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Hochsensibel? Mit diesen 13 Tipps gelingt die Reise

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Hochsensibel Reisen 13 Tipps - Reiseblog Bravebird

Hochsensibilität ist für mich noch immer Fluch und Segen zugleich. Ich bemühe mich zwar sehr, die positiven und besonderen Seiten dieses Persönlichkeitsmerkmals zu schätzen, merke jedoch, dass verschiedene Herausforderungen im Alltag nach wie vor ein hohes Maß an Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Belastbarkeit erfordern. Auch auf Reisen kann sich schnell mal Überforderung und Reizüberflutung einstellen.

Je älter ich werde, umso höher werden die Anforderungen. Viele Hochsensible berichten, dass sie erst ab etwa 30 Jahren bemerken, dass bestimmte Aspekte des Lebens anstrengender und belastender werden. Auf Reisen lassen sich jedoch einige dieser Herausforderungen durch gezielte Vorkehrungen und eine gute Planung umgehen oder zumindest besser bewältigen. In diesem Artikel möchte ich einige Tipps mit dir teilen, die mir geholfen haben, auf Reisen besser zurechtzukommen:

1. Reiseziel mit Bedacht auswählen

Beliebte Massentourismusziele, Kreuzfahrtschiffe oder Clubanlagen mit sehr vielen Gästen können aufgrund ihrer Größe und der großen Summe an Eindrücken eine starke Reizüberflutung auslösen. Laute Geräusche durch große Menschenansammlungen, belebte Straßen oder allgemein eine hektische Umgebung können ebenfalls stressige Phasen verursachen.

Um diese Herausforderungen zu umgehen, wählt man am besten Reiseziele, die ruhiger und weniger überlaufen sind. Zum Beispiel sind Orte mit wenig Tourismus oft besser geeignet. Bei beliebteren Reisezielen bietet sich die Nebensaison an. Und natürlich spielt auch die Unterkunft bzw. die Reiseart eine Rolle.

2. Passende Unterkünfte suchen

Unterkünfte mit dünnen Wänden, lauten Nachbarn oder starker Lärmbelästigung z. B. durch Baustellen können nervlich belastend sein und damit die Stimmung trüben. Auch Unterkünfte in der Nähe von Clubs oder stark befahrenen Straßen sind oft problematisch. Mehrbettzimmer können herausfordernd sein, da rund um die Uhr Trubel in dem eigentlich wichtigen Ruhebereich ist. Die Lage der Unterkunft und die Art des Zimmers spielen daher eine wichtige Rolle.

Etwas abgelegene Orte außerhalb des Zentrums eignen sich meist besser. Ferienwohnungen sind eine gute Alternative und bieten mehr Rückzugsmöglichkeiten als ein Hotel. Das Lesen von Bewertungen kann dir dabei helfen, potenzielle Probleme im Vorfeld zu erkennen. Bei Budget-Unterkünften kann es sinnvoll sein, nachzufragen, ob Duftstecker vorhanden sind, da sie oftmals einen sehr unangenehmen, chemischen Geruch verbreiten.

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3. Gut packen für die Reise

Reisen kann zwischendurch anstrengend sein, wenn es um einen herum fremd, hektisch und laut ist. In solchen Momenten kann es dir helfen, ein Stück Geborgenheit dabei zu haben, um dich ein wenig wie zuhause zu fühlen. Nimm gewohnte Kleinigkeiten mit wie das Lieblingsshirt zum Schlafen, das eigene Parfum, Palo Santo Holz oder ein Kissenspray. Vertraute Dinge helfen dabei, sich entspannter zu fühlen, selbst wenn die Umgebung hektisch ist.

Technische Helfer sind ebenfalls eine gute Idee: Mit Ohrstöpseln oder geräuschreduzierenden Kopfhörern kann man sich etwas besser von lauten Geräuschen abschirmen. Sonnenbrille und Sonnenhut helfen dabei, die lichtempfindlichen Augen zu schonen. Eine Schlafmaske kann dazu beitragen, für besseren Schlaf zu sorgen.

4. Reisepartner bewusst wählen 

Auf Reisen kann es einen großen Unterschied machen, ob man allein unterwegs ist oder mit einem Reisepartner bzw. einer Reisepartnerin. Eine Begleitung, die die Hochsensibilität und ihre Herausforderungen nicht versteht, kann unter Umständen dazu beitragen, dass die Reise in verschiedenen Bereichen extrem stressig wird.

Laute Verhaltensweisen, zu viel Reden oder ein Mangel an Rückzugsmöglichkeiten können sehr anstrengen. Um solche Probleme zu vermeiden, sollte man vor der Reise offen darüber sprechen. Dann weiß der Partner bzw. die Partnerin genau, worauf es ankommt. Gemeinsame Entscheidungen über ruhige Unterkünfte oder Phasen für persönliche, kleine Auszeiten sind dabei wichtig und hilfreich.

Tipp: Wenn noch kein Reisepartner bzw. keine Reisepartnerin gefunden ist, kann es sinnvoll sein, in einem HSP-Forum nach Gleichgesinnten zu suchen. Alternativ bietet es sich an, schon zu Beginn der Planung das Persönlichkeitsmerkmal anzusprechen, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse verstanden werden und ihr euch von Anfang an gut versteht.

5. Ernährung planen

Viele hochsensible Personen reagieren empfindlich auf bestimmte Lebensmittel, zum Beispiel durch Allergien auf Nüsse oder andere Zutaten oder Unverträglichkeiten wie Gluten- oder Laktoseintoleranz. Diese Sensitivitäten, vegane oder vegetarische Ernährung eingeschlossen, stellen je nach Reiseland zusätzliche Herausforderungen bei der Ernährung dar.

Um unterwegs gut zurechtzukommen, ist es hilfreich, sich im Vorfeld über lokale Gerichte und die Auswahl in Supermärkten zu informieren und ggf. eigene Snacks oder spezielle Lebensmittel mitzunehmen. Eine Notiz mit den wichtigsten Ernährungsbedürfnissen in der Landessprache kann zudem Missverständnisse in Restaurants vermeiden und die Ernährung auf Reisen erleichtern.

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6. Balance zwischen Aktivität und Ruhe finden 

Auf einer Reise möchte man so viel wie möglich sehen, unternehmen und erleben. Dabei ist es für Hochsensible allerdings wichtig, sich zwischendurch bewusst Zeit und Ruhe einzuräumen, um die Vielzahl an Sinneseindrücken zu verarbeiten und einzuordnen. Wenn die regelmäßigen Ruhephasen fehlen, kann das zu Gereiztheit, schlechtem Schlaf oder Unruhe führen.

Bei der Reiseplanung macht es daher Sinn, sich Tage oder Zeiträume einzuräumen, um sich zurückzuziehen und zu entspannen. Ob ein Nachmittag im Park, eine Lesezeit am Pool oder im Hotelzimmer – diese kleinen Auszeiten helfen dabei, Reize besser zu verarbeiten und die Balance zwischen Aktivität und Erholung wiederherzustellen.

7. Grenzen setzen und Nein sagen

Als hochsensible Person möchte man trotz der eigenen Sensibilität nicht als „Sensibelchen“ oder überempfindlich wahrgenommen werden. In neuen oder ungewohnten Situationen kann man sich leicht dazu gedrängt fühlen, den Erwartungen anderer gerecht zu werden, selbst wenn das eigene Wohlbefinden dabei auf der Strecke bleibt.

Während der Reise, wo oft viele Aktivitäten auf der Liste stehen, sollte man daher unbedingt Selbstfürsorge betreiben. Dazu gehört auch, klar zu sagen, was man braucht oder nicht will. Auf Reisen bietet sich hier eine gute Gelegenheit, das „Nein“ sagen zu üben, denn die meisten Menschen sieht man nicht wieder und kann so herausfinden, wie man sich am besten artikuliert.

8. Umweltbelastungen beobachten

Hochsensible Personen reagieren oft intensiver auf Umweltbelastungen wie Abgase, Pestizide oder andere chemische Stoffe. Diese Reize können sich auf verschiedene Weise bemerkbar machen: verstopfte Nase, Schleimbildung im Rachen, häufiges Räuspern, Kopfschmerzen, Übelkeit oder allgemeines Unwohlsein.

Daher lohnt es sich, den eigenen Körper genau zu beobachten und auf Signale zu achten. Es schadet nicht, sich über die Feinstaubbelastung und Luftqualität seines Reiseziels zu informieren, z. B. über Google Maps oder Luftqualitäts-Apps. In Städten mit hoher Verkehrsdichte kann das Tragen eines leichten Schals vor Mund und Nase vor Abgasen schützen.

9. Natur als Rückzugsort nutzen

Früher, als ich von Hochsensibilität noch nichts wusste, habe ich mich oft gefragt, warum ich mich in Wüsten oder einsamen Umgebungen so wohlfühle. Heute weiß ich, dass es an der geringen Reizüberflutung liegt, die diese Orte bieten. Für hochsensible Menschen kann die Natur eine echte Akku-Aufladestation sein. Wälder, Parks, Strände oder Berge bieten eine hervorragende Möglichkeit zu regenerieren.

Aktivitäten wie Wandern, Trekking, Schnorcheln, Tauchen, Surfen oder Yoga lassen sich hervorragend mit einer Reise verbinden. Ob bei einer Wanderung in den Bergen, einer Yoga-Stunde am Strand oder einem Tauchgang im Meer – die Natur bietet zahlreiche Möglichkeiten, sich zu regenerieren und neue Energie zu tanken. Und wer nicht allein reisen möchte, findet einen guten Platz in einer Gruppenreise.

Erfahrungen in der Wüste Wadi Rum, Jordanien - Reiseblog Bravebird
Wüsten sind fantastische, reizarme und zugleich traumhafte Orte für Hochsensible

10. Besondere Umgebungen aufsuchen 

Bei den bisherigen Punkten ging es in erster Linie um Vermeidung und Schutzstrategien vor Überreizung. Aber wir müssen natürlich auch über das Potenzial – die Superpower – sprechen: Hochsensible Menschen legen oft großen Wert auf Ästhetik und Schönheit. Alles, was die Sinne anspricht und visuell fasziniert, ist besonders bereichernd. Es lohnt sich, bei der Planung tolle Orte und Umgebungen mit einzubeziehen, die die Sinne auf positive Weise anregen.

Auch die Atmosphäre in einem schönen Café, eine Wanderung durch atemberaubende Landschaften, ein Spaziergang durch kunstvoll gestaltete Gärten oder der Besuch eines Kunstmuseums kann sehr bereichernd sein. Orte, die visuelle Schönheit oder angenehme Gerüche bieten, sind eine wahre Freude für hochsensible Menschen. Sie sollten auf einer Reise keinesfalls fehlen!

11. Tagebuch schreiben 

Ein Reisetagebuch zu führen, ist eine tolle Möglichkeit, Erlebnisse festzuhalten und zu verarbeiten. Für hochsensible Menschen kann das Schreiben besonders wertvoll sein, um die neuen Eindrücke und Gedanken zu sortieren. Wenn viele Sinneseindrücke auf einen einwirken, hilft das Tagebuch oder Journal dabei, intensiv erlebte Momente noch einmal bewusst zu durchleben und Emotionen zu verarbeiten.

Heute schaue ich mir gerne an, was ich an einem bestimmten Ort geschrieben habe. An viele Details der Reise hätte ich mich ohne diese Notizen gar nicht mehr erinnert. Deshalb kann ich es sehr empfehlen, denn Fotos allein sagen eben nicht alle der besagten tausend Worte. Du kannst entweder ein ganz normales Heft nehmen oder es gibt auch spezielle, schön gestaltete Reisetagebücher, z. B. dieses hier* (Empfehlungs-Link zu Amazon).

12. Durchgeplant oder spontan unterwegs?

Als hochsensibler Mensch ist die Wahl zwischen Planung und Spontanität besonders wichtig. Viele HSPs finden Sicherheit und Entspannung darin, wenn sie ihre Reise im Detail planen, ohne sich ständig mit dem „Was kommt als Nächstes?“ zu beschäftigen. Gleichzeitig kann zu viel Planung aber auch die Flexibilität einschränken und das Gefühl verstärken, in einem zu starren Ablauf gefangen zu sein, der keine Veränderungen zulässt.

Auf der anderen Seite kann es befreiend und aufregend sein, spontan zu reisen, um sich dem eigenen Tempo und den Gegebenheiten vor Ort anzupassen. Spontanität kann jedoch auch Unsicherheit mit sich bringen, besonders in unbekannten Umgebungen. Daher würde ich empfehlen: Je exotischer das Reiseziel und je fremder die Kultur, desto mehr kann eine durchdachte Planung helfen, Überforderung zu vermeiden und die Reise zu genießen.

13. Hitze und Klimaanlage

Extreme Hitze können hochsensible Menschen als sehr belastend empfinden; sie kann zu Kopfschmerzen und Reizbarkeit führen. Klimaanlagen sind für mich Fluch und Segen zugleich: sie bieten zwar eine willkommene Abkühlung, haben jedoch auch ihre Nachteile. Sie neigen dazu, die Luft auszutrocknen, was die Schleimhäuten in Hals und Atemwegen irritieren und zu Atemwegserkrankungen wie Mandelentzündungen führen kann.

Um der Hitze entgegenzuwirken, ist leichte Kleidung und viel trinken Pflicht. Die Klimaanlage im Zimmer sollte möglichst nicht zu kalt eingestellt sein, um große Temperaturunterschiede zu vermeiden und das Immunsystem nicht unnötig herauszufordern. Besonders in Bussen oder Zügen ist es in Ländern mit hohen Temperaturen oft eisig kalt – hier am besten immer einen leichten Schal mitnehmen, um sich vor der Kälte zu schützen.


Manches hört sich auf den ersten Blick vielleicht drastisch an, was an den unterschiedlichen Ausprägungen der Hochsensibilität liegt. Jeder Mensch ist einzigartig, und was für den einen herausfordernd ist, kann für den anderen unauffällig oder leicht handhabbar sein. Während einige Aspekte der Hochsensibilität wirklich beschwerlich sind, ermöglichen andere Aspekte eine tiefe, intensive Wahrnehmung und das Erleben von Details, die anderen Menschen entgehen. Die Fähigkeit, mehr zu spüren und wahrzunehmen, bereichert eine Reise meiner Meinung nach um ein Vielfaches und kann zu vielen unvergesslichen Erfahrungen führen. Ich hoffe, dass die Tipps dir helfen, deine Reisen ebenso bereichernd und voller (Vor-) Freude zu gestalten!

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Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich hier seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und persönliche Geschichten aus meinem Leben.

2 Kommentare

  • Ich bin definitiv nicht hochsensibel und das stelle ich mir sehr anstrengend vor. Bin auch etwas irritiert, denn ich kenne auch niemanden, der ständig so gestresst ist, nur weil man mal unter vielen Menschen ist oder es etwas lauter zugeht. Das macht doch gerade das Reisen und die Stimmung in vielen Ländern aus. So, wie sich das liest, kann man ja kaum eine Reise antreten?? Fragen über Fragen ;)

    • Hallo Andreas, ja es ist durchaus oft anstrengend. Dass es dir nicht auffällt, dass andere gestresst oder genervt sind, wenn es z. B. mal etwas lauter zugeht, kann möglicherweise daran liegen, dass die meisten Hochsensiblen nicht darüber sprechen und es einfach ertragen bzw. über sich ergehen lassen. Ich habe z. B. selbst bei einer Familienfeier in all den vielen Jahren noch nie gesagt, wenn es für mich mal viel zu laut war. Einfach, weil andere das nicht nachvollziehen können und man komisch angeguckt wird. Man gewöhnt sich daran, das auszuhalten. Und wie ich schon beschrieben habe, fällt das in jungen Jahren gar nicht so auf, weil man da glaube ich noch wesentlich belastbarer ist. Heute weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich nochmal nach Indien reisen kann, aber ich werde es definitiv mal ausprobieren. Ich bin auf jeden Fall sicher, dass es auch in deinem persönlichen Umfeld hochsensible Menschen gibt. Achte einfach mal darauf, wenn jemand sagt, dass etwas zu laut war, zu extrem gerochen hat, ein Geräusch nervt oder sie/er gestresst ist, weil so viele Menschen um einen herum sind. Das sind meist gute Anzeichen :) Viele Grüße

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