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Warum werben so viele Influencer*innen für Bali?

Warum werben so viele Influencer*innen für Bali?

Bali Influencer Ziel - Reiseblog Bravebird

Ja, warum ist dieses weit entfernte Massentourismusziel trotz Klimakrise und ökologischem Fußabdruck immer noch derart hip, dass so viele Influencer:innen für diese Insel Werbung betreiben? Hast du dir diese Frage auch schonmal gestellt? Dann findest du hier die Antwort darauf. Die Leserzahlen zu meinem Artikel über Bali reißen nicht ab und daher möchte ich das Thema gerne nochmals von einer anderen Seite beleuchten.

Wer sich durch die unzähligen Bali-Berichte der Reiseblogs kämpft, wird feststellen: alle schwärmen in den höchsten Tönen von der Insel. Die weniger schönen Seiten, die es zweifellos gibt, werden in Blogartikeln meist nicht erwähnt. Nur in Videos fallen im Hintergrund z. B. der extreme Verkehr mit Staus, herumliegender Müll am Strand oder Unmengen von riesigen Werbeplakaten am Straßenrand auf.

Bali Beach Instagram vs. Reality - Reiseblog Bravebird
Foto: David Gor / Unsplash

Oben: Canggu Beach für Touristenmassen
Unten: Canggu Beach für die, die angeschwemmten Müll sammeln

Canggu Beach - Reiseblog Bravebird
Beach Clean Up einer NGO 2021 (Foto: OCG Saving The Ocean / Unsplash)

Für mich ist dieser Gefühlsüberschwang insbesondere deshalb so unverständlich, weil die Insel an vielen Stellen alles andere als „zauberhaft“ ist. Es ist extrem touristisch, an manchen Orten wie Kuta auch nachts unfassbar laut, Müll ist ein riesiges Problem und der krasse Verkehr mitsamt den verstopften Straßen und Abgasen schädlich für Mensch und Umwelt. Wie kommt dieses Phänomen „Bali-Liebe“ nun trotz alledem zustande? Ich versuche dem mal auf den Grund zu gehen:

1. Was du über Influencer:innen wissen solltest

Influencer:innen, die auf Social Media oder mit ihren Blogs Geld verdienen möchten, brauchen immer Reichweite, Klicks und Likes. Je mehr Menschen sich für ein Ziel interessieren, umso mehr Reichweite. Je mehr Likes für einen Artikel, ein Foto oder Video, umso mehr Aufträge. Je besser die Aufträge, umso höher der Verdienst. Ein ganz einfaches Prinzip. Der Nachteil ist hierbei nur, dass es den Massentourismus massiv verstärkt.

Wenn du viele Leser:innen brauchst, um mit deinem Blog oder Account Geld zu verdienen – schreibst du dann eher über ein Massentourismusziel wie Bali oder einen Ort, der nichts zu bieten hat?

Gleichzeitig lernst du als Reiseblogger:in schnell, dass Negativ-Berichte und -Fotos nicht gut ankommen. Du erhältst kaum Likes und Follower springen ab. Bei kritischen Berichten kann man schlecht Werbung integrieren und es könnte potenzielle Werbekunden abschrecken. Alles in allem eine lose-lose-Situation und der Grund dafür, dass du selten negative Reiseberichte lesen oder sehen wirst. Außer vielleicht bei Youtube, wo Werbung unabhängig zwischengeschaltet ist.

Influencer - Unnatürliche Gesten - Reiseblog Bravebird
Was man im Reisfeld der armen Bauern eben so macht… (Foto: Spenser Sembrat / Unsplash)

Wenn du also all die positiven Berichte, Fotos, Videos und High-End-Schwärmereien von Influencer:innen siehst oder liest, sollte dir immer bewusst sein, dass in den meisten Fällen ein kommerzieller Hintergrund dahintersteckt. Schau dir einfach die gängigen Bali-Artikel und -Videos an – sie sind entweder Werbe-Kooperationen oder enthalten Hotel- oder Kreditkarten-Werbung, Werbe-Banner oder andere Affiliate-Links zu Büchern & Co..

Egal, ob Vanlife, Bali, Selbstliebe oder ortsunabhängiges Arbeiten: man wird dir immer das ganz große Glück präsentieren, das natürlich auch du leben kannst! Denn nur das bringt Likes, Sympathie und Einnahmen.

↳ Ein Beispiel von vielen: Hier ein Youtuber-Paar, das die Insel seit Jahren u. a. aufgrund der extrem günstigen Preise promotet: Werbeeinnahmen durch Youtube-Werbung, mitten im Video zusätzlich Erwähnung eines Werbe-Partners, Bali E-Book, Amazon-Affiliate-Links für sämtliche Produkte und Versicherung = das maximale Konsum-Paket. Gut für deren Geldbeutel; gar nicht gut fürs Klima.

Wer ortsunabhängig als digitale:r Nomad:in bzw. Influencer:in arbeiten und im günstigen Influencer-Mekka Bali leben möchte, wird in irgendeiner Form den Konsum seiner Follower:innen ankurbeln müssen. Das geht in diesem Fall dann, gespickt mit Glück und Superlativen, am besten mit Reisen oder Produkten rund um Bali.

Ein sehr interessanter Artikel dazu im Spiegel Influencerinnen müssen Bali verlassen: „Das Paradies, das sie in den sozialen Medien zeigen, sagen jetzt viele Einheimische, habe nichts mit der Realität der lokalen Bevölkerung zu tun. Die Freiheit, die Happiness, das Low-Budget-Leben derjenigen, die ihren Bali-Alltag bei Instagram posten, werde auf dem Rücken der Einheimischen ausgetragen.“

2. Der billige Preis macht’s

Was macht ein Massentourismusziel eigentlich aus? In der Regel sind fast alle Ziele mit Pauschaltourismus-Angeboten verknüpft. Mir war es immer schon schleierhaft, wie eine 18- bis 22-stündige Fernreise nach Bali derart günstig sein kann. Wer wird bei einer zweiwöchigen Reise ans andere Ende der Welt in einem 4 Sterne-Boutique-Hotel für nur 1.200 Euro schon widerstehen? Bei zwei Wochen Schwarzwald zahle ich ja schon im Mittelklassehotel den gleichen Preis!

Lifestyle auf Bali - Reiseblog Bravebird
Ein VIP-Leben, das man sich auf Bali leisten kann (Foto: Paula / Unsplash)

Eine einstündige Massage für umgerechnet 7 Euro, der Cappuccino für 2 Euro, der Roller für 5 Euro oder der Mietwagen für 17 Euro pro Tag… ja wo gibt es denn noch solche paradiesischen Preise? Na dort, wo es sehr günstige Arbeitskräfte gibt! Was die meisten Blogartikel und Fotos mit perfekt sitzendem Bikini, Hut, Kleid, Infinity-Pools, Yoga-Posen, Schaukel, Bali Gate und Bali Beach Bowl leider nicht thematisieren:

Armut ist auf der ganzen Insel weit verbreitet, von Dörfern bis hin zu Großstädten wie Badung und Denpasar. Ein Großteil der Bevölkerung hat keinen Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitswesen und Wasserversorgung.

Einen interessanten Artikel dazu findet man auf der Seite der NGO Garden of Life. Die Armutsgrenze in Bali lag im September 2022 bei 31 Euro pro Kopf und Monat, das ist 1 Euro pro Tag! So bekommt das Ganze einen ziemlich unangenehmen Touch von Zweiklassengesellschaft und Neokolonialismus…

Bali Kolonialismus auf Kosten der Einheimischen - Reiseblog Bravebird
Quelle: Deutschlandfunk Kultur – Wie Urlauber zu Kolonialisten auf Zeit werden

Und da alles so schön billig ist, empfehlen die meisten Blogartikel, sich auch mal „was Nettes zu gönnen“. Warum nicht einen Tag lang im schicken Infinity-Pool (gibt’s auch 3-stöckig) auf die Reisterrassen schauen? Während man sich hier privilegiert im kühlen Nass erfrischt, bestenfalls für ein Foto für Instagram, haben die einheimischen Bauern drumherum ein echtes Problem…

65% des verfügbaren Wassers in Bali wird durch den Tourismus verbraucht. Besonders die Reisbauern der Insel sind hart vom Wassermangel betroffen. Die Einheimischen, insbesondere die armen Bevölkerungsgruppen, spüren den Wassermangel am deutlichsten. Ihnen fehlt es an ausreichendem Trinkwasser, das durch die Tourismusindustrie einfach verschwendet wird. Viele Balineser haben keinen adäquaten Zugang zu Trink- und Nutzwasser. (Quelle)

Bali Kritik - Reiseblog Bravebird
Status und Selbstinszenierung, alles möglich auf Bali (Foto: Jon Flobrant / Unsplash)

3. Der perfekte Insta-Lifestyle

Immer wieder findet man in Beiträgen Sätze wie „Die Kultur der Balinesen ist einzigartig“ mit anschließender Empfehlung von chilligen Cafés. Oder ein Blog empfiehlt, „die Küche Ubuds zu probieren“ mit der Abbildung einer italienischen Pizza. Kurioser Weise sind viele dieser Cafés, Shops und Hotels auf Bali inzwischen in australischer bzw. ausländischer Hand und das ist dann auch der Grund für den fancy Lifestyle.

Bali Kritik Reiseziel - Reiseblog Bravebird
Das Must-do-Foto auf Bali: Bali Gate (Foto: Artem Visuals / Unsplash)

Es wird angenommen, dass es auf Bali mehr als 2.000 Hotels, 1.000 Restaurants und eine Vielzahl von Geschäften gibt, die von ausländischen Investoren betrieben werden.

Mit der balinesischen Kultur hat das an vielen Stellen bereits wenig bis gar nichts mehr zu tun; bis auf die Tatsache, dass die Einheimischen dort für vielleicht 300-400 Euro Gehalt im Monat angestellt sind. Ich denke, die Beispiele aus den vorgenannten Reiseberichten transportieren genau das, was die Insel für viele Menschen so attraktiv macht und somit viele Bedürfnisse befriedigt:

  • Man kann einen gewissen Lifestyle weit weg von zu Hause für relativ kleines Geld erleben (= Status)
  • Die Insel bietet einen exotischen Touch, jedoch nicht zu viel (= Erlebnis)
  • Es gibt viele Touri-Plätze und teils präparierte Orte zur Selbstinszenierung (= Anerkennung)
  • Man trifft auf ein Maximum an Gleichgesinnten/Touristen und ein Minimum an Ungewohntem oder gar Unangenehmem (= Zugehörigkeit, Sicherheit)
  • Die Insel ist maximal auf Touristen eingestellt, d. h. man muss sich nicht sonderlich auf eine andere Kultur einlassen und kann sich genauso verhalten wie zu Hause (= Komfortzone)
  • Die Abhängigkeit vom Tourismus lässt viel zu, hier kann man maximal ausgelassen feiern und ggf. die Sau rauslassen (= Freiheit ausleben)
Party Hotspot Canggu - Bali
Party-Hotspot Canggu (Foto: Cassie Gallegos / Unsplash)

Und dann gibt es da noch Canggu! Canggu ist der aktuelle Hotspot, den man dir wärmstens ans Herz legen wird. Hier gibt es alles, was du dir wünschst. Allerdings nur, was DU DIR wünschst und nicht, was sich die Einheimischen wünschen, nämlich Ruhe. Lt. einem lesenswerten Artikel der Deutschen Welle haben 2022 über 8.300 Einwohner eine Petition unterzeichnet:

In Canggu ist es fast jede Nacht, jede Woche, jeden Monat, nicht möglich, zu ruhen oder zu schlafen. Der Lärm aus den Bars in der Nähe der heiligen balinesischen Tempel sei so laut, dass Fenster und Türen vibrieren. Es sei schlimmer als ein Erdbeben. Auch von Trunkenheit, Drogenkonsum, sexuell anstößigem Verhalten und öffentlichem Urinieren ist die Rede.

Wer über diesen Artikel hinaus ein wenig weitere kritische Inspiration sucht, kommt bei der Suche mit dem Hashtag „Instagram vs. Reality Bali“ weiter. Für die meisten Attraktionen steht man bis zu 3 Stunden in einer Schlange, bis man selbst zum eigenen Traum-Foto kommt. An vielen Spots wird man darüber hinaus zur Kasse gebeten.

Die bis zu 6 Millionen erlebnishungrigen Touristen pro Jahr wollen bespaßt werden und das muss man der Insel lassen: das geht dort auch so gut wie an kaum einem anderen Ort: Eine Art Zoo im Monkey Forest, eine Art Phantasialand mit den verschiedensten Spots – von Wasserfall, Vulkan, Schiffs- und Flugzeugwrack, Swings, Tempeln & Co. sowie beste Party-Bedingungen; da ist für jede:n was dabei und natürlich kommt auch die Selbstfindung nicht zu kurz…

4. Es ist so spirituell

Immer wieder ist die Rede davon, dass Bali ein Kraftort sei. Magie, Spiritualität und Yoga – auf der „Insel der Götter“ scheint alles glücklich miteinander vereint. Wie das unter esoterischen Gesichtspunkten mit Massentourismus, Armut, Wasserknappheit, Vermüllung, Luftverschmutzung, Korruption, multiplen Menschenrechtsproblemen wie Kinderarbeit, Kinderarmut und Missbrauch von Kindern, Sextourismus, LGBTQ+-Feindlichkeit (Artikel), Ausbeutung und Quälerei von Tieren oder der Todesstrafe harmoniert?

Kritik spiritualität auf Bali - Reiseblog Bravebird
Detox, Yoga, Meditation – auch das ist auf Bali alles möglich (Foto: Jared Rice / Unsplash)

Na, es verkauft sich einfach gut und ist ein sehr lukratives Business! Und die Probleme, mit denen die Einheimischen tagtäglich zu kämpfen haben, sieht man beim chilligen Sonnengruß hoch oben auf der Terrasse in Eat-Pray-Love-Ubud nicht.

Achtsamkeit ist mittlerweile eine 4-Milliarden-Dollar-Industrie, die durch den Medienhype und das geschickte Marketing der Eliten dieser Bewegung angekurbelt wird.

aus dem Buch „Wie Achtsamkeit die neue Spiritualität des Kapitalismus wurde“ von Prof. Ronald E. Purser

So kannst du z. B. dein weißes Boho-Kleid und Hut einpacken und in einem von Deutschen initiierten Bali Thrive Village 3 Wochen für schlappe 2.777 Euro verbringen (exklusive Flug). „Wo wir in Einklang mit unserer Umwelt leben anstatt auf Kosten dieser.“ Für den Preis darfst du dir dann u. a. die ganze Bandbreite der Probleme deiner Village-Mitbewohner anhören. (Anmerkung/Nachtrag: Das Village wurde mittlerweile geschlossen.)

Spiritualität auf Bali - Reiseblog Bravebird

Auffällig ist hierbei die extreme Widersprüchlichkeit dieser Achtsamkeits- und Esoterik-Anhänger:innen, die immer wieder betonen, wie wichtig ihnen das Leben im Einklang mit der Natur ist. Rund um den Globus fliegen ist dabei allerdings kein Problem. Zigtausende Menschen über alle Social Media Kanäle zu animieren, ein 11.700 km entferntes Massentourismusziel zu besuchen, ebenfalls nicht. Wie da wohl die Karmapunkte-Rechnung aussieht?

Hin- und Rückflug Frankfurt-Bali lt. Atmosfair6,8 t CO2
Pro-Kopf-Jahresemission (Äthiopien)0,6 t CO2
Klimaverträgliches Jahresbudget eines Menschen1,5 t CO2

Oder dann gibt es das ONEWORLD Ayurveda in Ubud. Hier empfehlen Reiseblogs das authentische Panchakarma mit „göttlichen“ Behandlungen. Der Gründer und Besitzer des Retreats ist Kanadier. Panchakarma Ayurveda entstand in Indien und der Besitzer hat es nach eigenen Angaben sozusagen nach Bali importiert und für Tourist:innen mit Ritualen etc. angepasst. Für 2.345 US$ für 8 Tage muss einem schließlich auch ein bisschen was geboten werden.

Dann wären da noch die Pyramids of Chi, die einem ein tiefes Gefühl des Friedens und der Wiederverbindung mit sich selbst bieten sollen. Gründer und Inhaber sind ebenfalls Foreigner: ein australisches Paar. Hier kann man z. B. in sechs Stunden Selbstliebe erfahren für „nur“ 133 US$ oder sich in 1,5 Stunden einer tibetischen Sound-Healing Klangschalen-Session für „nur“ 160 US$ hingeben. Ein ziemlich lukratives Geschäft, wie es scheint.

Bali Kultur und Tradition - Reiseblog Bravebird
Baden in Tempeln als Ritual: Tirta Yatra (Foto: Florian Giogio / Unsplash)

Wer das Geld hat und das alles braucht, um sich besser zu fühlen, kann das ja machen; nur hat es mit dieser permanenten Verherrlichung eines authentischen Balis oder der Liebe zu seiner Kultur sehr wenig zu tun. Auch, wenn der Westen hier immer mehr einzieht, ist es immerhin dennoch schön zu sehen, dass die Balinesen ihren Ritualen und Traditionen treu bleiben; wenngleich es mit der Privatsphäre in Tempeln für sie eher schlecht bestellt ist.

5. Pluspunkt Sicherheit

Die Fotos und Videos, die wir tausendfach zu sehen bekommen, zeigen fast immer ein westliches Bild in exotischer Kulisse: Essen, Ausgehen, Yoga, Massage usw., alles wie zu Hause, nur eben auf einer Insel weit weg mit Beach-, Regenwald- und Vulkanfeeling. Selbst im Notfall kann man in eine Privatklinik gehen. Man muss sich nicht großartig umstellen oder vorbereiten. Sicherheit am Reiseziel ist vielen Menschen wichtig bei der Wahl ihres Reiseziels.

Aber ist das wirklich so? Bali gilt zwar in der Tat als sicheres Ziel, birgt aber dennoch Gefahren jenseits des klassischen Diebstahl-Risikos, die ziemlich problematisch sein oder werden können. Um nur ein paar Beispiele zu nennen:

  1. Gesundheitsvorsorge: Als Reiseimpfungen werden lt. Auswärtigem Amt Impfungen gegen Hepatitis A, bei Langzeitaufenthalt oder besonderer Exposition auch gegen Hepatitis B, Typhus, Tollwut und Japanische Enzephalitis empfohlen. Die letztgenannten Impfungen stellen eine Belastung für den Körper dar, ggf. mit Nebenwirkungen.
  2. Mögliche Krankheiten: Die Gefahr einer Ansteckung mit Dengue auf Bali ist steigend (Artikel). Mit Methanol verunreinigte Getränke: Methanolvergiftungen können schwere gesundheitliche Schäden verursachen und schlimmstenfalls tödlich verlaufen (Auswärtiges Amt). Infektionen durch verunreinigtes Wasser sind keine Seltenheit. Oder kürzlich ist z. B. eine australische Studentin an einer Zahnbehandlung verstorben (Artikel).
  3. Unfälle im Straßenverkehr: Regelmäßig verunglücken Tourist:innen auf Bali, gerade neulich wieder (Artikel). In den letzten Jahren kamen zwischen 400 bis 540 Menschen durch Verkehrsunfälle auf dieser verhältnismäßig kleinen Insel ums Leben (Artikel). Auch Bootsunfälle z. B. durch mangelnde Wartung oder Wetterumschwung sind keine Seltenheit. Einfach mal „accidents bali“ bei Google eingeben – die Vielfalt ist beeindruckend.
  4. Unfälle durch Alkohol: Man nennt die Insel auch gerne das Mallorca der Australier und hier passieren besonders in den Party-Orten viele Unfälle. Auf verschiedenen Insta-Profilen wie diesem kann man sich die z. T. peinlichen Aktionen von Touristen anschauen (Beispiel), das fern von der Vorstellung einer idyllischen Trauminsel ist…
  5. Unfälle durch ungesicherte Attraktionen oder Leichtsinn: Erst kürzlich fiel ein Mann eine Klippe runter, einer verlor einen Fuß bei einer Kletteraktion und lt. diesem Artikel kamen neben vielen anderen Verletzungen allein im letzten Monat fünf Tourist:innen ums Leben. Probleme sind u. a. fehlende Geländer oder fehlendes Tragen von Rettungswesten.
  6. Unfälle durch wilde Tiere: Die Affen (Makaken) sind mit Vorsicht zu genießen. Wer sie provoziert, Ihnen z. B. durch Lachen die Zähne zeigt, und gebissen wird, kann mit einer schwerwiegenden Infektion oder Parasiten rechnen. (Beispiel Erfahrungsbericht) Wilde Hunde können Tollwut übertragen. Hier ein Artikel, welche Tiere sehr gefährlich sein können inkl. Schlangen und Spinnen.
Monkey Vorsicht Bali - Reiseblog Bravebird
Die süßen Affen auf Bali. Mit Vorsicht zu genießen. (Foto: Muhamad Ixsan / Unsplash)

So viel zu den möglichen Risiken, die den eigenen Körper und die Gesundheit angehen. Aber es gibt noch ein paar weitere Aspekte, die nicht ohne sind:

  1. Naturkatastrophen: 2016 wurde die Insel von einem schweren Vulkan-Ausbruch heimgesucht. Im selben Jahr erlebte Bali ein schweres Erdbeben von 6,4. 2017 wurde Bali von einem schweren tropischen Wirbelsturm getroffen, der schwere Regenfälle und Überschwemmungen verursachte. Auch 2022 gab es vereinzelt Erdbeben (Übersicht). Indonesien ist das Land mit der größten Tsunami-Gefährdung weltweit und Bali zählt als eine der gefährlichsten Subduktionszonen der Erde (Quelle).
  2. Polizei: „Auch bei Verdacht auf geringfügige Vergehen, wie z. B. Sachbeschädigung, werden Ausländer, besonders auf Bali, von der indonesischen Polizei häufig in Untersuchungshaft genommen.“, schreibt das Auswärtige Amt. Auch im Straßenverkehr kommt es bei nur geringem Fehlverhalten zu Problemen und Bußgeldern, wie der Erfahrungsbericht im Youtube-Video unten zeigt.
  3. Drogen: Cannabis, Ecstasy, Kokain, Heroin und Amphetamine sind in Indonesien und somit auch auf Bali illegal und können lange Haftstrafen oder sogar die Todesstrafe zur Folge haben (Gefängnis Hotel K)! Auch THC-Öl sollte man unbedingt vermeiden! (Artikel)

Und dann tritt ab 2025 noch ein neues Gesetz in Kraft: Sex außerhalb der Ehe wird verboten und mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft. (Artikel) Für Tourist:innen soll dies nicht gelten und stellt somit einen weiteren Baustein einer Zweiklassengesellschaft dar. Als alleinreisende Frau sollte man sich dann besser nicht mehr mit einem Beach Boy einlassen. (Reportage) Wenngleich Bali als gayfriendly gilt, macht sich auch LGBTQ+ Gedanken (Artikel).

Fazit

Wenn die Top Reiseziele der Welt 2023 (z. B. lt. Tripadvisor) Dubai und Bali sind, so haben beide Destinationen gemein, dass sie Massentourismusziele und somit maximal auf Touristen ausgelegt sind. Neben supergünstigen Preisen der gängigen Reiseportale und massiver Werbung seitens Influencer:innen auf Social Media bietet sich ein breitgefächertes Unterhaltungsangebot, das auf westliche Interessen mit einem Hauch Exotik zielt.

Reisen werden im 21. Jahrhundert gleichermaßen Konsumgut wie Selbsterfahrungstrip.

– Zukunftsinstitut über den Tourismus der Zukunft

Was Dubai, Bali und natürlich auch die beliebten Kreuzfahrten ebenfalls und sicher nicht zufällig gemein haben, sind die teils beträchtlichen Menschenrechts-Verletzungen, begrenzten politischen Rechte, Diskriminierungen und/oder miserablen Arbeitsbedingungen. In diesen Regionen oder auf einem riesigen Schiff Urlaub zu machen ist das eine; als Influencer:in als Multiplikator in den höchsten Tönen von diesen Zielen unreflektiert zu schwärmen, das andere.

Bali Nest Fotoattraktion - Reiseblog Bravebird
Wer will schon nicht in einem Nest fotografiert werden? (Foto: Artem Beliaikin / Unsplash)

Informative Links auf einen Blick

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Zeige Kommentare (9)
  • Hallo Ute,

    Danke für diesen GRANATENSTARKEN Artikel! Ich hoffe, dass Du zumindest ein paar Menschen die den Artikel lesen zum nach und umdenken bringen kannst. Leider sind Status, Selbstdarstellung und das Schüren von Neid weit verbreitet bei dieser Sorte von „Mensch“. Da dient das Mittel zum Zweck und öffnet der Rücksichtslosigkeit und Geldgier Tür und Tor. Viele Menschen klagen immer über Gesetze, Gängeleien vom Staat oder Verbote. Die brauchen Wir! Und das ist das beschämende. Auf unserer Welt laufen so viele Vollpfosten rum, die sich weder reflektieren können noch respektvoll mit ihren Mitmenschen und der Natur umgehen können. Warum auch? Die Welt dreht sich selbstverständlich um sie selbst…prostituiert für ein paar erbärmliche Klicks und Moneten.

    LG
    Alex

    • Hallo Alexander,
      vielen Dank für dein Feedback! Ich glaube, dass Social Media einfach eine sehr große Oberflächlichkeit produziert. Eine Lösung sehe ich hier langfristig allerdings nicht, so sehr ich hier auch auf ein Wunder hoffe.
      Viele Grüße!
      Ute

  • Danke dir – toller Artikel.
    Ich glaube viele Touristen (auch schon vor Influencern) machen sich einfach extrem wenig Gedanken über den Ort, an dem sie Urlaub machen.
    Konnte man auch gut bei deutschen Urlaubern beobachten, die in die Dominikanische Republik geflogen sind.

    Ich wünschte das fände mehr statt und die Beschäftigung würde tiefer gehen, als bis zum nächsten Instagram Picture.

  • Hallo Ute,

    danke für diesen informativen Artikel. Ich war im Sommer 2018 dort und auch schon dort war es im Trend, aber mir war es nicht bewusst, dass dies so explodiert ist. Es ist wirklich eine schöne Insel mit vielen zauberhaften Orten, aber schade wenn sie so überrannt wird. Würden wenigstens die einheimischen Leute davon profitieren und nicht die Cafés von Australien und dem Ausland könnten sie davon profitieren, aber so ist es einfach nur schade um die schöne Natur dort…

    Grüsse
    Maria

  • Dieser Artikel hat viele meiner Fragen zum Thema „Warum werben so viele Influencer*innen für Bali?“ beantwortet. Ich habe den Artikel sehr gerne gelesen und interessante Ideen daraus schöpfen können. Macht weiter so und schreibt interessante Artikel über Reise-Themen.

  • Einfach großartig, wie du den Finger in die Wunde legst und den Hype entlarvst, gepaart mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus. Ich hoffe, dass dieser Artikel viel gelesen und verlinkt wird. Ich glaube, dass er das Potential hat viele, die mit dem Gedanken einer Balireise liebäugeln, zum Nachdenken und sogar Verzicht zu bringen.

  • Hallo Ute,
    ich war vor zehn Jahren auf Bali und habe den Hype bis heute nicht verstanden. Der Verkehr ist fürchterlich, das Essen nicht besser als an der Venloer Str in Köln und wenn ich es mit dem Rest von Südostasien vergleiche ist dort nichts besser. Reiseziele von denen niemand spricht finde ich deutlich spannender. So ist Alaska beispielsweise einer meiner Favoriten und tatsächlich finde ich, dass die Schweiz das schönste Land der Welt ist…
    Grüße!

  • Hallo Ute,

    Dein Blog und Artikel wie dieser gefallen mir sehr gut! Beim Lesen habe ich an das folgende Video des Kanadiers Lewis Hilsenteger über sogenannte Deinfluencer gedacht: https://www.youtube.com/watch?v=YWYRPvZAIeU

    So wie du auf den Erfolg deines ersten „No-Bali“-Artikels von 2018 hinweist, stellt Lewis auch fest, dass sein „DON’T Buy The New iPhone SE“-Video (3,6 Mio. Aufrufe) sogar mehr Views erhielt wie das „You Should Buy The New iPhone SE“ (3 Mio. Aufrufe) und letztendlich eine ähnliche Menge an Werbeeinnahmen generierte. Die Idee, dass Deinfluencing auch Einnahmen generieren kann, kann gut sein, da ich es für wichtig halte, dass jeder bezahlt wird (wie in deinem Fall durch die Möglichkeit, dich über PayPal zu unterstützen). Dass das nicht immer funktioniert wird auch in dem Video weiter diskutiert.

    Passend fand ich auch das Beispiel, wie die ständige Einführung neuer trendiger Wasserflaschen durch Influencer, die als umweltfreundlich beworben werden, aber am Ende immer wieder durch neue Flaschen ersetzt werden, dazu führt, dass Wasserflaschen zu Statussymbolen werden und der eigentliche Umweltgedanke der Wiederverwendbarkeit verloren geht.

    Ich halte die „Werbung“ für den Nicht-Konsum im Sinne des Umweltschutzes für richtig und kann bestätigen, dass man nicht weniger glücklich im Leben ist, wenn man nicht auf Bali war.
    Im Zuge dessen erinnere ich mich auch an den Trend des Minimalismus (~2015/16), dem ich verfallen bin. Und an das, was mir ein New Yorker, Nachts um 3Uhr, in einer Bar in Manhattan sagte: „Create, don’t consume!“.
    Zugegeben, das ist immer leichter gesagt, wenn man schon „alles“ hat und schon „überall“ gewesen ist. Wie siehst du das?

    Je mehr ich besessen habe und an je mehr Orten ich war desto einfacher fällt es mir Abstriche zu machen. Dazu gehört auch, Reiseziele von der Liste zu streichen (oder zu verändern), OHNE dort gewesen zu sein.

    Vielen Dank für Ihre Inspiration. Keep up the good work!

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