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Denise Yahrling: „Das Leben passiert für dich“

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Denise Yahrling - Das Leben passiert für dich - Buch

Anfang des Jahres hat sie Deutschland verlassen und sich auf eine Reise begeben, die vieles in ihr ausgelöst hat: Denise hat ein Buch geschrieben, in dem sie über das Reisen und Leben mit Mukoviszidose berichtet und die innere Reise, auf die sie sich mit dieser unheilbaren, chronischen Erbkrankheit in der weiten Welt begeben hat. Seit 1 1/2 Jahren schreibt die 26-jährige Videografin und Cutterin auf ihrem Blog ‘Travelous Mind’ über das tiefe und achtsame Reisen.

1. Denise, in deinem Blog schreibst du über das Leben mit der chronischen Stoffwechsel-Erkrankung Mukoviszidose. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Mukoviszidose ist eine seltene und bisher unheilbare Erbkrankheit, die durch ein Gendefekt ausgelöst wird. Dieser Defekt bewirkt, dass der Salz- und Wassertransport innerhalb des Körpers nicht richtig funktioniert und sich dadurch ein zähflüssiges Sekret bildet, das vor allem die Lunge, aber auch alle anderen Organe beschädigt. Für Betroffene bedeutet das unter anderem, dass das Atmen erschwert wird und man häufiger Atemwegserkrankungen bis hin zu Lungenentzündungen bekommen kann. Man muss – um die Funktion der Organe zu unterstützen – viele Tabletten einnehmen, zur Erhaltung der Gesundheit der Lunge mehrmals täglich inhalieren sowie Sport machen.

Auch Antibiotika-Kuren per Infusion stehen regelmäßig auf dem Plan. Menschen mit Mukoviszidose haben demnach eine schlechtere Lungenfunktion als “gesunde” Menschen und die Lebenserwartung liegt derzeit im Durchschnitt bei etwa 40 Jahren, steigt jedoch stetig aufgrund von Forschungsentwicklungen. Problem bei der Erkrankung ist, dass eine normale Erkältung in einen stärkeren Atemwegsinfekt umschlagen und damit eine Beschädigung der Lunge auslösen kann. Dies ist vor allem auf Reisen eine Gefahr, weshalb man da sehr gut auf sich achten muss.

Denise Yahrling - Buch

2. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Mukoviszidose liegt bei etwa 40 Jahren. Wie wirkt sich diese Prognose auf dein Leben aus?

Wow, das ist definitiv eine sehr tiefgründige Frage, aber ich finde es gut, dass du sie stellst. Noch vor etwa einem Jahr hätte ich dir vermutlich gesagt, dass mir das gar nichts ausmacht, da wir ja eh alle zu jeder Zeit vom Bus überfahren oder einen Autounfall haben könnten und dass ich mich davon nicht einschränken lasse. Aber um ganz ehrlich zu sein, macht das schon ganz schön viel mit einem.

Es entstehen eine ganze Menge Ängste und vor allem entstand bei mir über die Jahre eine Art “innerer Zeitdruck”, der mich mit Sicherheit dazu gebracht hat, viele außergewöhnliche Entscheidungen im Leben zu treffen, was einerseits natürlich toll ist, aber auf Dauer auch extrem anstrengend sein kann. Wenn du nur eine begrenzte Zeit hast, überlegst du dir beispielsweise zwei Mal, ob du in einem Job bleiben willst, der dich nicht glücklich macht oder in einer Beziehung, die dir Kraft raubt oder in der du das Gefühl hast, dass du nicht dein volles Potenzial leben kannst.

Gleichzeitig lässt du dir nur wenig Ruhepausen zu, weil du denkst, du müsstest immer schneller immer weiter vorankommen im Leben. Mittlerweile kann ich aber ehrlich sagen, dass ich dankbar bin für die Erkrankung, weil ich durch sie gelernt habe, jeden Moment auszukosten und ich möglicherweise nie meinen Träumen nachgegangen wäre, hätte es sie nicht gegeben. 

Heute weiß ich außerdem, dass ich einen sehr großen Einfluss darauf habe, wie es mir gesundheitlich geht und demnach auch, wie viel Zeit ich auf diesem Planeten habe. Ich habe definitiv noch einiges vor, von daher sehe ich diese Prognose, die ja eigentlich nur ein Durchschnittswert ist, nicht als in Stein gemeißeltes Ende, versuche aber auch diese Ängste und Emotionen, die mit dieser Prognose einhergehen, anzuerkennen und sie nicht wegzuschieben oder zu verdrängen.

3. Erzähle uns etwas über deine Reiseleidenschaft. Wie und wo bist du unterwegs und was macht das Nomaden-Leben für dich so besonders?

Ich persönlich liebe es einfach, individuell zu verreisen und voll und ganz in eine neue Kultur einzutauchen. Bisher bin ich hauptsächlich allein gereist, mit Rucksack bepackt, und bin über die Jahre vorwiegend in Europa unterwegs gewesen. Vorletztes Jahr ging es dann das erste Mal nach Mexiko und Anfang diesen Jahres war ich mehrere Monate in Marokko, wo ich das erste Mal ortsunabhängig von unterwegs gearbeitet habe. Mittlerweile habe ich es am liebsten, mir einen Ort, der mir gut gefällt, auszusuchen und mehrere Wochen oder Monate an einem Ort zu bleiben. Auch Road Trips liebe ich ganz besonders- die Freiheit, einfach von einem Ort zum nächsten zu fahren und in den Tag hinein zu leben.

Für mich bedeutet das nomadische Leben gar nicht so sehr, ständig von einem Ort zum nächsten zu tingeln, sondern es ist eher die Freiheit und Unabhängigkeit, die ich durch diesen Lifestyle gewinne und die mir so viel bedeuten- in zeitlicher, als auch örtlicher Hinsicht. Ich persönlich würde mich allerdings eher als Teilzeitnomadin bezeichnen, da ich im Sommer meist viele Filmjobs in Deutschland habe. Mir ist beispielsweise wichtig, dass ich den Winter größtenteils in einem anderen Land verbringen kann, weil ich erstens kein Freund von der Kälte bin und auch, weil der deutsche Winter meiner Lunge und allgemeinen Gesundheit nicht gut tut.

Denise Yahrling - Buch

4. Inwiefern hat das Reisen dein Leben verändert?

Das Reisen hat mein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Bevor ich anfing zu reisen, war es so, als würde ich in einer Art Blase leben: Ich hatte meine kleine Welt, meine Freunde, eine langjährige Beziehung. Als ich dann meine erste Reise unternahm, die zeitgleich meine erste Campingerfahrung darstellte, wurde mir klar, wie wenig ich bis dato von dieser Welt kennengelernt hatte und dass es da draußen noch so viel mehr für mich zu entdecken gab. Hier wurde also meine Reiselust geboren und in den Folgejahren verbrachte ich meine Zeit entweder damit, meine nächste Reise zu planen oder mich nach der Ferne zu sehnen.

Als ich dann das erste Mal allein auf meine erste Backpackung-Reise loszog, veränderte sich alles für mich. Das erste Mal so ganz allein auf mich gestellt zu sein, all diese Wahnsinnserfahrungen zu sammeln und die vielen inspirierenden Persönlichkeiten unterwegs kennenzulernen, zeigte mir nach und nach, wer ich selber war, losgelöst von meiner gewohnten Umgebung und ich verliebte mich so sehr in das Reisen, dass ich die nächsten Jahre damit verbrachte, mein Leben umzukrempeln, um dem Reisen und meiner Sehnsucht nach Freiheit nachzugehen.

5. »Das Leben passiert immer für und nie gegen uns«, schreibst du in deinem neuen Buch. Auf welchen Erfahrungen basiert diese Einsicht und was kann der Leser hier erwarten?

Zu dieser Einsicht bin ich vor gar nicht allzu langer Zeit gekommen, doch genau um diesen Prozess hin zu der Einsicht, dass das Leben immer für uns passiert, geht es in dem Buch. Wir gehen einfach sehr häufig durch das Leben und sehen uns als Opfer unserer Umstände, unserer Beeinträchtigungen oder sonstiger vermeintlicher Schicksalsschläge und lassen uns unterkriegen oder fragen uns, warum diese Dinge ausgerechnet uns passieren müssen.

Ich habe einfach irgendwann erkannt, dass jeder Moment, jeder Rückschlag, jede Zeit, die wir im Nachhinein meinen, verschwendet zu haben, dass all diese Dinge immer einen Sinn haben für unser späteres Leben. Denn aus jedem dieser Dinge können wir immer wachsen und lernen, wenn wir uns denn dafür öffnen- es liegt dabei also nur bei uns, unser Mindset zu verändern.

Denise Yahrling - Interview Buch

6. Was sind für dich die Grundsteine für ein glückliches Leben?

Ich glaube, dass der größte Schlüssel ist, zu erkennen, wer wir sind und warum wir als Person hier auf diesem Planeten sind. Erstens, diese Sache (oder diese Sachen!) zu finden, bei der unser Herz aufgeht und wo wir all unsere Herzenskraft reinstecken und dieser Welt etwas zurückgeben können, indem wir etwas erschaffen, durch das andere Menschen bereichert werden. Zweitens, zu erkennen, wer wir sind und uns vor allem selbst anzuerkennen mit all unseren Ängsten, Sorgen, Wünschen und Träumen, sodass wir Frieden und Glück in uns schaffen, anstatt das Glück ständig im Außen zu suchen- das ist der andere Teil der Gleichung, wie ich glaube. Ich glaube mittlerweile nicht mehr daran, dass uns etwas glücklich machen kann, auch das Reisen leider nicht, denn wenn wir im Innen nicht glücklich und zufrieden sind, kann das Glück langfristig auch durch nichts im Außen erzeugt werden. Für mich jedenfalls steht da noch ein langer Weg bevor.

7. Was empfiehlst du Menschen, die auf der Suche nach Selbstverwirklichung sind?

Denise Yahrling Buch

Für mich ging meine Reise der Selbstverwirklichung, glaube ich, tatsächlich mit dem Reisen los, einfach weil ich dadurch überhaupt erst mit Menschen in Kontakt getreten bin, die mich dazu gebracht haben, das Leben zu hinterfragen. Wie bereits erwähnt, stellten auch die Erfahrungen, das erste Mal auf mich allein gestellt und losgelöst von meiner gewohnten Umgebung zu sein, eine große Wende für mich dar, weil ich mich selbst und das Leben aus neuen Augen betrachten konnte. Mich dann, einige Jahre später, zu fragen, wie eigentlich mein Leben so aussehen sollte, was meine Wünsche und Träume waren, gab mir viel Einsicht darüber, was es für mich bedeutete, mich selbst zu verwirklichen.

Ich empfehle dir also, wenn du dich gern selbst verwirklichen möchtest: Erstens, reise! Du lernst so unglaublich viel auf Reisen und erhältst viel tiefere Einblicke in das Leben, als wenn du nie aus deiner gewohnten Umgebung heraus kommst. Zweitens, überlege dir: Was willst du im Leben? Wie sieht dein perfekter Tag und dein optimales Leben aus und welche Werte möchtest du leben? Überlege dir außerdem, was für dich überhaupt Selbstverwirklichung bedeutet, denn das kann für jeden etwas ganz anderes bedeuten. Horche in dich hinein und verbinde dich mit dir selbst und deinem Herzen. Drittens, umgib dich mit Menschen, die dich stärken und die dich inspirieren- das verleiht unglaublich viel Kraft. Und dann gilt es “nur noch“, dein Leben so zu gestalten, wie du es dir vorstellst. Ich kann dir sagen, dass der Weg nicht leicht ist, es sich aber definitiv immer lohnt!

8. Wie soll deine Zukunft bestenfalls aussehen? Hast du konkrete Pläne oder lässt du das Leben auf dich zukommen?

Denise Yahrling Buch

Ich stelle mir schon vor, in ein paar Jahren ein kleines Häuschen am Meer zu bewohnen, wo ich all den Dingen nachgehen kann, die ich so gern tue und bis dahin auch weitere Bücher geschrieben und veröffentlicht zu haben. Ich möchte meine Botschaft auf jeden Fall weiter hinaustragen, auf welchen Kanälen das auch immer sein wird, denn das ist genau mein Herzensding. Ein weiterer Traum ist es, mir einen Van zu kaufen und die Panamericana zu bereisen. Allerdings plane ich nichts davon fest vor, sondern schaue, wann der Zeitpunkt sich ergibt und wann es sich richtig anfühlt. Ich lasse die Dinge gern auf mich zukommen und ich bin unglaublich gespannt, was die Zukunft so bereithält.

Nachtrag: Denise hat inzwischen ihr zweites Buch veröffentlicht: „Mein Herz, mein Kompass“. (Inhalt: Vom Mut, den Blick nach innen zu wenden
„Denise glaubt die Erfüllung im Außen gefunden zu haben, von der sie geträumt hat. Dennoch toben in ihr stets innere Kämpfe: Gefühle, Sorgen und Ängste, die insbesondere mit ihrer chronischen Krankheit, Mukoviszidose, in Zusammenhang zu stehen scheinen, übermannen sie immer wieder. )


Wer mehr über Denise erfahren möchte, findet weitere Informationen und natürlich auch Hinweise über ihr Buch auf ihrer Webseite

(c) Fotos: Denise Yahrling

Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und eine bewusste Lebensgestaltung. Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zudem verstärkt mit gesellschaftlich relevanten Themen.

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