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Weltreise trotz Klimakrise – Geht das?

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Weltreise trotz Klimakrise - Reiseblog Bravebird

Lass mich gleich zu Beginn sagen: Das Thema ist komplex und es gibt sicherlich unterschiedliche Standpunkte dazu. Daher möchte ich mit diesem Artikel versuchen, meine Meinung dazu zu teilen – basierend auf meinen eigenen Erfahrungen von mittlerweile fast 90 bereisten Ländern und zusammengerechnet etwa fünf Jahren meines Lebens auf Reisen.

Mit diesem Erfahrungsschatz blicke ich heute nicht nur oft zurück und frage mich, ob meine Art zu reisen damals richtig war; ich frage mich auch, wie ich vorgehen würde, wenn ich beispielsweise heute nochmal zwanzig Jahre alt wäre. Und ich kann schon mal vorwegnehmen: Egal, ob Klimakrise oder nicht, meine Herangehensweise an das Reisen wäre heute grundlegend anders!

Wie definiert man eigentlich eine Weltreise genau?

Der Begriff „Weltreise“ wird oft subjektiv interpretiert und hat keine fest definierte Bedeutung. Im Allgemeinen bezieht sich eine Weltreise auf eine längere Reise, bei der man verschiedene Länder und Kontinente bereist, oft mit dem Ziel, die Vielfalt der Welt zu entdecken und verschiedene Kulturen kennenzulernen. Es gibt einige allgemeine Merkmale, die eine Reise als Weltreise kennzeichnen können:

  1. Dauer: Eine Weltreise dauert typischerweise mehrere Monate bis hin zu einem Jahr oder sogar länger. Sie bietet genügend Zeit, um eine Vielzahl von Ländern zu besuchen und tiefer in verschiedene Kulturen einzutauchen.
  2. Vielfalt der besuchten Länder: Eine Weltreise umfasst oft mehrere Kontinente und eine breite geografische Vielfalt. Reisende verbinden meist Länder in Europa, Asien, Nord- und Südamerika, Afrika und Australien.
  3. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Während einer Weltreise bleibt oft genug Raum für spontane Entscheidungen und Änderungen im Reiseplan. Flexibilität ist wichtig, um auf unerwartete Ereignisse oder besondere Gelegenheiten reagieren zu können.
  4. Kultureller Austausch: Eine Weltreise bietet die Möglichkeit, mit Menschen aus verschiedenen Kulturen in Kontakt zu treten (sowohl Einheimische als auch Reisende aus anderen Ländern), ihre Lebensweise zu verstehen und sich kulturell weiterzuentwickeln.

Eine Weltreise bedeutet demnach natürlich nicht, jedes einzelne Land der Welt zu besuchen. Vielmehr geht es darum, eine breite Palette von Reiseerfahrungen zu sammeln und eine persönliche Entdeckungsreise zu unternehmen. Reiseangebote von Veranstaltern, die sogenannte Weltreisen wie ‚In 20 Tagen zu den Top-Metropolen und Stränden der Welt‘ anbieten, sind hingegen weniger eine authentische Weltreise als vielmehr eine konsum- und statusorientierte und nicht zuletzt recht klimaschädliche Touri-Rundfahrt.

Welche Auswirkungen kann eine Weltreise auf den Klimawandel haben?

Eine Weltreise kann sich abhängig von der Gestaltung in mehreren Bereichen auf die Klimakrise auswirken:

  1. Flugreisen und Treibhausgasemissionen: Flugreisen sind eine der größten Quellen für Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit Reisen. Die Verbrennung von Flugzeugtreibstoffen trägt erheblich zur globalen Erwärmung bei. Eine ausgedehnte Weltreise mit vielen Flügen kann daher einen sehr hohen CO2-Fußabdruck im zweistelligen Bereich hinterlassen.
  2. Verbrauch von Ressourcen: Während einer Weltreise werden verschiedene Ressourcen wie (Trink-) Wasser, Energie und Lebensmittel verbraucht, sowohl direkt durch den Reisenden als auch indirekt durch Unterkünfte, Transportmittel und andere Dienstleistungen. Dieser Ressourcenverbrauch kann zur Belastung der Umwelt beitragen, insbesondere in Regionen mit begrenzten Ressourcen.
  3. Umweltauswirkungen vor Ort: Eine zunehmende Anzahl von Tourist:innen kann lokale Ökosysteme belasten, empfindliche Lebensräume stören und die natürlichen Ressourcen verschmutzen. Dies kann zu Umweltverschmutzung, Übernutzung natürlicher Ressourcen und Störungen der örtlichen Tier- und Pflanzenwelt führen.
  4. Bewusstseinsbildung: Auf der positiven Seite kann eine Weltreise – wie damals in meinem Fall – dazu beitragen, das Bewusstsein für Umweltthemen zu schärfen und zu einem nachhaltigeren Lebensstil inspirieren.

Insgesamt hängen die Auswirkungen einer Weltreise auf die Klimakrise von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Reiseroute, der Wahl der Transportmittel und dem Verbrauchsverhalten während der Reise.

Weltreise viele Flüge sind nicht mehr zeitgemäß - Reiseblog Bravebird

Kann man dann heute überhaupt noch eine Weltreise unternehmen?

Für die Mehrheit der Reisenden erscheint diese Frage allein schon absurd, denn wie Statistiken belegen, denken viele Menschen beim Planen einer Weltreise nicht über Klimaschutz-Maßnahmen nach oder passen ihr Reiseverhalten entsprechend an. Die ständig steigenden Flugzahlen unterstreichen diese Haltung deutlich.

Trotzdem gibt es für diejenigen, die sich um die Auswirkungen ihres Reiseverhaltens und des Klimawandels sorgen, einige Alternativen, die geringere negative Auswirkungen auf die Umwelt und auf Menschen haben können. Ja, man kann sogar etwas Positives bewirken, wie ich weiter unten beschreibe.

1. Weltreise zu Fuß oder mit dem Fahrrad

Gwen und Patrick haben es mit ihrem beeindruckenden Projekt (und Kinofilm) weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt vor einigen Jahren vorgemacht und damit viele Menschen begeistert. Aus meiner Sicht ist dies die authentischste Form des Reisens: Man kommt zu Fuß maximal mit Einheimischen in Kontakt und taucht intensiv in die jeweilige Kultur ein. Durch das langsame Unterwegssein prägen sich Erlebnisse zudem viel besser ein, als wenn man Orte, Regionen oder Länder nur oberflächlich streift.

Das „zu Fuß“ muss man übrigens nicht unbedingt wörtlich nehmen. Zum Überqueren eines Ozeans zum Beispiel kann man auf einem Frachtschiff reisen. In anderen Situationen kann man sich für den öffentlichen Bus oder den Zug entscheiden. Diese Alternativen bieten immer noch die Möglichkeit, langsam zu reisen und intensive kulturelle Erfahrungen zu sammeln, während man gleichzeitig die Umweltauswirkungen im Vergleich zu Flugreisen reduziert.

Andere Reisende wiederum interpretieren das Wort „zu Fuß“ wörtlich. Auf Google findet man zahlreiche Reiseberichte und Reportagen, in denen Einzelne oder Paare sich auf den Weg machen und tatsächlich zu Fuß oder mit dem Fahrrad reisen. Ihnen allen ist gemeinsam: Es ist ein großes Abenteuer, das man niemals im Leben vergessen wird. Dabei verlassen sie ihre Komfortzone und erhalten als Belohnung eine unvergessliche Zeit voller Entdeckungen und persönlicher Erfahrungen.

2. Konzentration auf ein bis zwei Kontinente

Viele vor allem junge Menschen verspüren den Drang, ähnlich wie ich damals, so viel wie möglich so schnell wie möglich zu bereisen. Rückblickend betrachtet halte ich das für einen großen Fehler, da man dabei einfach wahnsinnig viel verpasst. Wer mehr darüber lesen möchte, kann mal in meinen Artikel Fast Travel – Warum wir nicht hetzen müssen reinschauen.

Intensive Erlebnisse entstehen am besten, indem man länger an einem Ort verweilt, mit Einheimischen in Kontakt tritt und vielleicht auch ein wenig am Alltag teilnimmt. Dafür braucht es in der Regel Zeit. Wer sich nur darauf konzentriert, die touristischen Hot Spots abzuhaken und dann weiterzuziehen, verpasst damit die besondere Gelegenheit, die Seele eines Ortes wirklich kennenzulernen und tiefe, einprägsame Erfahrungen zu machen.

Daher – und das ist auch mein eigener bevorzugter Plan – würde ich mich auf eine große Region konzentrieren und an Flügen lediglich die Hin- und Rückreise nutzen. Alle weiteren Entdeckungen und Erkundungen würde ich dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxis, Mietwagen, Tuktuks, Booten, Segelbooten usw. vornehmen. Welche Regionen sich hier besonders eignen, werde ich in einem weiteren Artikel empfehlen, da es hier zu sehr ins Detail gehen würde.

Weltreise trotz Klimakrise? So geht's! - Reiseblog Bravebird

3. Mehrwert schaffen durch Faires Reisen

Beim „fairen Reisen“ geht es darum, nicht nur an die eigenen Erlebnisse zu denken, sondern auch einen positiven Beitrag für die besuchten Orte und Gemeinschaften zu leisten. Das kann erreicht werden, indem man gezielt Länder und Regionen auswählt, die auf Tourismus angewiesen sind und wo der Besuch von Reisenden einen echten Mehrwert für die Einheimischen bringt.

Indem man sich bewusst für Reiseziele entscheidet, die nicht bereits vom Massentourismus überlaufen sind (Stichwort Bali oder Dubai), kann man dazu beitragen, dass die lokalen Gemeinschaften von den Einnahmen des Tourismus profitieren. Gleichzeitig wird vermieden, dass ihre Lebensweise und Kultur durch den Massentourismus gefährdet werden.

Es geht darum, die richtige Balance zu finden und nicht dazu beizutragen, dass ein Ort durch zu viele Besucher oder den Einfluss von Expats gentrifiziert wird, was zu einer Verdrängung der Einheimischen führen kann. Stattdessen liegt der Fokus beim fairen Reisen darauf, die lokale Wirtschaft zu unterstützen und authentische kulturelle Erfahrungen zu ermöglichen. (→ Fair Reisen: 10 Schritte, die einen Unterschied machen)

Fazit: Weltreise trotz Klimakrise – ja oder nein?

Eine Weltreise ist etwas ganz Besonderes im Leben, und auch wenn ich meine eigene einjährige Weltreise 2014/2015 nicht gut geplant habe und an vielen Orten wesentlich länger hätte bleiben müssen, hat sie mir doch ganz neue Horizonte eröffnet. Vor allem habe ich daraus mitgenommen, dass ich zukünftig lieber vier Wochen an einem Ort sein möchte statt hektische Rundreisen zu veranstalten, um die „50 Social Media Must Visits Before I Die“ abhaken zu können.

Wer aus Klimaschutzgründen nicht fliegen möchte, hat trotzdem etliche Möglichkeiten, die Weltreise anzutreten. Auch würde ich empfehlen, sich nicht nur auf eine Weltreise im Leben zu beschränken, sondern sich zu sagen, dass man schließlich eine weitere Weltreise nochmal irgendwann machen und sich dann auf einen anderen Kontinent beschränken könnte. Das nimmt den Druck raus, alles auf einmal sehen zu wollen.

Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass eine Weltreise nicht für jeden finanziell machbar ist und mit Privilegien verbunden sein kann. Reisen – insbesondere in dieser Form – ist ein Luxus, den viele Menschen nicht ohne Weiteres realisieren können. Trotzdem möchte ich ermutigen, dass, wenn die Umstände es zulassen, auch kleinere, bewusst geplante Reisen große persönliche und kulturelle Bereicherungen bringen können. Es geht nicht immer darum, die ganze Welt zu sehen, sondern darum, die Augen für die Welt um uns herum zu öffnen – egal, wie weit wir reisen können.

Fair Reisen Tipps - Reiseblog Bravebird

Ich selbst bin aktuell mittlerweile fast sechs Jahre nicht mehr geflogen. Meine eigenen Pläne ab ca. 2030 gehen übrigens in Richtung Mittel- und Südamerika, wo ich gerne nochmal einige Monate verbringen und viel entdecken möchte. Natürlich bedürfte es auch eines Hin- und Rückflugs. Vorab würde ich mich erkundigen, welche Flüge in der Regel nicht ausgebucht wären, um mich dann für einen weniger frequentierten Flug zu entscheiden.

Abschließend lässt sich sagen, dass eine Weltreise trotz der Herausforderungen der Klimakrise definitiv möglich ist; meiner Meinung nach sollte es jedoch wichtig sein, bewusste Entscheidungen zu treffen, um die Auswirkungen auf andere Menschen und die Umwelt bestmöglich zu minimieren. Man kann durchaus voller Begeisterung und ohne schlechtes Gewissen die Welt entdecken, solange man gleichzeitig darauf achtet, seinen ökologischen und touristischen Fußabdruck möglichst klein zu halten.

Geschrieben von
Ute Kranz

Als Gründerin und Inhaberin dieses Reiseblogs teile ich hier seit 2013 meine Begeisterung fürs Reisen und persönliche Geschichten aus meinem Leben.

2 Kommentare

    • Ach so lieb von dir, liebe Barbara <3
      Ich vermisse euch, der beginnende Herbst ist bestimmt toll im Wendland!
      Liebe Grüße und hoffentlich bis bald
      Ute

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