit mehreren Nächten, Kooperationen mit ökologisch und sozial gerecht handelnden Unternehmen, ein paar Affiliate-Programme und eigene Produkte wie Online-Kurse bzw. Webinare, Coaching und Bücher. Ergo: Ohne eigene Produkte und Dienstleistungen und/oder monatliche Abonnements von Leser:innen kann man von einem nachhaltigen Blog (erst recht) nicht leben.
Blogger:in = Influencer:in?
Ich denke, die wenigsten Blogger:innen sind happy damit, von Agenturen, Unternehmen und Followern als Influencer bezeichnet zu werden. Hier wird man nicht gefragt; man wird einfach in den Topf mit den vielen anderen geworfen. Ja, es gibt viele Blogger:innen, Youtuber:innen und Instagrammer:innen, die aus Sicht vieler Menschen seltsame oder vielleicht auch hohle Dinge sagen und machen. Und ja, es ist auch für viele Menschen unerklärlich, warum diese Frauen und Männer so viele Follower haben.
Dennoch stellt das keinen Grund dar, verbale Gewalt auszuüben und diese Menschen zu bashen oder zu beleidigen! Den Begriff “Influencer” fand ich immer schon unglücklich, weil Beeinflussung oft mit Manipulation gleichgesetzt wird und das ist sicher nicht das Ziel aller Blogger:innen, Instagrammer:innen und Youtuber:innen. Ich habe mich nicht angesprochen gefühlt und doch sehe ich ein, dass ich hier für mich dringend eine Änderung herbeiführen muss!

Während der Corona-Pandemie hat sich unter anderem aus der vermeintlich lustigen Hetze von Oliver Pocher und dem unter dem Satire-Deckmantel twitternden Account von Influencerreality (über 20.000 Follower in nur zwei Monaten!) sowie vielen weiteren Leuten, die festgestellt haben, dass man mit Bashing schnell viele Follower bekommt, ein Sport entwickelt, der sich seitdem weiter fortsetzt (s. Tweet oben).

Viele der betroffenen Instagrammerinnen müssen temporär ihre Accounts deaktivieren, weil sie von Hasskommentaren überschüttet werden. Was ein Shitstorm bzw. Mobbing mit diesen Menschen macht, ist hier nicht von Belang. Obwohl ich mich nie Influencerin bezeichnet habe und von diesen Szenarien nicht betroffen bin oder war, schockiert mich dieser wachsende Trend, der mit Stil, Empathie und Respekt rein gar nichts mehr zu tun hat.

Nein, ich kann und möchte die Nominierung zu einem Influencer-Award nicht annehmen. Im Gegenteil: Ich möchte zukünftig weder Influencerin noch Bloggerin genannt werden. Verrückter Weise sind es lediglich zwei profane Begriffe, nur ist diese Schublade nicht (mehr) das, was ich mir für meine berufliche Zukunft vorstelle. Gleiches gilt für viele der oben beschriebenen Probleme, die mit den beiden Bezeichnungen unter anderem zusammenhängen.
Wie geht es mit diesem Blog weiter?
Artikel wie diese helfen mir selbst dabei, mehr Klarheit und Struktur zu gewinnen. Ich bin schon seit einigen Jahren nicht mehr richtig happy mit der Situation. Zum einen, weil der Blog allein eben nicht meine Grundbedürfnisse “Überleben” und “Sicherheit” erfüllt; zum anderen, weil eben genau diese Grundbedürfnisse und unsere Sicherheit respektive Existenz in Zukunft wichtiger sein werden als Freizeitthemen. Ich habe schon diverse Artikel vom Blog genommen und nicht nur durch Corona ist die Zukunft in Sachen Tourismus ungewiss.
Hinzu kommt, dass ich selbst gar nicht mehr so sehr das Bedürfnis habe zu reisen. Auch würde ich gerne mit nur sehr wenig Werbung auskommen. Und wenn ich mal einen wirklich tollen Ort gefunden habe, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich den mit einer großen Anzahl von Menschen teilen möchte. Ich träume zwar von einer Weltreise zu Fuß, aber dafür ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt. Daher wird in nächster Zeit das Motto “Das einzig Beständige ist der Wandel” bleiben und ich werde über Neuigkeiten berichten. Pläne gibt es jede Menge.
Lohnt sich ein Blog heute noch?
JA, unbedingt! Wir haben so viele Themen und Probleme, die man meiner Meinung nach dringend ansprechen und thematisieren sollte, dass ich mir viel mehr öffentliches Engagement von Menschen wünschen würde. Man kann damit so viel erreichen! Ein Blog bzw. ein Magazin lässt sich prima nebenberuflich als Hobby führen. Man braucht auch nicht unbedingt einen Schreib-Blog mit allen sozialen Kanälen wie diesen hier, sondern kann auch “nur” einen Kanal bedienen.
Manche haben zum Beispiel nur einen Twitter-Account, erreichen mit ihren Statements aber wahnsinnig viel. Oder sie veröffentlichen jede Woche ein Youtube-Video oder eine Podcast-Folge. Wichtige und sinnvolle Themen gibt es wie Sand am Meer: Sexismus, Rassismus, Integration, Klimawandel, Artensterben, Waldsterben, Dorfsterben, Müllvermeidung, Minimalismus, Greenwashing, Spiritualität, Veganismus, Liebe, Kommunikation, Introvertiertheit, Hochsensibilität, Literatur, Kultur usw. usw.
Mit den drei Zielsetzungen kannst du erfolgreich punkten:
- Entertainment bzw. Unterhaltung
- Information
- Personality, also eigenes Leben und Erfahrungen
Lieber also nur einen Account führen und das mit voller Intensität als viele mit wenig Enthusiasmus. Wenn mir manchmal Freunde oder Bekannte empfehlen, lieber doch wieder einen festen Job für mindestens ein paar Tage die Woche anzunehmen, sträubt sich in mir alles. Ich habe natürlich Einkünfte jenseits dieser Webseite, aber: Nein, ich möchte diesen Beruf weiter ausüben, weil ich diese Arbeit wahnsinnig wichtig und sinnvoll finde. Nur muss sich die Möglichkeit der Einnahmen verändern – und das sehe ich als eine schöne Herausforderung an!
Hilfreiche Tipps für Anfänger
- Das Allerwichtigste: Wenn du mit einem Blog bzw. einem Magazin starten möchtest, musst du dafür brennen! Ohne Leidenschaft und mit einem “Mal gucken” stehen die Chancen nicht gut. Mach dich auf eine längere Durchhalte-Phase gefasst – meist braucht es 1-2 Jahre, bis man eine gute Reichweite und entsprechende Follower-Anzahl hat und erste Kooperationen eingehen kann.
- Präsenz! Du musst sichtbar sein, wenn du eine Webseite hast. Dein Gesicht sollte des Öfteren zu sehen sein, du brauchst eine aussagekräftige “Über mich”-Seite und es wäre sinnvoll, wenn du dich auf ein Thema konzentrierst, das deine Leidenschaft widerspiegelt. Aktuell ist Instagram wichtig, also auch dort solltest du als Person zu sehen sein. Wenn du gerne vor der Kamera stehst, ist Youtube definitiv sinnvoll und wichtig.
- Bezeichnung? Von der Bezeichnung Blogger:in würde ich wie oben beschrieben von Vornherein abraten. Magazin, Online-Magazin, Journal… es gibt verschiedene Möglichkeiten und Bezeichnungen, die hochwertiger und besser klingen als Blog bzw. Blogger:in.
- Thema? Viele eignen sich an, ständig bei anderen zu schauen, über was sie schreiben und orientieren sich daran, was dort gut läuft und was nicht. Davon würde ich abraten. Schreibe darüber, was dich ausmacht und was dir wichtig ist. Bei dem Blick auf andere Seiten in deiner Kategorie schreibst du möglicherweise über Dinge, die gar nicht zu dir passen, oder für deine Zielgruppe gar nicht relevant sind.
- Ab wann soll ich mich selbstständig machen? Da man wie oben beschrieben aller Voraussicht nach erstmal längere Zeit kein Geld verdient, sollte so ein Blog oder Magazin bestenfalls erstmal in der Freizeit – also nebenberuflich – geführt werden. Sich selbstständig zu machen bedarf einiger Überlegungen, denn damit ändert sich Vieles! Keine anteilige Krankenversicherung, Rente, Pflege, Arbeitslosengeld usw. mehr… ab diesem Zeitpunkt muss man für alles selbst aufkommen und braucht bestenfalls auch einen Puffer, wenn mal in einem Monat kein Geld reinkommt. Und man muss sich tagtäglich selbst in den Hintern treten und sich antreiben lernen. Achte darauf, dass deine beiden Grundbedürfnisse “Überleben” und “Sicherheit” gewährleistet sind und bleiben.
- Weltreise geplant? Du oder ihr möchtet euren Blog auf eurer Weltreise starten? Ich möchte davon unbedingt abraten! Das ist eine so unglaublich wertvolle, besondere und schöne Zeit, die ich so wenig wie möglich vor einem Laptop verbringen würde. Besser während der Reise Tagebuch schreiben und die Artikel nach der Weltreise professionell aufbereiten.
- Wertschätzung: Verkaufe dich nicht unter Wert! Informiere dich über gängige Preise, was du pro Stunde berechnen musst und lass’ dich nicht auf Ausbeutung ein. Manchmal macht eine sehr geringe oder gar keine Bezahlung durchaus Sinn, z. B. wenn es eine gewisse Reputation verspricht; aber meistens ist die Ablehnung eines Dumping-Angebots die sinnvollste Lösung.
- Angst vor Fehlern? Fehler müssen erlaubt sein, denn jeder macht Fehler und man lernt auch am besten durch Fehler. Der Vorteil am Blog ist ja, dass man jeden Artikel von einer Minute auf die andere löschen oder ändern kann, falls erforderlich.
- Bist du introvertiert und/oder hochsensibel? Dann wird vielleicht manches nicht so einfach sein, denn in der Öffentlichkeit präsent zu sein fällt vielen Introvertierten nicht leicht. Ich habe das in diesem Artikel näher ausgeführt.
- Kritik: Man muss wissen, dass viele Menschen heute überhaupt nicht wissen, wie man Kritik sachlich und respektvoll rüberbringt. Wir leben auch in einer Zeit, in der viele Menschen glauben, dass man jedem seine Meinung einfach vor den Latz knallen kann. Auch, wenn man sich im Laufe der Zeit daran gewöhnt, ärgert und nervt mich dieses Verhalten. Die beste Lösung ist, auf unsachliche und abwertende Kommentare oder Nachrichten gar nicht zu reagieren: keine Rechtfertigung, einfach löschen und die Person ggf. blockieren.
- Alternative: Wenn du auf den riesigen Aufwand allein keine Lust haben solltest, suche dir ein paar nette Leute in deinem Umfeld, die das Projekt mit dir zusammen machen. Das hat verschiedene Vorteile: Man hat mehr Content, kann sich auf verschiedene Themen konzentrieren und – eigentlich wichtig – man kann dank Arbeitsteilung auch mal 2-3 Wochen Urlaub machen, ohne täglich online sein zu müssen.
Sieben Jahre Reiseblog sind eine lange Zeit. Bei mir wird sich in Zukunft wieder einiges verändern und das ist auch eine der wichtigen Botschaften, die es zu wissen gilt: Solch ein Blog und auch das eigene Handeln und Leben im schnelllebigen Internet muss auf ständige Veränderung ausgerichtet sein. So, als würde man in ein Boot einsteigen mit dem Wissen, dass mal sehr ruhige Gewässer und mal Stromschnellen kommen werden.