Zuletzt aktualisiert am 29. Dezember 2019
April 2011. Freitagnachmittag. Ankunft Flughafen Havanna, Kuba. Wie immer zu Beginn einer Reise stecke ich meine DKB-Kreditkarte in den Schlitz des Bankautomaten in der Ankunftshalle. Ich nehme 150 US $ in Empfang, aber die Karte kommt nicht wieder raus. Erst einige Tage später stellte sich heraus, dass kurze Zeit nach meiner Abhebung insgesamt 3.193 US $ von der Karte entwendet wurden. Mit der Begründung, ich hätte grob fahrlässig gehandelt, wollte mir die DKB diese hohe Summe nicht zurückzahlen.
Ein Jahr später habe ich gegen diese Entscheidung Klage eingereicht. Und jetzt liegt das Ergebnis vor.
Ich hatte bereits in meinem Artikel »DKB-Kreditkarte: Ein kritischer Blick« über die vorliegende Problematik berichtet. Hier nochmals eine kurze Zusammenfassung:
- Ankunftshalle Flughafen Havanna: Karte bleibt im Automaten stecken.
- Der Akku meines Handys ist leer.
- Die zuständige Bank hat geschlossen (Freitagnachmittag).
- Der Informationsschalter in der Nähe des Automaten kann/will mir nicht helfen.
- Alleinreisend habe ich niemanden, der bis zur Klärung am Automaten stehen bleiben kann.
- In Reiseführern wird darauf hingewiesen, dass Kreditkarten in Havanna häufig in Geldautomaten stecken bleiben.
- Ich entscheide mich zur Fahrt in meine Unterkunft. Der Hotelbesitzer versucht unzählige Male vergeblich, die Bank telefonisch zu erreichen.
- Am Montagmorgen möchte ich bei der zuständigen Bank am Flughafen meine Karte in Empfang nehmen. Als sich herausstellt, dass sie wider Erwarten nicht im Automaten war, ließ ich die DKB-Karte umgehend telefonisch sperren.
- Die Sachbearbeiterin der DKB teilte mir am Telefon mit, dass nichts abgebucht worden sei und ich mich beruhigen könne.
- Wenige Tage später stellte sich in meinem Online-Konto heraus, dass nach meiner Abhebung von 150 US $ weitere vier Abbuchungen von insgesamt 3.193 US $ getätigt wurden.
- Bei meinem Anruf bei der DKB nach dieser Feststellung teilte mir der Sachbearbeiter mit, ich solle mich nicht beunruhigen. Der Betrag wäre über eine Versicherung gegen eine Gebühr von 50 Euro gedeckt und ich würde die Summe zurück erstattet bekommen.
Zurück in Deutschland:
- Versand des vollständig ausgefüllten Kreditkarten-Zahlungsreklamations-Formulares mit Beschreibung des stattgefundenen Missbrauchs an die DKB.
- Nur 6 Tage später erhalte ich ein Schreiben des BCS Kartenservicecenters Passau mit einer Ablehnung einer Rückerstattung mit folgender Begründung:
- Ich legte Widerspruch bei dem BCS Kartenservicecenter ein und forderte neben anderen relevanten Unterlagen den detaillierten Abbuchungsbeleg mit Angaben zu Uhrzeit, Ort etc. an.
- Wochen später erfolgte eine Antwort, dass eine Erstattung nach wie vor nicht möglich sei. Der detaillierte Kreditkartenbeleg lag nicht bei.
- Ich forderte den detaillierten Abbuchungsbeleg noch drei weitere Male schriftlich an, jedoch wurde mir die Herausgabe von dem BCS und der DKB verweigert! Die Überprüfung, ob der Missbrauch tatsächlich in weniger als einer Minute nach meiner Buchung stattgefunden hatte, konnte somit von meiner Seite nicht erfolgen.
Wie es hätte ablaufen müssen:
Die nachstehenden Informationen beruhen auf einem Exempel, welches ich später mit der DKB durchgeführt habe, sowie auf den telefonischen Auskünften einer Sachbearbeiterin des BCS Kartenservicecenters.
- Wenn man einem Betrug unterliegt oder eine Belastung auf der eigenen Kreditkarte nicht direkt zuordnen kann, sendet man den ausgefüllten Vordruck “Reklamation von Kartenumsätzen” an die DKB und kann auf diese Weise u. a. auch eine Belegkopie mit den detaillierten Informationen wie Uhrzeit, Ort etc. anfordern.
- Ich hatte im Falle dieser Recherche eine Abhebung in Höhe von 500 Euro mit einer undefinierbaren Information “01105 Transact” reklamiert und um eine Belegkopie gebeten.
- Auch hier erhielt ich wieder nicht – obwohl ausdrücklich auf dem Formular vermerkt – die Belegkopie des entsprechenden Automaten, sondern ein kurzes Schreiben des BCS Kartenservicecenters mit der Bestätigung, dass alles korrekt verlaufen sei.
- Ich forderte nochmals die Belegkopie an. Erst jetzt erfolgte die Abwicklung, wie es korrekter Weise verlaufen muss: Es erfolgt eine Rückbuchung des Betrages.
- Nur zwei Wochen später erhielt ich vom BCS Kartenservicecenter das Journal der zuständigen Bank. Aus diesem sind eindeutig Datum, Uhrzeit, eventuelle Gebühren und auch die Information ersichtlich, ob die Karte wieder ausgegeben wurde.
Die DKB bzw. das BCS Kartenservicecenter hat diese Abwicklung (Rückerstattung, Beleganforderung bei der Bank in Havanna, Prüfung etc.) in meinem Betrugsfall in Kuba nicht korrekt durchgeführt. Außer einer pauschalen Ablehnung haben DKB und BCS rein gar nichts unternommen!
Mehr als traurig und enttäuschend in unserem Rechtssystem ist die Tatsache, dass man als Privatperson in solch einem Fall gegen verschlossene Türen rennt und sich keine andere Möglichkeit bietet als zu klagen. Und das habe ich ein Jahr später auch umgesetzt.
Gegen die Bank klagen, aber wie?
Einige Punkte sollte man beachten, wenn man sein Recht gegen die Bank durchsetzen möchte:
- Besteht eine Rechtsschutzversicherung? Falls nicht, sollte man vorher die finanzielle Situation abwägen. Es besteht immerhin die Gefahr, dass die Klage abgewiesen wird oder dass die Bank in Revision geht. Gerichtskosten, Anwaltsgebühren, Reisekosten und andere Auslagen können unter Umständen höher als der Streitwert selbst sein.
- Der richtige Rechtsanwalt! Viele haben einen Anwalt im Bekannten- oder Freundeskreis, den sie gerne nehmen möchten. In diesem Fall würde ich allerdings einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht wählen.
- Gerichtsstand Berlin! Wer klagt und vorgeladen wird, muss mit einer Reise nach Berlin rechnen (Ausfall, Urlaubstag etc.). Diese Kosten werden nicht übernommen.
Ablauf einer Gerichtsverhandlung
Juni 2013, Amtsgericht Berlin. Fünf Monate nach Einreichung der Klage saß ich nun im Flur vor Raum #2806. Auf dem Stuhl neben mir wartete bereits der gegnerische Anwalt Dr. H., der mich mit “Ach, sind Sie doch tatsächlich nach Berlin gekommen” begrüßte.
Mein Rechtsanwalt hatte mir einen Stellvertreter aus Berlin organisiert (ein weiterer Nachteil dieses Gerichtsstands). Es erfolgte noch eine kurze Absprache über den Ablauf der Verhandlung und dann betraten wir den Gerichtssaal.
Der Richter bekannte sich gleich zu seiner Ratlosigkeit. Er fasste die Situation zusammen, wonach die beiden Anwälte ihre Fakten vortrugen. Es stellte sich schnell heraus, dass keiner so richtig tief im Thema drin war, was wohl auf den verhältnismäßig geringen Streitwert von ca. 2.200 Euro zurückzuführen war. Nach etwa zehn Minuten begannen sich die beiden Anwälte über die Übermittlungsqualität von Dokumenten zu streiten, die eigentlich völlig irrelevant waren.
Dann wurde auch mir Gehör geschenkt. Ich berichtete über die Tatsachen, dass mir die Belegkopien der geldausgebenden Bank widerrechtlich vorenthalten wurden und natürlich auch, dass die DKB meines Erachtens ihre Aufklärungspflicht verletzt hat, indem sie mich nicht über einen täglichen Verfügungsrahmen im Ausland von sage und schreibe 10.000 Euro aufgeklärt hat!
Die DKB legte zur Verhandlung Belegkopien für die getätigten Abbuchungen vor, welche lediglich ihre internen Aufzeichnungen enthielt. Diese Unterlagen wiesen keine Informationen darüber auf, ob die Karte jeweils ausgeworfen wurde, ob die PIN-Nummer jeweils eingegeben wurde usw.
Auch ein weiterer Punkt war mir bis zum Tag vor der Verhandlung überhaupt nicht aufgefallen: Die Beträge der vier entwendeten Dollar-Summen (rot markiert) waren ungerade. Meine eigene Abhebung von 150 US $ enthielt 4,50 US $ Gebühren, nur die weiteren Beträge hätte man in dieser Form nicht von einem Geldautomaten abheben können (weder mit einem Abzug von 4,50 US $ Gebühr noch könnte man an diesem Automaten kleinere Dollar-Beträge als auf 5 endend abheben).
Ergebnis der mündlichen Verhandlung
Der Richter schien nach der mehr als einstündigen Verhandlung nicht 100%-ig überzeugt, aber es war doch auffallend, dass seitens der DKB viele ungeklärte Punkte im Raum standen, die der gegnerische Anwalt trotz der vielen Monate Vorbereitungszeit nicht ansatzweise aufklären konnte. Konkrete Fragen des Richters beantwortete er unsicher mit Vermutungen und Annahmen, während er ständig wild in seinen Unterlagen blätterte.
Und so bot der Richter abschließend folgenden Vergleich an:
- Die DKB solle 1.500 Euro (also etwa 2/3 des Streitwerts) und 180 Euro (für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) an mich zahlen.
- Die DKB solle 2/3 der Kosten für den Rechtsstreit zahlen, ich 1/3.
Diesem Vergleich kann man zwar zustimmen, aber innerhalb einer vorgegebenen Frist Widerspruch einlegen. Der Richter schlug 2 Wochen vor, der gegnerische Anwalt lediglich 1 Woche (offensichtlich zufrieden mit diesem Angebot), ich bat um 3 Wochen.
Bei der Verhandlung stimmte ich dem Vergleich zu, legte aber im Laufe der dreiwöchigen Frist Widerspruch ein. Die DKB würde nun auch verpflichtet sein, die Fragen der drei bis dato ungeklärten Punkte zu beantworten: 1. Vorlage der Belegkopie der zuständigen Bank, 2. Nachweis über erfolgte Aufklärung des hohen Verfügungsrahmens von 10.000 Euro und 3. Nachweis über die Abbuchungs-Möglichkeit ungerader Dollar-Beträge unter 10.
Neue Fakten und Inkompetenzen der DKB
Nach der Verhandlung habe ich mich erneut mit der DKB in Verbindung gesetzt und bat um Mitteilung, ob und welche Gebühren in den vier missbräuchlichen Abhebungen in Havanna enthalten wären. Die Antwort kam prompt: Keine Gebührenbelastung auf der Kreditkarte! Damit wäre zwar einerseits belegt, dass diese ungeraden Beträge nicht vom Automaten hätten abgehoben werden können (sondern z. B. durch Skimming = Auslesen des Magnetstreifens).
Andererseits haben aber weitere Recherchen ergeben, dass die Gebühr für den Kreditkarteneinsatz auf Kuba an manchen Automaten nicht unbeträchtliche 3% je Abhebung beträgt, wonach sich nun natürlich auch die ungeraden Beträge erklären lassen.
Es ist fraglich, ob nun diese extreme Höhe dieser Kreditkartengebühren von bis zu 27 Euro je Abhebung schockierender ist oder wieder einmal die inkompetente Antwort der DKB, die jegliche Gebührenbelastungen in diesem Punkt bestritten hat.
Das Ergebnis meiner Klage
Nach Einreichung meines Widerspruchs zum geschlossenen Vergleich wurde seitens des Amtsgerichts Berlin eine endgültige Entscheidung für den 01.10.13 mitgeteilt.
Bereits Ende August gingen allerdings ohne jegliche Vorankündigung seitens der DKB zwei Zahlungseingänge in Höhe von insgesamt 2.640 Euro auf meinem DKB-Konto mit dem Vermerk “A. O. Aufw.-Schäden aus ZV” ein. Dies war nun der volle Betrag zzgl. Zinsen und Gerichtsgebühren. Kurze Zeit später erhielt ich die Mitteilung des gegnerischen Anwalts an das Amtsgericht Berlin:
Fazit
Nun habe ich nach langen Strapazen und Kosten zwar den betrügerisch entwendeten Betrag zurück erhalten, allerdings gibt es durch die Zahlung der DKB nicht das von mir erhoffte Urteil – was letztendlich offensichtlich auch Sinn und Ziel der DKB Bank war.
Was kann man daraus lernen, frage ich mich. Eins ist natürlich klar: Wäre mein Handy-Akku am Automaten nicht leer gewesen, hätte ich das ganze Problem durch direktes Sperren der Karte umgehen können. Aber kann es wirklich als grob fahrlässig gesehen werden, wenn ich die Karte nicht unmittelbar vor Ort sperren lasse? Ab wann handelt man überhaupt grob fahrlässig? In meinem Fall wäre es zum Beispiel völlig egal gewesen, ob ich die Karte 5 Minuten, 5 Tage oder 5 Monate später gesperrt hätte – das Geld wäre in jedem Fall entwendet worden!
Laut VISA soll ich umgehend die zuständige Bank vor Ort aufsuchen und keine fremde Hilfe annehmen. Aber handele ich damit wiederum nicht grob fahrlässig, weil ich den Automaten verlassen habe und in dieser Zeit missbräuchlich Geld von meiner Karte entwendet wird?
Die weitere Frage, die offen im Raum steht: Wie kann es sein, dass eine Bank willkürlich und ohne jegliche Aufklärung den Verfügungsrahmen im Ausland auf 10.000 Euro hoch setzt und seine Kunden damit ins offene Messer laufen lässt? In Deutschland besteht allgemeinhin ein Abhebe-Limit von 1.000 Euro pro Tag und die DKB setzt dieses Limit im Ausland – wo doch die Gefahr eines Missbrauchs oder Verlustes wesentlich höher ist – einfach mal um das 10-fache höher an. Ist das wirklich rechtens? (Der ‘kleine’ Kunde mit unregelmäßigem Einkommen wird immerhin auf 500 Euro Tageslimit im Ausland herabgesetzt.)
Was am Ende tatsächlich passiert ist und mit welchen betrügerischen Mitteln die vier Abhebungen von meiner VISA-Karte vorgenommen wurden, wird sich nie aufklären, denn die DKB hat sich mit der kubanischen Bank offensichtlich nie in Verbindung gesetzt. Die Belege wurden allen Anscheins nach nie angefordert und somit können alle Details dieses Vorfalls nicht aufgeklärt werden.
Richtig vorbeugen
Auf Reisen genießt man oft nicht den Schutz und die Sicherheit, die man zu Hause gewohnt ist. Man ist auf seine Kreditkarte und sein Geld angewiesen, man muss sich ungewohnten Gegebenheiten anpassen, man hat nicht sein eigenes Zuhause in unmittelbarer Nähe usw. Dass man dabei nicht immer die richtige Entscheidung trifft, ist zwar menschlich, trifft aber leider im Betrugsfall nicht unbedingt auf das Verständnis von Bank und Versicherung.
Vor der Reise
- Kreditkartenlimit kontrollieren und ggf. auf ein verkraftbares Limit reduzieren (500 Euro / 1.000 Euro)
- Wichtig: Wer Geld auf sein DKB-Kreditkartenkonto überweist und dadurch ein Guthaben hat, erhöht damit automatisch sein Verfügungslimit! Wer Guthaben-Zinsen nutzen möchte, sollte sein Geld besser woanders und somit sicher aufheben!
- Rechtsschutzversicherung abschließen
- Nicht nur auf ein Zahlungsmittel bauen, immer auch Bargeld oder zweite Kreditkarte mitnehmen
- Eine portable Lademöglichkeit für das Mobiltelefon kaufen
Unterwegs mit der Kreditkarte
- Wenn die Karte im Automaten stecken bleibt, auf jeden Fall direkt telefonisch sperren lassen (ohne Ausnahme). Alternativ sollte man die zuständige Bank aufsuchen oder die auf dem Automaten stehende Notfall-Nummer anrufen (sofern vorhanden).
- Bei Kreditkartenbetrug oder -verlust relevante Dinge fotografieren, z. B. Bildschirm, Umgebung etc.; eventuell auch die zuständige Polizei aufsuchen
- Verschiedene Zahlungsmittel an unterschiedlichen Plätzen aufbewahren (Karten, Bargeld usw.)
Nach der Reise
- Umsätze auf der Kreditkarten-Abrechnung genau überprüfen. Wenn eine Buchung nicht schlüssig ist, sollte man Kontakt mit der Bank aufnehmen bzw. einen Beleg anfordern.
- Sind bei manchen Umsätzen bei der Nutzung der DKB-Karte Gebühren für die Bargeldabhebung enthalten? In diesem Fall kann man diese Gebühren mittels pdf-Formular bei der DKB zurückfordern.
- Sollte sich die Bank nicht korrekt verhalten, hat man die Möglichkeit, die Angelegenheit an die BaFin weiterzuleiten. In diesem Zusammenhang sollte man sich von der Bank immer alles schriftlich geben lassen. Telefonische Auskünfte oder Emails kann man nochmals per Post anfordern.